Montag, 10. Februar 2014

Schweizer Referendum verärgert deutsche Politiker

Thema: Volksabstimmung in der Schweiz
Vor der Abstimmung
t-online: "Es ist einfach schäbig"

Schweizer Referendum verärgert deutsche Politiker

07.02.2014, 21:49 Uhr | Von Cordula Niederelz, t-online.de
Alles blanker Populismus oder eine ernste Bedrohung europäischer Abkommen? Deutsche Politiker reagieren verärgert über die Volksabstimmung "Gegen Masseneinwanderung", die in der Schweiz am Sonntag zu Ende geht. "Es ist einfach schäbig, wie Rechtspopulisten wie die SVP Kampagnen auf Kosten von Zuwanderern machen", sagt der Grünen-Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour im Gespräch mit T-Online.de.


Mit diesem Plakat wirbt die Schweizerische Volkspartei für ihre Initiative. (Quelle: dpa)
Das Referendum, das bei den Eidgenossen schon seit Monaten für reichlich Zündstoff sorgt, erregt jetzt auch die Gemüter beim großen Nachbarn Deutschland. Die Schweizerischen Volkspartei (SVP) will mit Einwanderungsquoten den Zuzug von Ausländern eindämmen. Der Erfolg der Abstimmung wird wahrscheinlicher, je mehr sie ihrem Ende entgegen geht. Dabei geht es auch um deutsche Zuwanderer, die in der Schweiz nach den Italienern die zweitgrößte Gruppe darstellen. Als vor einigen Wochen in der Nähe des Vierwaldstättersees ein Schweizer Kampfjet abstürzte und dabei ein deutscher Militärarzt ums Leben kam, twitterte der SVP-Politiker Christoph Mörgeli: "Warum arbeiten Deutsche als Fliegerärzte der Schweizer Armee? Sorry, hier hat's einfach Grenzen!"

Das Vorgehen der Schweizer SVP sei nicht neu, ärgert Nouripour aber trotzdem. Gerade Parteien hätten eine besondere Verantwortung, zum friedlichen Zusammenleben der Menschen in einer Gesellschaft beizutragen. "Die SVP entzieht sich dieser Verantwortung, weil sie sich Profit erhofft von populistischen Kampagnen", erklärte der Außenpolitik-Experte. Er halte sehr viel davon, Ängste der Bevölkerung ernst zu nehmen, die Parteien müssten aber nüchtern über Risiken und Potenziale der Einwanderung sprechen.

Brok wirft SVP Korinthenpickerei vor

Auch der EU-Abgeordnete Elmar Brok (CDU) reagiert im Gespräch mit T-Online.de verstimmt auf die Zuwanderungs-Initiative. "Sie widerspricht den Vereinbarungen, die die Schweiz mit der Europäischen Union hat, und könnte sicher zu Problemen mit der EU führen." Das Ganze wirke ein bisschen wie Korinthenpickerei, bei der man sich nur die guten Dinge heraussucht.

Konkret geht es um das Abkommen zur Personenfreizügigkeit. Sollte die Initiative Erfolg haben, müsste Bern in Brüssel auf Änderung dieses Abkommens dringen und wieder Obergrenzen für die Zuwanderung aus der EU festlegen.

"Kein Anlass, neue Verhandlungen anzubieten"

Solche Nachverhandlungen scheint die EU zum jetzigen Zeitpunkt aber auszuschließen. "Das Abkommen zur Personenfreizügigkeit ist völkerrechtlich verbindlich vereinbart, und wir sehen von uns aus keinen Anlass dazu, neue Verhandlungen anzubieten", sagte Brok.

Die Schweiz wolle Mitglied des europäischen Binnenmarktes sein, und dessen Kernpunkte seien die vier Freiheiten des Kapital-, Dienstleistungs-, Waren- und Personenverkehrs. "Da kann die Schweiz nicht einseitig sagen, sie kündigt eine dieser Freiheiten auf. Ich glaube, dass ein entsprechendes Ergebnis der Volksabstimmung erst einmal eine Krise auslösen würde", erklärte der EU-Außenpolitik-Experte. Er gehe allerdings davon aus, dass die Initiative abgelehnt werde.

Zuwanderung nicht verkraftbar?

Rund 23 Prozent der gut acht Millionen Einwohner der Schweiz sind Ausländer. "Rund 80.000 Personen wandern jährlich mehr in unser Land ein als aus", rechnet die SVP vor.

Die heutige Zuwanderung sei für die Schweiz weder kulturell noch mengenmäßig verkraftbar. Die SVP malt den Teufel wie folgt an die Wand: überfüllte Züge, verstopfte Straßen, Umweltschäden, überforderte Sozialsysteme sowie die Gefahr von Lohndumping.

Wilhelm-Tell-Kultur ist passé

Omid Nouripour kann diese Argumente nur schwer nachvollziehen. Natürlich müsse die Zuwanderung verkraftbar bleiben, sagt er - "es ist aber ja nicht so, dass die Schweizer vom Aussterben bedroht sind".

Was ihn am meisten ärgert, sei das Kultur-Argument: "Die SVP hat eine immens statische Definition von Kultur und tut so, als hätte sich die Kultur des Landes seit Wilhelm Tell nicht mehr verändert", sagt Nouripour.

Kulturen seien immer Einflüssen von außen ausgesetzt. Man solle nicht so tun, als sei das per se ein Problem und als könne man sich dagegen abschotten. Auch die Vorbehalte, die viele Schweizer speziell gegenüber Deutschen haben, versteht der Grünen-Politiker nicht: "Die Aussage 'Die Deutschen sind alle arrogant' ist genauso pauschal wie 'Die Schweizer essen alle Käse'".
07.02.2014, 21:49 Uhr | Von Cordula Niederelz, t-online.de

Kommentare

» der Kommentar des Blogschreibers«
Es ist doch bekannt, dass gerade die sich selbst "Elite" Nennenden in Berlin nichts von Volksabstimmungen halten, noch nie gehalten haben und alles dafür tun, dass es nicht zu Volksabstimmungen kommt. (Schäuble wollte ja sogar den Artikel 146 still und heimlich aus dem Grundgesetz streichen lassen).
Nur ohne Volksabstimmungen können sie sich auf ihren Posten halten, mit Volksabstimmungen würde es weder bankengesteuerte Politikerdarsteller noch einen Euro als alleiniges Zahlungsmittel in Deutschland geben und das Antikorruptionsgesetz wäre längst in Kraft gesetzt.

Herr Noripour was meinen Sie, darf eine Partei, mit nicht mal 9% Zustimmung aller Wähler, Deutschland zum Einwanderungsland ohne Beschränkung erklären?
Sollte man die Einwohner nicht besser selbst entscheiden lassen wer als neuer Mitbürger willkommen ist und wer nicht? Ihr Multi-Kulti-Verein würde ja am liebsten Jeden reinlassen, ohne Sprach-, Kultur- oder Glaubens-Unterschiede zu berücksichtigen.
Erkundigen Sie sich mal bei echten Einwanderungsländern z.B. USA, Australien oder Kanada wie so was geht.
Da haben die Schweizer uns Einiges vorraus Herr Nouripour, ob ihnen das nun passt oder nicht.
Vielleicht sind aber auch deren Politiker einfach nur demokratischer als die deutschen Politikerdarsteller.


zylomr
Tja,Herr Nouripour,dass ihnen diese Abstimmung nicht passt und auch warum nicht ist klar.Wie wäre es,wenn sie sich um die Problemein dem Land dem sie entstammen kümmern würden.Wir in Deutschland haben auch die Nase davon voll,unser Land mit den sogenannten Kulturen der sodenannten Emigranten überschütten zu lassen.Mindestens 70 Prozent der Straftaten werden von diesen Leuten begangen,Der größte Teil dieser Leute ist nicht integrationdwillig sondern nur auf das Geld scharf,was man in dieser Form auch nur bei den dummen Deutschen abgreifen kann.DEswegen bravo Schweiz,machs nach Deutschland.

Fafnir
Diese pseudodeutschen Volkszertreter tun so, als ginge es hauptsächlich gegen Deutsche, aber in Wirklichkeit geht es gegen Überfremdung an sich und da könnten wir von den Schweizern sicher noch einiges lernen! Übrigens sind mindestens ein Drittel des Schweizer deutsche, wenn auch schweizerdeutsche!

berni_11
Ich bin der Meinung:
Das Einzige was unseren Politikern Sorgen bereitet ist die mögliche Ansteckung solcher Initiativen in Deutschland. Wenn hier eine Abstimmung anstehen würde, würde die Regierung ihr blaues Wunder erleben.
Es kann nicht sein, dass es hier noch immer kein Regelwerk zur Einwanderung gibt und davon gefaselt wird, dass Deutschland auf Grund der Geburtenrate dringend Einwanderung braucht.
Vielleicht sollten diese Damen und Herren mal familienfreundlichere Politik machen, dann klappt es auch mit dem Nachwuchs. Es kann nicht sein, dass Zugezogene hier bestimmen können wie z.B. das Essen in Kindereinrichtungen sein darf (Schweinefleisch), unsere Gesetze zu Gunsten ihrer Traditionen zurechtgestutzt werden (Schächten).
Zuwanderer können hier gern Gast sein, aber sie haben sich an unsere Gesetze zu halten-ohne wenn und aber und ohne doppelte Staatsbürgerschaft.
Übernahme von kulturellen Dingen müssen wachsen und lassen sich nicht per Gesetz überstülpen.

rainer-vitzthum
Ich bin eigentlich nicht Ausländerfeindlich nur was sich in den Großstädten abspielt gefällt mir gar nicht mehr. Ich komme aus Nürnberg und sehe selbst wie diese Stadt durch zu viele Einwanderer langsam den Bach runtergeht. Leider gibt es viel zuviele Menschen die vor diesen Problemen die Augen verschließen. Wir haben ziemlich viele Freunde bei der Polizei was die alles so mit machen. Sie dürfen leider nicht pviel zu diesen Problemen sagen. Wir werden auf jeden Fall noch unser blaues Wunder erleben und das haben viele Schweizer eben auch schon erkannt

Wirtschaftler
Was uns TO wieder mal verschweigt. Das Wirtschaftsinstitut Capital Economics, genießt weltweit einen sehr guten Ruf. Dort hat Geert Wilders eine Studie in Auftrag gegeben. Was wäre, wenn die NL aus der EU austritt. Das Ergebnis: NL spart glatt 13 Mrd € p a. Durch den Wegfall der EU Zwänge, gibt es in den nächsten Jahren einen Wirtschaftsaufschwung von 10-13 %. Hat die CH eine ähnliche Studie vorliegen?

Chatnoir01
Ich wünsche mir in Deutschland die Schweizer Demokratie mit Volksabstimmung usw. Im Irak, in Mali oder an anderen Kriegsschauplätzen sind keine Schweizer zu finden. Das ist vorbildlich!
Die Schweizer brauchen uns nicht aber wir die Schweizer.

Karl
Die Schweizer haben recht,aber in unserer sogenannten Demokratie,gibt es keine Volksabstimmung,sonst hätten wir auch keinen Euro.

Nach der Abstimmung
t-online:

SPD-Vize Stegner: "Die spinnen, die Schweizer"

Den Vogel hat auf jeden Fall SPD-Vize Ralf Stegner abgeschossen. "Die spinnen, die Schweizer", twitterte der schleswig-holsteinische Politiker übers Internet, nachdem sich die Eidgenossen in ihrer Volksabstimmung knapp für die Begrenzung der Zuwanderung ausgesprochen hatten. Um dann richtig vom Leder zu ziehen: "Geistige Abschottung kann leicht zur Verblödung führen."

Ansonsten fielen die Reaktionen aus dem Schweizer Ausland zwar mehrheitlich enttäuscht, aber deutlich sachlicher aus. Applaus für den Erfolg der Schweizer Rechtspopulisten gab es erwartungsgemäß von anderen rechtslastigen Bewegungen in Europa.

Die Europäische Union, deren Bürger von dem Votum betroffen sein werden, hat das Schweizer Votum "bedauert". Das Votum "verletzt das Prinzip des freien Personenverkehrs zwischen der Europäischen Union und der Schweiz", erklärte die EU-Kommission. Sie kündigte an, sie werde nun die Folgen "für die Gesamtbeziehungen zwischen der Union und der Schweiz" analysieren. In diesem Zusammenhang werde auch die Haltung der Schweizer Regierung zum Abstimmungsergebnis "berücksichtigt werden".

Schäuble: "Unbehagen ernst nehmen"

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht den Ausgang der Schweizer Volksabstimmung auch als Signal für die deutsche Politik. "Es zeigt natürlich ein bisschen, dass in dieser Welt der Globalisierung die Menschen zunehmend Unbehagen gegenüber einer unbegrenzten Freizügigkeit haben. Ich glaube, das müssen wir alle ernst nehmen", sagte der CDU-Politiker in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". "Wir bedauern diese Entscheidung. Das wird eine Menge Schwierigkeiten für die Schweiz verursachen."

In den deutschen Medien werden vor allem die Auswirkungen auf die Alpenrepublik selbst thematisiert. "Die Schweiz mit ihrer sinkenden indigenen Bevölkerung ist ohne Arbeitskräfte von außen kaum funktionabel zu halten", kommentiert das "Offenburger Tageblatt". "Und was ist das überhaupt für eine Botschaft an die Welt? Die lautet seit gestern: Leute, bleibt bloß weg!"

Es wird jedoch auch um Verständnis für die Schweizer Entscheidung geworben: "Wer sich indes über die Angst vor Überfremdung mokiert, sollte bedenken, dass in der Schweiz der Ausländeranteil an der gesamten Wohnbevölkerung mit 23 Prozent fast dreimal höher ist als in Deutschland", schreibt der "Kölner Stadt-Anzeiger". "Und was die Fremdbestimmung betrifft, machen sich die Schweizer zu Recht sorgen. Immer mehr Verordnungen und Gesetze, die in Brüssel beschlossen werden, müssen sie schlicht übernehmen."

Europas Rechte feiert

Die Hannoveraner "Neue Presse" gibt EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) Recht, der versuchte, die Schärfe aus dem drohenden Streit herauszunehmen. "Weil er genau weiß: Die Rechtspopulisten in ganz Europa werden diesen Sieg feiern, es wird ihnen ein gefährlichen Aufschub für die Europawahl geben."

Und das stimmt: "Gut gemacht, Schweiz!", twitterte kruz nach Bekanntwerden des Ergebnisses der Vize-Chef der rechtextremen französischen Partei Front National. "Eine echte Demokratie", urteilte Florian Philippot über den Kurznachrichtendienst im Internet. Unter den Gratulanten auf der Facebook-Seite der Schweizer Volkparetei (SVP) ist auch die NPD aus Niedersachsen, die sich in ihrem Post direkte Demokratie auch in Deutschland wünscht, "vor allem zu Themen wie Masseneinwanderung".

Ralf Stegner musste sich ürbigens nach seinen harschen Sätzen via Twitter mit einigen kritischen Kommentaren auseinandersetzen. "Ich war auch nicht dafür, aber oberschlaues deutsches Palaver ist nur Wasser auf die Mühlen der Befürworter", entgegnete zum Beispiel ein Internet-User namens Urs Kaufmann.
09.02.2014, 20:35 Uhr | je, dpa, AFP

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Kommentare

Antonia1
da kann man die Schweizer Bürger, zur kontrollierte Einwanderung und zur gelungenen Volksabstimmung nur gratulieren. Das ist gelebte Demokratie, und keine Schein-Demokratie wie in Deutschland. Die Schweiz gibt ihren Bürger wenigstens die Chance, durch Volksabstimmungen, ein zufriedenes Volk zu sein !!!

ManniB
Ich bin für eine Einwanderung nach Amerikanischem Australischen Kanadischem Vorbild. Ohne Geld oder Facharbeiter oder von einem Unternehmer angeforderten Einwanderer bekommt man in diesen Ländern keine Arbeitsgenehmigung
B R A V O Schweiz

koelscheschwob
...dann zeig ich halt in Zukunft wieder meinen Personalausweis an der Grenze, ist doch mir egal. Ich habe viele Freunde in der Schweiz, und wenn ich auf dem Bodensee in die Schweiz segle stört sich daran kein Mensch. Wenn ich das schon höre, alles was nicht so denkt wie die europäische Politikerkaste, die allesamt Lobbyisten sind, wird hier in die rechte Ecke gestellt. Einfach lächerlich ist das. Ich möchte nur zu gerne wissen, wer ein Interesse daran hat, ein wenig Patriotismus zu unterdrücken. Auf der anderen Seite schreien die gleichen Leute, wenn man behauptet man mag Deutschland nicht, man sei ein Kommunist oder noch schlimmer Terrorist. Ja was denn nun liebe Lobbyisten, passte es euch nicht in den Kram, wenn die Menschen nicht so funktionieren wie ihr wollt, und anfangen selber zu denken?


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