Samstag, 8. Februar 2014

Chaos Computer Club erstattet Strafanzeige gegen die Bundesregierung

Thema: Überwachung
2014-02-03 00:18:00, henning

Das Logo des Chaos Computer Club
Der Chaos Computer Club (CCC) hat zusammen mit der Internationalen Liga für Menschenrechte e. V. am Montag Strafanzeige beim Generalbundesanwalt erstattet. Sie richtet sich unter anderem gegen die Bundesregierung, die Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes, Militärischen Abschirmdienstes und Bundesamtes für Verfassungsschutz. US-amerikanischen, britischen und deutschen Geheimdienstagenten und ihre Vorgesetzten, dem Bundesminister des Inneren sowie der Bundeskanzlerin werden verbotene geheimdienstliche Agententätigkeiten sowie Beihilfe hierzu, Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs und Strafvereitelung im Amt durch Duldung und Kooperation mit der NSA und dem GCHQ vorgeworfen.

Nach Monaten immer neuer Veröffentlichungen aus den Snowden-Dokumenten über massenhafte geheimdienstliche Überwachung und offensive Angriffe auf informationstechnische Systeme besteht längst Gewissheit darüber, dass durch in- und ausländische Geheimdienste gegen hiesige Strafgesetze verstoßen wurde. Mit der Strafanzeige gegen die Bundesregierung sollen daher endlich die überfälligen Ermittlungen des Generalbundesanwalts angestoßen werden. Der CCC ist überzeugt, dass die Verantwortlichen in den Nachrichtendiensten und in der Bundesregierung die verbotenen geheimdienstlichen Tätigkeiten nicht nur geduldet, sondern aktiv und in erheblichem Umfang gefördert und somit Beihilfe geleistet haben.

Dies ist strafbar gemäß § 99 StGB (verbotene geheimdienstliche Agententätigkeit), §§ 201 ff. StGB (Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs) und § 258 StGB (Strafvereitelung) und muss, gegebenenfalls mit weiteren Straftatbeständen, vom Generalbundesanwalt verfolgt werden.
"Jeder Bundesbürger ist von der massenhaften geheimdienstlichen Ausforschung seiner Kommunikationsdaten betroffen. Dagegen schützen ihn allerdings unsere Gesetze und bedrohen diejenigen mit Strafe, die eine solche Ausforschung zu verantworten haben. Entsprechend sind Ermittlungen des Generalbundesanwalts geboten, gar eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit. Es ist bedauerlich, dass gegen die Verantwortlichen und die Umstände ihrer Straftaten nicht längst ermittelt wurde", sagt Dr. Julius Mittenzwei, Jurist und langjähriges Mitglied des CCC.

Es ist nicht akzeptabel, dass die öffentlichen Stellen bislang kaum zur Aufklärung der geheimdienstlichen Machenschaften beigetragen haben, obwohl das Ausspähen vor aller Augen geschieht, etwa im sog. Dagger-Komplex und auf den August-Euler-Flugplatz bei Griesheim. Zusammen mit der Internationalen Liga für Menschenrechte e. V., digitalcourage e. V. und weiteren Einzelpersonen wollen wir durch die Ermittlungen mehr Informationen über die strafbaren Aktivitäten in- und ausländischer Geheimdienste ans Licht der Öffentlichkeit bringen und mit Hilfe der Behörden die Straftäter zur Strecke bringen.

Wir fordern außerdem in der Strafanzeige, dass Edward Snowden als sachverständiger Zeuge geladen wird, selbstverständlich mit freiem Geleit sowie wirksamen Schutz vor Auslieferung an die USA.
Wir möchten aber nicht nur den Generalbundesanwalt dazu bewegen, endlich Ermittlungen aufzunehmen, sondern auch dazu auffordern, sich zu engagieren und ebenfalls Strafanzeige zu erstatten. Der Text der Strafanzeige wird auf Nachfrage gern übermittelt.

Kontakt:
H.-Eberhard Schultz und Claus Förster, Rechtsanwälte
Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030 43725026, Fax: 030 43725027, cf(at)cfoerster.de

Links:
Internationale Liga für Menschenrechte e. V.: http://ilmr.de/
www.menschenrechtsanwalt.de
www.racf.de


Ergänzung 8.2.2014, 19:30 Uhr

Veröffentlicht am 07.02.2014 Nachdem Ewigkeiten rechtlich nichts im Bezug auf die NSA-Affäre passiert ist, stellt nun der Chaos Computerclub Strafanzeige wegen verbotener Geheimdiensttätigkeit gegen die Bundesregierung. Christian Solmecke, der diesen Schritt sehr begrüßt, berichtet darüber im heutigen Video.

Rechtsanwalt Christian Solmecke
Christian Solmecke ist Partner der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE und Autor zahlreicher juristischer Fachveröffentlichungen im Bereich Internetrecht und IT-Recht.. Darüber hinaus ist Solmecke Lehrbeauftragter der FH Köln für Social Media Recht.


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