Freitag, 6. September 2013

Reiseverbot für „Störer“: Demonstranten dürfen nicht zu EU-Gipfeln

Thema: Bürgerrechte

Die EU will künftig „Störern“, die bei Fußballspielen randalieren oder bei EU-Gipfeln protestieren, mit einem Reiseverbot in der EU belegen. Auch die Tierschützer sind ins Visier der Behörden geraten, weil sie Propaganda im Internet betreiben. Der Weg zum Reiseverbot gegen politisch Andersdenkende ist nicht mehr allzu weit.


Palast der Europäischen Kommission
Foto: bpb/© AP
Die EU will den Informationsaustausch zu „reisenden Gewalttätern“ effektiver gestalten. Alle nationalen und europäischen Behörden müssten noch besser zusammenarbeiten, um der wachsenden Extremisten-Gefahr zu begegnen, so eine Studie.

Eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie hat die rechtliche Situation in Mitgliedsstaaten verglichen und verschiedene Möglichkeiten einer Zusammenarbeit im Kampf gegen „reisende Gewalttäter“ geprüft. Dabei untersuchte man allerdings nicht nur Störungen durch linke und rechte „Extremisten“ und „Terroristen“ bei politischen Spitzentreffen oder anderen Großveranstaltungen. Auch Tierschutz-Aktivisten sind im Fokus und Personen, die Konzerte oder Partys besuchten.

Die Studie hat dafür aus den EU-Mitgliedsstaaten Informationen über die Anzahl der bei den Veranstaltungen anwesenden Personen und deren bevorzugte Transportmittel und Reisewege ermittelt. Sie gibt einen Überblick über den Informationsaustausch zwischen den Staaten und benennt Defizite, darunter verspätete Reaktionen auf Anfragen, Sprachprobleme und verschiedene juristische oder technische Probleme.

Die Zahl der „reisenden Gewalttäter“ sei steigend, so die Studie. Dies werde durch die zunehmende Nutzung sozialer Medien verursacht. Zudem seien die „reisenden Gewalttäter“ zunehmende ein grenzüberschreitendes Problem. Allerdings seien nicht alle Mitgliedstaaten gleichermaßen davon betroffen, sondern vor allem Deutschland, Frankreich und Dänemark.

Einen eigenen Abschnitt widmet die Studie dem Thema der Tierschutz-Aktivisten. „Die Mitgliedsstaaten haben eine zunehmende Aktivität gewalttätiger Gruppen von Tierschutz-Extremisten festgestellt“, heißt es. Diese Aktivitäten hätten einen erheblichen Einfluss auf Unternehmen. Besonders beunruhigend sei die zunehmende Vernetzung der „gewalttätigen Extremisten-Gruppen“ über die Ländergrenzen hinweg.

In verschiedenen Ländern, darunter Deutschland, hätten die Tierschützer illegale Aktionen durchgeführt. Sie störten etwa die Forschung und Tierversuche, die Tierzucht, Zirkusse und die Jagd. „Propaganda im Internet ist eines der wichtigsten Mittel gewalttätiger Tierschutz-Extremisten“, so die Studie. Im Internet würden Aktionen publik gemacht und „Desinformations-Kampagnen“ gestartet. Aufgrund künftiger EU-Gesetze erwartet Europol, dass die Aktionen „gewalttätiger Tierschutz-Extremisten“ in den kommenden Jahren noch zunehmen.

Die Studie schlägt die europaweite einheitliche Verwendung des Begriffs des „reisenden Gewalttäters“ vor. Die entsprechende Definition solle in den Rang einer EU-Richtlinie erhoben werden, die in die nationalen Rechtsprechungen überführt werden müsste. Mitgliedstaaten könnten dann zur Sammlung und Verarbeitung von entsprechenden Daten verpflichtet werden.

Auch die Gegenmaßnahmen gegen „reisende Gewalttäter“ sollen in der EU vereinheitlicht werden, so die Studie. Genannt werden dabei etwa der gegenseitige Austausch im Vorfeld von Gefahren, gemeinsame Polizeieinheiten und Kommandozentren, die Entsendung von „szenekundigen Beamten“, die Überwachung von Transportmitteln, Grenzkontrollen, vorübergehende Festnahmen und Reisesperren.

Einige Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, führen bereits nationale Datenbanken über „Störer“. Für Gipfeltreffen oder Fußballspiele werden diese an ausländische Polizeibehörden ausgeliehen. Die Studie fordert, dass alle bestehenden Formen polizeilichen Zusammenarbeit miteinander verbunden werden müssten.

Dazu zählen neben den nationalen Stellen auch die existierenden Systeme bei EUROPOL und Interpol sowie das Europäische Strafregister. Erwähnt werden auch Pläne der EU zur Identifizierung von Nicht-EU-Bürgern an den Grenzen. Dabei sollen Fingerabdrücke von allen zehn Fingern genommen werden, um genaue Bewegungsprofile der Reisenden erstellen zu können (mehr hier).

Sind diese Kontrollmaßnahmen erst einmal in Kraft, dann soll schließlich die Einführung einer „europäischen Reisesperre“ folgen. Diese ist seit langem ein Ziel von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Als Innenminister drängte er im Jahr 2007 im Anschluss an die Proteste beim G8-Gipfel in Heiligendamm auf die Einrichtung einer EU-weiten Datensammlung für Gipfel-Demonstranten.

Die Entwicklung ist äußert gefährlich. Mit schwammigen Begriffen wie Extremisten oder Störer kann im Grunde jeder gemeint sein, auf den die EU diese Definition angewendet wissen will.

Die kann Euro-Gegner, Friedensaktivisten, Bürgerrechtler und politisch Andersdenkende treffen.

Europa befindet sich mit dieser Entwicklung auf dem Weg zurück in die Vergangenheit: In den 40 Jahren des Ostblocks wurden von den Kommunisten Leute am Reisen gehindert, die aus ideologischen Gründen mit dem Staat in Konflikt geraten waren.

Ironie der Geschichte: Die DDR-Führung konnte eine Wandel der Systeme am längsten verhindern.
Am Ende war es jedoch genau die Forderung nach Reisefreiheit, die die Betonköpfe in Ost-Berlin zu Fall gebracht hat.

Mit freundlicher Genehmigung von DEUTSCHE WIRTSCHAFTS NACHRICHTEN


Kommentare


Allein beim Lesen solcher Vorschläge kommen leise Gedanken, ob die Prügelstrafe nicht wieder eingeführt werden sollte. Was müssen die Schablonenverwalter für Gurken und Bananen doch eine Heidenangst vor ihren Mitmenschen haben!

Schäuble kann man verstehen. So ein aroganter Schwarzekassenverwalter mit Gedächnislücken, der schon als Innenminister, nicht nur auf die Einrichtung einer EU-weiten Datensammlung für Gipfel-Demonstranten drängte, sondern mit allen möglichen Tricks versucht hat, die Bundeswehr im Inneren einsetzen zu können, hat allen Grund Angst zu haben.

Alle Wichtigtuer, ob Sesselpuper aus dem Zentrum der Geldvernichtung oder ob sich selber viel zu wichtig nehmende Politikerdarsteller, alle für die das Internet #Neuland ist und die erst nach und nach erkennen was #Neuland, Facebook und Twitter ihren Zeitgenossen für Möglichkeiten der Kommunikation und Abstimmung bieten, werden sich um ihre Gesundheit Gedanken machen.

Aber wie heisst es so schön? Wer sich nichts hat zu schulden kommen lassen, der braucht auch keine Angst zu haben. Wer aber immer und immer wieder nur in die eigene Tasche und gegen die Interessen der Bevölkerungsmehrheit gehandelt hat, ja der ...



Wally Ruppert sagt:
Die EU sollte sich mal mehr um den Tierschutz kümmern, statt ihn zu blockieren, etwas positives habe ich bis jetzt, als deutscher Bürger, von denen noch nicht gehört, außer das sie mit unserem Geld um sich werfen, als wäre es ihres!
Man sollte Unterschriften für den euop. Tierschutz sammeln, damit sie mal wach werden
und sehen, was es für abartige Tierquäler in ihren ach so armen, verschuldeten Länder gibt und dafür sorgen, das da härtere Gesetze eingeführt werden. Auch das ist Augabe der EU!!!


52 Jahre sagt:
Die haben Angst vor der eigenen Bevölkerung, richtig Angst, wie alle totalitären Regime.
Und wenn sie so weitermachen, müssen sie das auch haben.


Eckard Wendt sagt:
Quo vadis Europa? Jetzt soll offenbar noch die Axt an das Recht auf freie Meinungsäußerung gelegt werden, damit Tierausbeuter und Profiteure von Tierleid, aber auch Wissenschaftler, im Anonymen ungehemmt Profite machen können. Wie war das eigentlich noch mit der innereuropäischen Reisefreiheit der EU? Alles Makulatur und Augenwischerei?
Währet den Anfängen!


Grünschnabel sagt:
Natürlich, eine Scheiss Politik machen und sich dann darüber aufregen, dass dem Bürger der Kragen platzt.Vor allem, den Bürger mit Fußball blödeln und Gewalttätern in einen Topf zu werden ist der Gipfel aber typisch für faschistische, totalitäre Systeme.
Was wir brauchen ist eine ECHTE französische Revolution.
Wir sind im totalitären System angekommen und wer sich jetzt nicht wehrt, braucht darüber nicht mehr nachzudenken.


HeF sagt:
Als ich letztes Jahr in Berlin die Reichstagskuppel besichtigen wollte, habe ich unerklärter Weise “Schwierigkeiten” bekommen.
Ich hatte mich schon 3 Wochen vorher über´s Internet bei einem Stadtführungsunternehmen angemeldet, das uns wiederum zur Besichtigung anmeldete.
Als es soweit war, wurde beim Eingang unser Perso verlangt.
Meinen haben sie “eingezogen” und es war eine halbe Stunde (!) nicht klar, ob ich zur Besichtigung eingelassen werde. Alle anderen Personen mussten wegen mir warten.
Auf die höfliche Bitte, mir zu erklären, warum, wurde mir nichts gesagt.
Nach der Wartezeit nur: “Sie können jetzt besichtigen”.
Dazu muss ich erläutern, ich bin ein ganz normaler Bürger, war noch nie auf einer Demonstration. Habe aber kritische Kommentare (auch an die Abgeordneten) geschrieben, bei der ESM-Klage mitgezeichnet und Infos der EU-Gegner auf meinem PC gespeichert, wie wahrscheinlich viele von uns hier.
Gehören wir damit auch zu den “erfassten Störern”??
Lässt die NSA “grüßen”?


Pünktchen sagt:
Natürlich.
Das sagt doch schon der Artikel: Da werden offenbar normale Bürger, die lediglich von ihren demokratischen Rechten Gebrauch machen, in einen Topf mit gewalttätigen Hooligans und Terroristen geworfen.
Das lässt schon tief blicken, wohin wir steuern.


Munnie sagt:
Ja, ich denke, wir alle hier, die hier und anderswo kritisch schreiben gehören zu denen, deren Reisefreiheit beschränkt werden soll und Weiteres.
Nicht umsonst sind drüben überm großen Teich auch schon für ca. 1 Mio Deutsche die Plätze reserviert. Bestimmt nicht für Tante Erna von nebenan.


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