Erklärung zum Abschluss unseres Aufrufs WIDER DIE GROSSE KOALITION
Wer die Courage hat, einen Aufruf öffentlich mit seinem Namen zu
unterstützen, hofft auf Wirksamkeit. Die Große Koalition konnte nicht
verhindert werden. Das ist enttäuschend. Und es tut weh, miterleben zu
müssen, mit welcher Selbstgefälligkeit und mit welcher Ignoranz
gegenüber den grundsätzlichen Problemen sich die Führungen von SPD und
CDU immer ähnlicher werden. Ein Politikwechsel sieht anders aus.
Frank-Walter Steinmeiers Rede auf dem „Arbeitgebertag“ am 19. November
dieses Jahres beseitigte die letzten Hoffnungen darauf, dass die SPD die
„Agenda 2010“ hinter sich gelassen hätte. Zukünftig wird es noch
schwieriger werden, eine parlamentarische Mehrheit jenseits von CDU/CSU
zu schaffen. Die demokratische Willensbildung, die von Vorschlägen und
von Widerspruch lebt, wird im Bundestag einen schweren Stand haben. Als wir den Aufruf WIDER DIE GROSSE KOALITION
formulierten, geschah das in einem Umfeld, in dem sich täglich die
Delegationen der beiden großen Parteien trafen und die Medien dies in
aller Ausführlichkeit begrüßten. Es gab keinen nennenswerten
öffentlichen Widerspruch. Erst das Bedürfnis, das eigene NEIN
hörbar zu machen, brachte sehr unterschiedliche Menschen zusammen, von
denen die meisten sich vorher nicht kannten. Ein besonderer Dank auch an
die Netzgemeinde, die sofort reagierte und den Aufruf in wenigen
Stunden verbreitete!
Wer die Liste der Unterzeichner herabscrollt, versteht wohl besser, was 11500 Unterschriften
in einem so kurzen Zeitraum bedeuten. Wer selbst den Versuch unternahm,
Mitunterzeichnende zu gewinnen, hat vielleicht ähnliche Erfahrungen
gemacht wie viele Erstunterzeichner: Für jene, die mit der Politik und
im Besonderen mit der SPD bereits fertig sind, die sich verbittert und
mit Spott abgewandt haben, !
war man
ein „Träumer“ oder „Idealist“. Von anderen wiederum wurde einem geraten,
sich in das „Unvermeidliche“ zu schicken – die zukünftige Machtfülle
der Großen Koalition warf ihre Schatten bereits voraus. Manche wollten
lieber mit „Nein“ stimmen, statt laut „Nein“ zu sagen. Viele schreckte
die Vorstellung möglicher Neuwahlen. Unser öffentlicher Einspruch
gegen den vermeintlich unvermeidbaren Lauf der Dinge hat dennoch eine
Wirkung gehabt. Schon die Ankündigung unserer Aktion brachte Bewegung –
vor allem auch innerhalb der SPD. Selten gab es so viel
innerparteilichen Widerspruch und so viele Debatten. Die Option für eine
mögliche Mehrheit links von der Mitte wird seit dem Leipziger Parteitag
von der SPD grundsätzlich anerkannt. Neu war auch, dass sich wichtige
Stimmen aus dem intellektuellen und dem künstlerischen Bereich, auf den
die SPD seit den Zeit!
en Willy
Brandts traditionell zählen konnte, mit entschiedener öffentlicher
Kritik am „Weiter so!“ zu Wort meldeten. Die Mitunterzeichnerinnen
und Mitunterzeichner haben den Aufruf zu einer Plattform werden lassen,
auf der sich ihr persönlicher Widerspruch mit dem Tausender anderer
verband. Die Vereinzelung und Privatisierung des Protestes waren
überwunden! Gerade deshalb sollten wir unsere Initiative nicht als
beendet betrachten!
Unsere Aktion zielte auf den Zeitraum der
Mitgliederbefragung der SPD und wird in dieser Form mit der Bekanntgabe
des Abstimmungsergebnisses abgeschlossen. Wir haben aber gemeinsam einen
öffentlichen Raum geschaffen, den wir nicht wieder aufgeben sollten.
Die Regierung der Großen Koalition braucht Druck innerhalb und außerhalb
des Parlamentes. Eine vernehmbare außerparlamentarische Opposition wird
wichtiger als je zuvor sein und die 24 % der Nein-Stimmen aus dem
SPD-Mitgliedervotum k&ou!
ml;nnen
dazu einen Beitrag leisten. Denn die grundsätzlichen Probleme unserer
Gesellschaft – eine Wachstumsideologie, die die Ökonomisierung aller
Lebensbereiche und eine zunehmende soziale Polarisierung bewirkt, die
europäische Finanzkrise, die, wie in Griechenland, die Verelendung
ganzer Bevölkerungsgruppen zur Folge hat und bei uns auf die Sparer und
Rentner abgewälzt wird, die weltweite Ausbeutung von Menschen und
Ressourcen für unseren „way of life“, die Bespitzelung durch die
Geheimdienste bis zur Vernichtung der Privatsphäre, die Fortsetzung des
weltweiten Kriegs gegen den Terror mit all seinen rechtlichen und
militärischen Konsequenzen, die Geheimverhandlungen über das geplante
Freihandelsabkommen – all diese Probleme können keine vier Jahre warten,
bis wir wieder wählen dürfen. Unsere Aktion WIDER DIE GROSSE KOALITION,
die praktisch aus dem Nichts heraus und in wenigen Tagen
entstand, kann für die Zukunft ein Muster sein. Illusionslos und
nüchtern sollten wir analysieren, wann der nächste Schritt einer
außerparlamentarischen Aktion möglich ist, um uns in nicht so ferner
Zukunft zurückzumelden. Eine der Parolen der Leipziger
Montagsdemonstrationen lautete: „Wir kommen wieder! Und jeder bringt
noch einen mit!“ Diese Aufforderung hat sich bewährt. In diesem Sinne:
AUF WIEDERSEHEN!
Berlin (und andere Orte), d. 15. Dezember 2013
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