Thema: Chodorkowski auf allen Kanälen
Pressekonferenz in Berlin
22.12.2013, 15:56 Uhr | AP/dpa, rtr, AFP, dpa, t-online.de
Der Kremlgegner Michail Chodorkowski hat sich bei einer Pressekonferenz im Mauermuseum am Checkpoint Charlie in Berlin erstmals ausführlich zu seiner Haft und seinen Zukunftsplänen geäußert. Das öffentliche Interesse war riesig, nicht alle Journalisten fanden Platz in den Räumen. Ein besonderer Dank Chodorkowskis galt Hans-Dietrich Genscher - und Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Im dunklen Anzug, weißen Hemd und dezent blauer Krawatte gibt der am Freitag aus Russland ausgereiste Chodorkowski zunächst eine Stellungnahme ab und beantwortet dann die Fragen der Journalisten. Selbst als das Gespräch auf die schwersten Momente seiner Haftzeit kommt, behält der kurz geschorene Chodorkowski die Fassung.
Nach zehn Jahren in Haft präsentiert sich der 50-Jährige zurückhaltend und hoch konzentriert. "Ich habe lange Zeit über die Dinge nachgedacht, die ich hier sage", erklärt er. Namentlich bedankt sich Chodorkowski in der Pressekonferenz bei den ehemaligen Außenministern Hans-Dietrich Genscher und Guido Westerwelle und bei Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Ohne den Einsatz Merkels und die "Anstrengungen" Genschers wäre er nicht in Freiheit, sagte Chodorkowski in Gegenwart seiner Eltern bei der Pressekonferenz. Durch die Bemühungen Genschers sei "ein Punkt erreicht" worden, durch den "die Yukos-Sache" an ein Ende kommen könne. Zu Merkel sagte er: "Sie hat es möglich gemacht, dass ich heute in Freiheit bin."
"Schwieriger Mensch" Putin
Zu seinen Zukunftsplänen vermochte Chodorkowski nicht viel zu sagen, zu frisch sind noch die Eindrücke von Haft und Freilassung. Er habe erst als er im Flugzeug saß erfahren, dass das Ziel der Reise Berlin sei.
Zum Umgang mit dem "schwierigen Menschen" Wladimir Putin wollte Chodorkowski westlichen Staatsmännern keine Ratschläge geben. Dem russischen Präsidenten hatte der 50-Jährige ausdrücklich nicht für seine Freilassung gedankt.
Rückkehr vorerst ausgeschlossen
Eine Rückkehr nach Russland schloss Chodorkowski für die nahe Zukunft aus. Der russische Regierungskritiker ließ offen, wie lange er in Deutschland bleiben wird. Er habe noch keine Möglichkeit gehabt, mit seiner Familie darüber zu sprechen, sagte er. Sein Visum für die Bundesrepublik gelte für ein Jahr. Auch zu seinen weiteren Plänen erklärte der ehemalige Ölmagnat, er habe noch keine Entscheidung getroffen. Über seine Zukunft wolle er mit Freunden sprechen.
Chodorkowski sprach sich gegen einen Boykott der ersten russischen Olympischen Winterspiele aus. Die Spiele in Sotschi seien ein "Fest des Sports" für Millionen von Menschen. "Das sollte man nicht verderben", sagte Chodorkowski. Zugleich äußerte er die Hoffnung, dass Kremlchef Wladimir Putin das Spektakel nicht zu einem "persönlichen Fest für sich" mache.
Keine Rückkehr ins Geschäftsleben
Chodorkowski will sich nach seiner Freilassung für politische Gefangene in Russland einsetzen. Er wolle alles tun, um auch ihnen zur Freiheit zu verhelfen, sagte der 50-Jährige im Berliner Mauermuseum.
Angesichts der prowestlichen Massenproteste in der Ukraine forderte er außerdem eine Freilassung der dort inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko. Er hoffe, dass der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch die frühere Regierungschefin in die Freiheit entlasse. Das Schicksal der schon mehrere Wochen lang von proeuropäischen Protesten erschütterten Ex-Sowjetrepublik lasse ihn nicht gleichgültig, weil er auch viele Verwandte in der Ukraine habe.
Chodorkowski selbst nicht ins Geschäftsleben zurückkehren. Als Chef des mittlerweile zerschlagenen Ölunternehmens Yukos habe er als Unternehmer alles erreicht und sei finanziell abgesichert genug.
Schon Kraft zum Scherzen
Als der einst reichste Unternehmer Russlands vor der Pressekonferenz auf sein verbliebenes Vermögen angesprochen wurde, hatte er schon wieder die Kraft zum Scherzen. Seine finanziellen Verhältnisse kenne er nicht. "Aber Fußballvereine werde ich ganz sicher nicht kaufen", sagte er mit einem Lächeln in Anspielung auf sportbegeisterte Oligarchen wie Roman Abramowitsch.
Der 50-Jährige will auch der russischen Opposition kein Geld geben. Nach seiner Freilassung aus russischer Lagerhaft kündigte der Ex-Milliardär an, dass er die Opposition gegen Präsident Wladimir Putin nicht finanzieren werde. Er wolle künftig nicht als "Sponsor für politische Parteien" auftreten.
Keine Karriere in der Politik
Zu Berichten über eine eigene Karriere in der Politik sagte er: "Ich denke, die Leute, die sich wirklich um mein Schicksal gekümmert haben, haben keinen Anlass für solche Spekulationen." Er werde keine Politik betreiben.
Chodorkowski gab dabei auch bekannt, dass er auf einen neuen Rechtsstreit um den früheren Ölkonzern Yukos verzichten will. "Ich werde nicht um meine Yukos-Anteile kämpfen." Als Chef von Yukos war er einst zum reichsten Mann Russlands geworden. Zur Rolle der Opposition sagte er: "Die Opposition hat derzeit keine starken Perspektiven, aber sie sind viel besser als noch vor zehn Jahren."
22.12.2013, 15:56 Uhr | AP/dpa, rtr, AFP, dpa, t-online.de
Kommentare
» der Kommentar des Blogschreibers «
Was der Jubel in den meisten deutschen Medien soll, erschließt sich mir nicht.
Da wird ein verurteilter Straftäter vorzeitig freigelassen, nicht aus Gnade sondern wegen eines Amnestiegesetzes und in Deutschland übertrifft ein Blatt das andere im Hochloben dieses “Kremlgegners”.
Allerdings habe ich in keiner Meldung lesen können, warum Herr Chodorkowski überhaupt verurteilt war und im Gefängnis saß. Das einem Gegner Putins so sehr gehuldigt wird ist verdächtig, gerade weil sich auch unsere US-hörigen Regierungsdarsteller um ihn bemühen.
Wer nur etwas nach den Hintergründen sucht, wird überrascht werden. Er ist gar nicht der Saubermann, als der er in den deutschen Medien dargestellt wird, er hat jede Menge Dreck am Stecken.
Anscheinend reicht es für diese einseitigen, regierungsnahen Organe aus wenn einer sich als Putin-Gegner ausgibt, um in Jubelarien auszubrechen.
Dass der Mann nach dem Ende der Sowjetunion, zur Zeit und mit Duldung Jelzins sich sehr viel Eigentum des russischen Volkes unter den Nagel gerissen hat, spielt wohl keine Rolle für die Berichterstattung.
Auch dass er versucht hat, die amerikanischen Konzerne Exxon Mobil und Chevron Texas an der russischen Ölfirma Jukos zu beteiligen, wird geflissentlich übersehen.
Ebenso übersieht man großzügig viele Leichen, die seinen Weg pflastern.
Keiner fragt, woher er das Geld hatte, um damals die Kommerzielle Innovationsbank vom Exekutivkomitee des Moskauer Sowjets kaufen zu können.
Keiner fragt, weshalb er das Ölunternehmen Jukos für 309 Millionen Dollar und damit weit unter dem Marktwert kaufen konnte welches kurze Zeit später bereits auf fast 40 Milliarden Dollar geschätzt wurde.
Ein ähnliches Verbrechen kam doch vor einiger Zeit in den USA ans Tageslicht. Der US-Milliardenbetrüger Bernard Madoff wurde dafür zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt. Da erscheinen die paar Jahre für Chodorkowski doch geradezu lächerlich.
Man stelle sich das einmal umgekehrt vor, ein Amerikaner versucht russische Firmen in den US-Ölmarkt zu schleusen! Ob er er das überhaupt überleben würde?
Wenn man bedenkt wie mit Manning oder Snowden verfahren wird …
Apropos Snowden,
Wäre Snowden auch jüdischer Herkunft wie Chodorkowski, sähe es dann mit einem Visum für Deutschland anders aus werte Politikerdarsteller?
Hier kann man einiges über Chodorkowski lesen: LINK
Vielleicht auch in dem Zusammenhang noch interessant:
Sonntag, 22 Dezember 2013 06:28 - http://german.irib.ir/nachrichten/politik
Acht Jahre Gefängnis wegen Umgehung von Iran-Sanktionen
Maryland/USA (Annapolis/Irandiplomacy) - Ein Gericht im US-Bundesstaat Maryland hat am heutigen Sonntag den iranisch stämmigen Amerikaner und Geschäftsmann Nader Madanlou zu acht Jahren Gefängnis und 10 Mio. Dollar Geldstrafe verurteilt. Ihm wurde, wie es formuliert wurde, Unterstützung Teherans zur Umgehung der Sanktionen im Jahr 2005 vorgeworfen.
Laut AP hat dieser Iraner nach Anschuldigungen von US-Behörden illegal dem Programm in Iran zum ersten Satellitenabschuss geholfen- der 53-jährige Nader Madanlou wurde von einem Bundesgericht zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Der Staatsanwalt hatte 16 bis 20 Jahre Haft gefordert.
Sedan
Prima! Chodorkowski haben wir befreit, jetzt ist die gesamte Ukraine dran. Endlich mal ein Erfolg.
Barthagame
ist ein russisches Mafia-Typ, und zwar einer der schlimmsten. Im Spiegel war vor einiger Zeit ein ausführlicher Artikel über ihn, wie er Leute beseitigen lies, die ihm im Wege standen. Der steht seinem Kollegen, dem Paten aus Sizilien in nichts nach.
Warum setzen sich höchste Politikerkreise aus D für ihn ein? Kann mir das mal einer erklären?
unlimited1958
Nach meinen Recherchen hat Chodorkowski nach dem Zusammenbruch der UDSSR die Gunst der Stunde genutzt und spottbillig eingekauft. Wie auch bei uns viele Unternehmer nach der Wende von der Treuhand Großbetriebe für 1 Deutsche Mark kauften. Anschließend hat er die auch bei uns bestehenden Steuerschlupflöcher genutzt, was Putin bei anderen Oligarchen auch geduldet hat. Insofern gehe ich von einer politisch motivierten Verurteilung aus.
Willi25
Neuer Versuch: Wann setzen sich Merkel und Genscher für den "Steuerreduzierer" Hoeneß ein?
Engel
Warum wiederholen manche Dauer-User hier stereotyp ihre Fehler die oft begründet korrigiert wurden ?
Chodorkowski's Strafprozeß ist lt. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte NICHT politisch motiviert :
d.h. dass der Mann ein (immer noch superreicher) verurteilter Krimineller ist - aber KEIN Kämpfer für Menschenrechte: Kein Grund, ihm in unserem Land eine öffentliche Plattform zu bieten und ihm als verurteiltem Straftäter einen Heiligenschein umzuhängen !
Er hat das laut seinen Mitteilungen in seiner Pressekonferenz !!?? begriffen - warum begreifen es manche Deutschen nicht.....
settler 12
Jeder der Russland provoziert und zu unüberlegten Handlungen veranlassen könnte , ist hier im Westen hoch Willkommen und wird hofiert.
Nicht nur von der Politikerkaste sondern auch von den nicht freien Medien.
Stani
Es gibt keine Berichte mehr über die Ukraine, Ägypten, Syrien und viele andere einmal wichtig erscheinende Meldungen. Unsere unabhängige Presse ist wie die Politik das Machtinstrument der herrschenden Klasse, die USA. Auch Chodorkowski wird schnell verschwinden, wenn er nicht bereit ist, sich gegen Russland zu äußern.
zukunftfuerd2
Deutsche Politiker wollen zeigen, dass sie außenpolitisch mitmischen können. In Wahrheit sind sie feige, größenwahnsinnige, erbärmliche und armselige Zwerge, innenpolitisch verhalten sie sich wie verspielte und blinde, aber gefährliche Clowns, die nichts zum Wohle des Volkes tun.
Sini
Ein Held sehr fragwürdig, Merkel & Co sollten sich für die richtige Helden einsetzen zum Beispiel Snowden, aber da verlässt der Mut, ach klar da sind ja unsere " freunde " dagegen. Für die Betrüger stehen unsere Grenzen immer offen Timoschenko, Chodorkowski wer kommt als nächstes?
Nachtrag 23.12.2013 13:13 Uhr
DonPillo sagt:
Dieser bemitleidenswerte Oligarch hat neben anderen seiner Sorte wie Abramovic etc..unter Jelzin im Auftrag US amerikanischer Finanz”leute” für wenige Kopeken das Barrel Öl angeeignet und zu $ Weltmarktpreisen auch ins westliche Ausland verscherbelt.So konnte sich dieser Oligarch in
wenigen Jahren bis zu 9 MILLIARDEN US $ Vermögen ergaunern,während die russische Matka sich die Kartoffelschalen aus der Mülltonne kratzen mußte.
Sein Glaubensbruder Abramovic setzte sich rechtzeitig mit seinen ebenfalls ergaunerten MILLIARDEN nach London ab,wo er sein Geld in Fußballclubs investiert und mit seiner 135 Millionenyacht vor Monaco rumschippert. Chodorkowski giff in Russland nach der politischen Macht-und das war sein
Fehler.Putin schlug ihm die Hand ab.
Und für einen solchen Charakter setzt sich Merkel,Genscher etc. mit aller
Macht ein.
DAS SPRICHT BÄNDE!!!!
Montag, 23. Dezember 2013
Chodorkowski dankt Genscher und Merkel - Putin nicht
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