Thema: Nach Gabriel-Slomka-Zoff
01.12.2013, 08:40 Uhr | dpa, t-online.de
Wir sind in unserer journalistischen Arbeit unabhängig, egal wer in Berlin regiert": Mit diesen Worten verwahrt sich ZDF-Intendant Thomas Bellut in der "Welt am Sonntag" gegen Einflussversuche aus der Politik. Auslöser ist der schwelende Streit nach dem eskalierten Interview zwischen dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel und Moderatorin Marietta Slomka im "heute-journal".
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Allerdings machte der Intendant deutlich, dass er die Kritik im Fall des Gabriel-Interviews vom Donnerstag nicht teile: "In einem Live-Interview kann es auch mal zur Sache gehen. Ganz unbeteiligt war Herr Gabriel auch nicht." Slomka brachte in dem Interview, das Sie hier noch einmal sehen können, verfassungsrechtliche Bedenken gegen den SPD-Mitgliederentscheid zur Sprache.
ZDF Heute Journal vom 28.11.2013
Gabriel wies diese empört zurück und warf der Moderatorin Parteilichkeit vor. Seehofer bezeichnete Slomkas Fragen später als absurd und kündigte an, er werde Bellut einen Brief schreiben. Eine SMS erhielt der Intendant sofort, und vor der CSU-Vorstandssitzung erklärte Seehofer: "Ich wehre mich gegen diese Qualität der Diskussion."
Der designierte FDP-Vorsitzende Christian Lindner sieht seinen Äußerungen in der "Welt" zufolge ein anderes Problem: "Es ist das gute Recht von Frau Slomka, Herrn Gabriel unverschämte Fragen zu stellen. Es ist das gute Recht von Herrn Gabriel, darauf patzig zu antworten." Die CSU allerdings habe bereits mehrfach ihre Probleme mit der Pressefreiheit dokumentiert. "Gerade in Zeiten einer übergroßen Parlamentsmehrheit", so Lindner, "ist die Unabhängigkeit der Medien aber entscheidend wichtig".
Seehofer mischte sich auch inhaltlich ein. Der SPD-Mitgliederentscheid sei "total" legitim: auch im Hinblick auf das Prozedere der Union, bei dem noch kleinere Gruppen aus Vorsitzenden beziehungsweise Abgeordneten den finalen Beschluss zum Koalitionsvertrag fassen. Der CSU-Chef sagte, die Art der Fragen von Slomka sei typisch für das Öffentlich-Rechtliche. Gabriel sollte nach seiner Einschätzung wie ein Schulbub vorgeführt werden.
"Nicht das erste Mal"
In dem zunehmend hitziger werdenden Interview warf dieser Slomka schließlich vor, es sei "nicht das erste Mal, dass Sie in Interviews mit Sozialdemokraten nichts anderes versuchen, als uns das Wort im Mund umzudrehen". Auch tat er live als "Quatsch" ab, was der Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart gegenüber dem "Handelsblatt" losgetreten hatte.
In der NDR-Talkshow "3nach9" äußert sich der SPD-Chef zu dem Interview. Video
Der Jurist hatte die Legitimität des Parteimitgliedervotums in Frage gestellt, weil es gegen Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes verstoße, wonach die gewählten Abgeordneten völlig frei in ihrer Entscheidung sein müssten. Nun aber würde den Abgeordneten ihr Votum bei der Kanzlerwahl vorgegeben.
Steinbrück fordert Respekt
Gabriel ist der Meinung, dass die Mitgliederbefragung als eine Art letzte Instanz nicht nur rechtens, sondern auch zukunftsweisend ist: "Was die SPD jetzt macht, das wird nicht nur gut gehen, sondern es wird Schule machen", erklärte er nach dem Interview.
Auch der bei der Bundestagswahl im September unterlegene SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück nahm seinen Parteichef in Schutz: "Ich kann mich an ein Interview im Wahlkampf mit Frau Slomka erinnern, das mir äußerste Disziplin und Höflichkeit abverlangt hat", sagte er der "Bild"-Zeitung. Seiner Meinung nach ist klar: "Politiker müssen sich keineswegs alles gefallen lassen. Etwas mehr Respekt im wechselseitigen Umgang täte uns allen gut."
01.12.2013, 08:40 Uhr | dpa, t-online.de
Kommentare
cultur
Ich verstehe die gesamte Aufregung über dieses Interview nicht. Lassen Sie doch zwei Menschen mal etwas heftiger diskutieren. In den sechziger und siebziger Jahren war dies normal. Die Debatten im deutschen Bundestag waren damals noch viel herber und es machte Freude und Spass zuzuhören, um sich dann seine eigene Meinung zu bilden. Heute wird alles glatt gebügelt und weich gespült, bis sich zwei "Quatsch-Köpfe" wirklich nichts mehr zu sagen haben und dies geht dann über die Sender. Zur Demokratie gehören eine Auseinandersetzung und kritische Fragen genauso wie mal emontionale Antworten. Wer das nicht aushält, versteht Demokratie nicht. Herbert Wehner, Rainer Barzel, Heiner Geissler und andere wären dann niemals tragbar gewesen! Hören Sie auf mit diesen Scheindebatten und freuen sie sich über lebendigen Austausch. Es hört sich sonst so an, als hätten sich im Fernsehen zwei Menschen fast geprügelt. Wie gedanklich arm wollen wir noch werden?
Antonia1
freier unabhängiger Sender ? Freie unabhängige Presse gibt es schon lange nicht mehr in Deutschland . Fakt ist, die Slomka hat als Moderatorin weit über ihr Ziel mit Gabriel geschossen, und da ich die Sendung gesehen habe, bleibe ich auch bei meiner Meinung , ausserdem ist Slomka eh dafür bekannt das sie sehr arrogant rüber kommt und sich besonders gerne mit Sozialdemokraten anlegt, und das obwohl nicht ihre persönliche Meinung als Moderatorin gefragt ist. Aber jetzt nach der Aussage von ZDF Intendant Bullet verständlich das sich so manche Moderator/innen vom ZDF sich so einige Frechheiten gegenüber Sozialdemokraten erlauben dürfen, da sie wissen das sie immer Rückendeckung bekommen, weil das ZDF ,-CDU geprägt ist ???
bullfield
was lese ich da für einen quatsch von freier Politiker-Meinung !!?? wenn ein Mitglieder Votum verfassungsrechtlich bedenklich sein soll(te), dann ist diese ganze Politiker-Kaste, parteiübergreifend, bedenklich. oder wurde der Fraktionszwang abgeschafft ?
robsen52
an diverse Dumpfbacken hier. Frau Slomka hat in diesem Interview nicht irgendwelche persönliche Statements abgegeben, sondern lediglich hinterfragt was Verfassungsschützer, Politikwissenschaftler etc. pp. etwas kritisch beurteilen....an diverse Dumpfbacken hier. Frau Slomka hat in diesem Interview nicht irgendwelche persönliche Statements abgegeben, sondern lediglich hinterfragt was Verfassungsschützer, Politikwissenschaftler etc. pp. etwas kritisch beurteilen....
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