Mittwoch, 5. Februar 2014

Wir werden Al-Kaida nicht mehr los

schreibt t-online

Ex-Glaubenskämpfer warnen


Militärs und Minister diskutieren an diesem Wochenende auf der Münchner Sicherheitskonferenz unter anderem den Krieg in Syrien. Doch während viele ihre Hoffnungen auf die Genfer Gespräche mit der syrischen Regierung und der Opposition setzen, greift das Terrornetzwerk Al-Kaida in dem Krisenstaat immer weiter um sich.


Al-Kaida-Anhänger im Nahen Osten demonstriert für die Freiheit eines Dschihad-Führers: Die alte Organisation ist im Niedergang, die Ideologie jedoch greift um sich. (Quelle: AFP)
Mehr und mehr junge Menschen aus Europa reisen in das Krisengebiet, um mitzukämpfen. Wie gefährlich sind die Krieger nach ihrer Rückkehr? Nistet sich Al-Kaida durch sie in Europa ein? t-online.de sprach mit Geheimdienstlern und geläuterten Dschihad-Kämpfern.
20 Jahre lang hat Manwar Ali gekämpft. Erst in Afghanistan, später in Kaschmir. In dem einst friedlichen Himalaya-Tal stand er in den Reihen der Lashkar-i-Taiba, einer Terror-Truppe, die später, im November 2008, die Anschläge von Mumbai verübte.

Heute ist Manwar Ali ein Mann des Friedens. In seiner Moschee im englischen Ipswich predigt der Scheich Liebe, Gewaltlosigkeit und interkulturelles Verständnis. Seinen Krieg nennt er heute einen Irrtum. "Wir haben alles nur noch schlimmer gemacht, als es war", sagt Ali. "Niemand hatte uns gerufen. Und den Krieg gegen den Islam, an den wir geglaubt haben, gibt es in Wahrheit gar nicht." Über Verschwörungstheorien gegen Juden und Amerikaner kann er heute nur noch lachen.

Al-Kaida in Syrien wiedererweckt

Was dem Geistlichen große Sorgen macht, ist der neue Krieg in den Köpfen einiger junger Muslime, der von Syrien aus über den Globus wandert. Allein 700 junge Männer aus Großbritannien sollen in das Kriegsland gereist sein - die meisten, um an den Kämpfen teilzunehmen. Auch rund 240 Deutsche sind dort und eine unbekannte Anzahl weiterer Europäer.

Nur die wenigsten von ihnen landen bei Milizen, die mit Al-Kaida verbündet sind. Vielen ist die Ideologie egal. Doch die anderen können Europa gefährlich werden, warnt Usama Hasan. Auch er kämpfte in Afghanistan und unterstützte 20 Jahre lang salafistische Gruppen.

Die Geiselnahme in einer Schule im russischen Beslan 2004 mit 300 Toten und erst recht die Anschläge in seiner Heimatstadt London im darauffolgenden Jahr katapultieren ihn geistig aus der Dschihad-Bewegung. Heute arbeitet Hasan als Analyst für die Londoner Quilliam Foundation, einen Think Tank, der den islamischen Radikalismus erforscht und nach Wegen sucht, junge und alte Radikale in die Gesellschaft zurückzuholen.

"Nach 9/11 wurde Al-Kaida im Krieg gegen den Terror eingestampft", sagt Hassan. Der Tod von Osama bin Laden 2011 habe sie vorläufig geköpft. "Der Syrien-Krieg", sagt Hasan, "hat sie wieder erweckt."

Und nicht nur in Syrien floriert die Ideologie: Wie eine Hydra, der für jeden abgeschlagenen Kopf zwei neue wachsen, greifen mit Al-Kaida verbündete Bewegungen um sich: In Somalia bekennen sich die Shabaab-Milizen zu ihrer mörderischen Philosophie, im Irak und in Syrien die "ISIS" (Islamischer Staat im Irak und Syrien) sowie die Jahbat al-Nusra (Front der Helfer), auf dem ägyptischen Sinai die Ansar Bait al-Maqdis (Helfer Jerusalems), in Saudi-Arabien und im Jemen heißt sie AQAP (Al-Kaida auf der arabischen Halbinsel) und in Nordafrika und der Sahara die "AQIM" (Al-Kaida im islamischen Maghreb).

"Man muss bei Al-Kaida nicht mehr lange anstehen"

Kurz: In jedem muslimischen Land, in dem der Staat den Geist aufgegeben hat, oder, wie in Ägypten Demokratieversuche fehlschlagen, stößt Al-Kaida in die Lücke, terrorisiert die Bevölkerung und besetzt Machtnischen.

Nicht nur westlichen Sicherheitsexperten macht die Entwicklung Kummer. Am meisten sorgen sich die Menschen in den muslimischen Ländern selbst: Das weltweit agierende US-Meinungsforschungsinstitut Pew-Research ermittelte, dass in den betroffenen Ländern bis zu 80 Prozent der Menschen in Angst vor dem Aufschwung der Radikalen leben. Zustimmung gibt es vor allem bei den ganz Jungen, Verzweifelten und Chancenlosen.

Die Angst ist berechtigt: "Früher war es sehr schwer, Mitglied bei Al-Kaida zu werden", sagt Noman Benotman. Auch er ist Analyst bei Quilliam. Der frühere libysche Terroristenführer und Vertraute von Osama bin Laden hat dem Dschihad nach dem tausendfachen Mord der 9/11-Anschläge abgeschworen. In einem mittlerweile legendären offenen Brief forderte er seinen "ehemaligen Waffenbruder" Bin Laden im September 2010 dazu auf, es ihm gleichzutun.

"Heute", sagt der Mittvierziger, "hat Al-Kaida eine ganz neue Rekrutierungsstrategie. Man muss nicht mehr lange anstehen und Referenzen vorlegen. Man muss überhaupt kein offizielles Mitglied sein." Man schließe sich beispielsweise in Syrien einem Amir (Befehlshaber) seiner Wahl an, von dem man wisse, auf welcher Seite er stehe - oder werde einfach auf eigene Faust im Namen der Sache aktiv.

Auf diese Weise werde sich auch in den kommenden zehn Jahren nichts ändern - und solange der Krieg in Syrien weitertobt, werde das Problem immer weiter wachsen. "Wir werden Al-Kaida nicht mehr los", sagt Benotman. "Dafür ist es zu spät."

Auch Benotman warnt vor der Gefahr der Rückkehrer für Europa. Aber auch davor, sie alle in einen Topf zu werfen: "Es gibt zwei Gruppen, die man unterscheiden muss: Gruppe A ist relativ harmlos", sagt der Libyer. Darin gebe es junge Männer, die ihre sunnitischen Glaubensbrüder gegen Assads grausame Alawiten-Milizen schützen wollten. "Gruppe B", warnt Benotman, "das sind die Bösen. Sie waren vorher schon ideologisiert, kehren dann radikalisiert zurück und gälten unter ihresgleichen als Helden. "Bei denen", so Benotman, "muss man mit allem rechnen."

Behandle man sie alle gleich, treibe man Gruppe A ebenfalls in die Arme der Radikalen.

Deutsche Dschihadisten-Dörfer in Syrien

Manwar Ali und Usama Hasan haben noch eine dritte Gruppe identifiziert: Junge Abenteurer, die mit Religion gar nichts am Hut haben, aber gerne mal in der Realität erleben wollen, was sie sonst nur in Action-Filmen sehen.

Die kennt auch Benno Köpfer vom Landesamt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg. Köpfer ist Teil der "Fachgruppe Islamismus" - einer namhaften Expertengruppe innerhalb der deutschen Geheimdienst-Community.

"Machos und Möchtegern-Rambos", sagt Köpfer, "seien eine der wichtigsten Gruppen, die in die Kriegsgebiete zögen. Im Grunde seien sie vor allem für sich selbst eine Gefahr - auch dann wenn sie völlig traumatisiert nach Deutschland zurückkehrten. An den Fronten würden sie von den Amiren gerne als williges Kanonenfutter verheizt - und seien zunächst auch noch stolz darauf.

Köpfer kennt Facebook-Seiten wie die von "Siegreiche Truppen", einem jungen Deutschen, der sich "Abu Waheed" nennt. Der posiert teils allein, teils mit anderen auf dem syrischen Kriegsschauplatz. Seine Posts wirken wie Urlaubskarten. "Mittlerweile" sagt Köpfer, gebe es richtige "deutsche Dörfer" in Syrien. Drei Grünhelme - Mitglieder einer deutschen Hilfsorganisation - die im vergangenen Sommer in Syrien über Wochen entführt worden waren, berichteten nach ihrer Freilassung von deutschsprachigen Bewachern.

Öl und Terror

Köpfer und seine Kollegen gehen vorsichtig an die Leute heran: "Wenn wir von einem hören, der mit Wunden und Schrammen von einem 'Türkei-Urlaub' zurückkommt, sprechen wir ihn erst einmal in Ruhe an und versuchen herauszufinden, was genau mit ihm los ist."

Und er sieht wesentliche Unterschiede zwischen Radikalen im Nahen Osten und denen, die aus westlichen Ländern kommen: "Dort", sagt der Analyst, "ist es die Verzweiflung angesichts der bitteren Umstände: Sie sind arbeitslos, haben keine Zukunft, können nicht heiraten."

Im Westen sei das Phänomen eher Zeichen einer "Wohlstandsverwahrlosung", spielten Drogen und Scheidungsfamilien eine größere Rolle. "Deshalb sehen wir auch deutschstämmige Jugendliche, die nicht zum Islam, sondern gleich in den Dschihadismus konvertieren." Sie ziehe vor allem die Kameradschaft und Brüderlichkeit der Dschihadisten an.

Wie Benotman ist auch Köpfer strikt dagegen, alle Rückkehrer gleich mit potenziellen Terroristen gleichzusetzen: "Manche gehen ja auch nur hin, um Milchpulver zu verteilen."

Der Geheimdienstanalyst hat eine eigene Theorie, wann Al-Kaida endlich die Luft ausgehen könnte: "Erst, wenn der Westen vom Öl wegkommt und Saudi-Arabien das Geld ausgeht, um den Terror zu finanzieren, dürfte es besser werden."
31.01.2014, 08:20 Uhr | Von Christian Kreutzer, t-online.de, München


» der Kommentar des Blogschreibers«

Wer ist denn überhaupt Al-Kaida?
Es sind von den CIA in den 1980er Jahren finanziert und ausgebildete Mudschahidin für den Kampf gegen die sowjetische Besetzung Afghanistans.
Wikipedia schreibt:
    Zusammen mit Osama bin Laden eröffnete Abdallah Azzam 1984 in Peschawar ein Dienstleistungsbüro, um die aus den verschiedenen arabischen Ländern kommenden jungen Männer aufnehmen, betreuen und organisieren zu können, die nach Afghanistan in den Dschihad gehen wollten. Unterstützung erhielten die beiden vom amerikanischen Auslandsnachrichtendienst CIA im Rahmen der Operation Cyclone und aus mit den USA befreundeten islamischen Ländern, insbesondere durch den pakistanischen Nachrichtendienst ISI.

Heute stellen sie nur das willige Feindbild dar, das den USA den Grund für den Unterhalt einer riesigen Streitmacht liefert und was als Vorwand dient, die ganze Welt abzuhören.
Je nach Bedarf werden sie bekämft, wie in Afghanistan, oder auch als "Freiheitskämpfer der Opposition" mit Geld und Waffen versorgt, wie in Syrien.

Man darf daraus schließen: Al-Kaida will man gar nicht los werden. Wie will man dem amerikanischen Steuerzahler beibringen, dass er weiterhin eine solch riesige Armee finanzieren soll, wenn weit und breit kein Feind da ist, wie nach dem Untergang der Sowjetunion. Auch deshalb musste 9/11 einfach passieren und der Ersatzfeind "weltweiter Terror" geschaffen werden.


Kommentare

Sollanek
Frei nach Goethe :"Die Geister die ich rief werd ich nun nicht mehr los." Als es gegen die Russen ging, hat man diese Banden hofiert, ausgebildet mit Geld und Waffen unterstützt. In Syrien kämpfen sie heute noch als " demokratische Opposition " gegen Ordnung und Sicherheit. Da es nun jeder weiß, wer da am Werke ist, nennt man sie nun Rebellen. Kriminelle Banden wäre zwar der richtige Ausdruck Doch wenn sie Rußland schwächen, sind es in jeden Fall unsere Verbündeten. Im " Arabischen Frühling" haben sie all die Länder in den Abgrund geführt.Mit dem Resultat,dass dort praktisch kein selbstständiger und selbstbewußter Staat existiert. Wenn Iran noch im Chaos versinkt, hätten diese Drahtzieher ihr Ziel zu 100 Prozent erfüllt. Nur gut, dass Kriegsverbrecher Nr.1 keine 3. Amtszeit im Weißen Haus antreten durfte. Trotzdem, die Propagandamaschine läuft, das neue Ziel ist schon im Visier.

Varus1
Die USA hat die Al Kaida erst stark gemacht. Sie wurde damals in Afghanistan gesponsort, um Russland ein zweites Vietnam zu bescheren. Als sich Russland zurück zog, waren die USA ganz fix vor Ort und führten die " russischen Bemühungen" im eigenen Interesse fort. Nun stellten sie sich gegen die Al Kaida ...

Jiskoko
für mich eine fragliche geschichte, wenn ex-terroristen die vermutlich schuld am tod vieler unschuldiger menschen sind nach 20 jahren ihre ideologie wechseln und in england einen friedlichen job nachgehen.
menschen die nach syrien gehen, gehen dort nicht aus humanitären gründen hin. die wollen kämpfen und töten und sind somit mörder. die einfach wieder in die gesellschaft zurück lassen ist purer leichtsinn.
bei youtube kommen zu den tausend videoclips täglich neue greultaten der rebellen hinzu, wie will man diese untaten sühnen wenn man sie nicht verfolgt. dieser artikel vermittelt ein völlig falschen bild von der terrorszene und versucht auf grund einer falschen ideologie diese zu entschuldigen!

Tabula-Rasa
Nachdem wir ja ständig einen Fachkräftemangel beklagen, weil Firmenchefs aus Profitgier nicht ausbildeten und die wenigen Ausgebildeten wegen der deutschen Minilohnpolitik lieber ins lukrativere Ausland abwendern, dürfen wir uns über den erwarteten Zustrom dieser Spezialarbeitskräfte freuen. Die haben ihr Praktikum zum Halsabschneider-Experten alle mit Bravour bestanden und werden unseren Sozialsystemen sicher die viel beschworene kulturelle Bereicherung bringen, weil sie auch hier tun, was sie dort lernten: massenweise Leute umbringen. Der extreme Islam ist das Nazitum der Gegenwart! Die propagieren dieselbe eigene Überbewertung und Entmenschlichung anderer wie einst der Nationalsozialismus! Wann kapiert ihr dämlichen Gutmenschen das endlich? Nix verstehen, aber für alles Verständnis haben - wie naiv ist das denn?

Mjoelnir1999
Wenn diese Leute dort "mitkämpfen" wollen, schön und gut. Aber dann laßt die nicht mehr nach Europa rein. Dann sollen die gefälligst auch dort bleiben. Am Besten ist natürlich wenn die sich ihre Köpfe gegenseitig wegschießen. Problem gelöst.

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