Dienstag, 16. Juli 2013

Schäuble zweifelt erstmals an Griechenland-Rettung

Eurovisionen

Wolfgang Schäuble will den deutschen Steuerzahlern nicht garantieren, dass sie ihr Geld für die Griechenland-Rettung jemals wiedersehen. Mit einem bemerkenswerten Zwischenton will der Finanzminister die Deutschen offenbar zum ersten Mal darauf vorbereiten, dass die Steuergelder weg sein könnten.



Einkehr des Realismus: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist sich nicht mehr sicher, dass sein Fleiß reichen wird, um die Euro-Krise zu beenden. (Foto: consilium)
Bisher hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in der Frage der Griechenland-Rettung immer einen unmissverständlich optimistischen Kurs gefahren: Man sei in Athen auf einem guten Weg, und selbstverständlich werde der deutsche Steuerzahler seine Kredite wiedersehen.
Schäuble hat dem deutschen Steuerzahler noch nie gesagt, dass die Kredite nicht an die notleidenden Griechen, sondern zu 80 Prozent an die Banken gehen, die sich mit aberwitzigen Finanz-Produkten verspekuliert haben.

Die Legende, die die Euro-Retter ihren Bürgern auftischen, hat einen anderen Spin: Die Reichen sollen den Armen geben, damit die Armen wieder auf die Beine kommen. Danach werden die Armen hart arbeiten, damit sie ihre Schulden bei den Reichen wieder auf Heller und Pfennig begleichen können.

Dass er sich mit den Armen nicht so leicht tut, hat Schäuble schon öfter gesagt – etwa, wenn er die Griechen vor einer weiteren Tranche etwas unter Druck setzen wollte. Dann sprach Schäuble von einem „Fass ohne Boden“.

Solche Unmutsäußerungen kamen bisher jedoch stets vor der Auszahlung einer Tranche.
Nun hat sich Schäuble erstmals nach der Genehmigung einer Milliarden-Rate pessimistisch geäußert.
Schäuble macht so etwas natürlich nicht so plump, in dem er sagt: „Leute, das Geld ist weg. Vergesst es, ihr seht es nie wieder. Tut mir echt leid – aber wie sollen die Griechen über 100 Milliarden Euro Schulden zurückzahlen? Geht nicht – Ende, Schluss, aus.“

So etwas sagt Schäuble nicht, weil er dann die Märkte in Panik versetzen würde. Und dann wären die hunderten Milliarden an über Griechenland laufenden Banken-Rettungsgelder wirklich vergeblich geflossen.

Schäuble sagt so etwas erst recht nicht wenige Wochen vor einer Bundestagswahl. Er hält es immer noch für denkbar, dass den Deutschen auffallen könnte, dass sie um richtig viel Geld gebracht wurden.

Doch Schäuble weiß: Es ist an der Zeit, die Deutschen langsam auf die bittere Wahrheit vorzubereiten.

Die Bild-Zeitung hat ihm folgende einfache Frage gestellt: „Geben Sie den Bundesbürgern die Garantie, dass auch nach der Bundestagswahl kein deutsches Steuergeld für Griechenland abgeschrieben werden muss?“

Vor zwei Jahren hätte Schäuble geantwortet:
    „Selbstverständlich gebe ich Ihnen diese Garantie. Wir geben diese Kredite als Investment, weil wir wissen, dass wir es in Griechenland mit einer Konjunktur-Delle zu tun haben. Daher erwarten wir nicht nur, dass wir das Geld zurückbekommen. Das ist ein ganz normaler Prozess. Wir werden unser Geld mit Profit zurückbekommen.“

Vor neun Monaten hätte Schäuble geantwortet:
    „Ja, diese Garantie kann ich geben. Wir wissen, dass es länger gedauert hat als erwartet, aber das hängt mit der globalen Rezession zusammen, die die hervorragenden Anstrengungen unser griechischen Freunde und Partner etwas behindert hat. Aber jetzt befinden wir uns auf einem guten Weg, wie auch die neuesten Prognosen des IWF zeigen. Sie können also ganz beruhigt schlafen in Deutschland.“

Am Freitag veröffentlichte die Bild-Zeitung folgende Antwort auf die Frage:
    Ich garantiere, dass ich alles tun werde, dass das Programm erfolgreich sein wird. Erste Erfolge sind ja auch schon sichtbar. Griechenland hat wichtige Reformen auf den Weg gebracht. Das Land ist wieder wettbewerbsfähiger und saniert seinen Haushalt.“

Damit schlägt Schäuble eine ganz neue Tonart an. Man muss zu solchen Interviews wissen, dass sie nicht dem entsprechen, was wirklich gesprochen wurde. Ein solches Interview wird in Deutschland vom Team des Finanzministers „autorisiert“. Das heißt: Die Mitarbeiter von Schäuble schreiben jene Antworten, die für den Minister politisch opportun sind.

Hier wird jedes Wort auf die Goldwaage gelegt.

Hier zählt jede Nuance.

Wegen der Märkte.

Wegen der Wahlen.

Und ein ganz klein wenig wegen der Wahrheit. Die wird nämlich immer dann angedeutet, wenn klar ist, dass sie irgendwann zu rauskommt.

Das bedeutet: Schäuble will ausdrücklich nicht garantieren, dass die deutsche Steuerzahler ihr Geld wiedersehen. Die Frage hatte ja nicht gelautet: „Garantieren Sie den Bundesbürgern, dass Sie mehr arbeiten werden?“

Wenn ein Politiker bei einem solchen Interview in der Autorisierung ausdrücklich eine ausweichende Antwort gibt, dann muss es schlimm stehen um Griechenland. Schon etwas weiter vorher hat Schäuble in dem Interview auf die Frage nach weiteren Krediten für Griechenland eine ausweichende Antwort gegeben. Auf die Frage, ob Deutschland Griechenland „noch mehr Geld geben“ müsse, sagte Schäuble, dass „weitere Unterstützung“ nach 2014 geprüft werde.

Von allem rhetorischen Brimborium abgeschminkt sagt Wolfgang Schäuble den Deutschen damit folgendes:

„Ich habe keine Kontrolle mehr über die Lage in der europäischen Schuldenkrise. Wir müssen uns das jetzt schönreden, weil es sonst zum Crash kommt und/oder Angela Merkel und ich die Wahl verlieren. Aber ich werde solange weiter das Geld der deutschen Steuerzahler einsetzen, bis wir die Lage unter Kontrolle haben. Das zumindest wollen wir jetzt versuchen, weil wir im Grunde nicht mehr zurückkönnen.“

Das sind keine guten Nachrichten.

Auch wenn sie geschickt verpackt sind.

Allein: Die Rettungspakete zerfallen.

Die Retter ergrauen.

Die Talfahrt geht weiter.

Mit freundlicher Genehmigung von DEUTSCHE WIRTSCHAFTS NACHRICHTEN

Kommentare


The veritas valebit sagt:

Herr Schäuble, diese Chronik lässt sich noch weiterführen, wer Ihnen noch glaubt, dem ist nicht mehr zu helfen.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten | 13.07.13
Schäuble zweifelt erstmals an Griechenland-Rettung
Wolfgang Schäuble will den deutschen Steuerzahlern nicht garantieren, dass sie ihr Geld für die Griechenland-Rettung jemals wiedersehen. Mit einem bemerkenswerten Zwischenton will der Finanzminister die Deutschen offenbar zum ersten Mal darauf vorbereiten, dass die Steuergelder weg sein könnten.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten | 19.03.13
Wolfgang Schäuble: Der gefährlichste Mann EuropasDie Banken Zwangs-Abgabe in Zypern war kein Betriebsunfall. Sie ist der erste Baustein in dem Plan, wie Europa künftig regiert werden soll. Autoritär, ideologisch und undemokratisch. Das Vorbild für den finanztechnischen Teil zur Lösung der Schuldenkrise ist die deutsche Wiedervereinigung. Der Architekt des Plans: Wolfgang Schäuble. Das verheißt nichts Gutes.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten | 29.06.12

Frank Schäffler: Die Tinte ist im Bundestag beim ESM-Vertrag noch nicht trocken, schon werden die Regeln erneut geschleift. Die angekündigten Maßnahmen – Veränderung des Gläubigerstatus, Direkthilfen an Banken – sind rechtswidrig. Die Anleihenfinanzierung des ESM ist der Einstieg in die Banklizenz und das Perpetuum mobile über die EZB.
Deutsche Mittelstands Nachrichten | 29.03.12

Heimliche Grundgesetz-Änderung:
Bürger soll nicht mehr in Karlsruhe klagen können
CDU: Schäuble darf ESM aufstocken
Aus Kreisen von Verfassungsrechtlern haben die Deutschen Mittelstands Nachrichten erfahren, dass es bei den Parteien CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bestrebungen gibt, den Gang ans Karlsruher Bundesverfassungsgericht für Privatpersonen zu erschweren. Offiziell, um die Überlastung des Gerichts einzudämmen. Angeblich wenden sich mittlerweile zu viele Bürger an das Gericht – und dieses könne die Überlastung nicht mehr bewältigen. Ob die neue restriktive Politik mit möglichen Klagen gegen den Rettungsschirm ESM zusammenhängt, wollte am Donnerstag in Berlin niemand bestätigen. Von der Regierung ist bisher dazu nichts veröffentlicht worden.

DiePresse.com : 05.07.2012
http://diepresse.com/home/wirtschaft/eurokrise/1262402/TopOekonomen-warnen_Wir-sitzen-in-der-Falle?_vl_backlink=/home/index.do
Hans-Werner Sinn schart prominente Ökonomen um sich. Sie wollen an die deutsche Kanzlerin appellieren und die Bürger zum Protest gegen die geplante Bankenunion aufrufen.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten | 15.08.12, 13:57

Rechtsprofessor warnt Karlsruhe vor uferlosen Folgen des ESM
Die Haftungen Deutschlands für eine umfassende Eurorettung würden 3,7 Billionen Euro betragen. Wird der ESM vom Bundesverfassungsgericht für zulässig erklärt, würde dieser Betrag Deutschland massiv belasten, warnt der Mitkläger gegen den ESM, Markus Kerber.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten | 03.09.12

Schäuble: Karlsruhe wird den ESM durchwinken
Bundesfinanzminister Schäuble erwartet die Zustimmung von Karlsruhe zu ESM und Fiskalpakt. In Straßburg sagte Schäuble, er sei sicher, dass es keine Blockade geben werde. Bislang war es in Deutschland Usus, dass es einen gewissen Grundrespekt vor der Gewaltenteilung gab.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten | 06.09.12

EZB: Weidmann hat offenbar gegen Draghi gestimmtBundesbankpräsident Jens Weidmann scheint die einzige Gegenstimme gegen Mario Draghis Ankaufprogramm von Staatsanleihen gewesen zu sein. Draghi deutete ziemlich unmissverständlich darauf hin, was man als nicht gerade freundliche Geste betrachten kann.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten | 10.09.12

Deutschland: ESM gerät immer stärker ins VisierKurz vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Eilanträge bezüglich EMS und Fiskalpakt wächst der Unmut in Deutschland. Peter Gauweiler reicht einen Eilantrag ein – noch heute will das Gericht darüber beraten – und ein neues Gutachten warnt vor Verletzungen des Budgetrechts. Deutschlands Regierung gerät immer mehr zwischen die Fronten.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten | 05.10.12

Schäuble gibt Entwarnung: „Komme mit guten Nachrichten zum IWF“
Bundesfinanzminister Schäuble sieht das Ende der Euro-Krise kommen. Er fahre mit guten Nachrichten zum Herbsttreffen des IWF nach Tokio. Schäuble sieht den europäischen Patienten auf dem Weg der Genesung: „Die Behandlung wirkt!“


elli sagt:
hier eine detaillierte Aufstellung des ifo Instituts:
http://www.cesifo-group.de/de/ifoHome/policy/Haftungspegel.html
Bei Zahlungsunfähigkeit der GIIPS+Z Länder gilt für D die rechte Säule 655 Mrd.
Dieser Zahl liegt zugrunde, dass der Haftungsanteil Ds 27% beträgt, d.h. die anderen Geberländer noch zahlungsfähig sind.
Die Zahl von der viele reden (1.8 Billionen Säule 3) ist die Summe aller in der Eurozone vereinbarten Stützungsmaßnahmen.
Verbleibt D als letztes zahlungsfähiges Land in der Eurozone, gilt die Säule 2 1270 Mrd. Das wäre der worst case, der in der Presse häufig zitiert wird.
Aber die richtig dicken Brocken kommen ja noch, wenn es erst mit der Bankenrettung losgeht nach der BTW
Die Zahl, wenn nur D aus dem Euro geht, habe ich nicht gefunden. Der Verlust hängt sehr davon ab, ob das Eurosystem danach noch existiert oder inwieweit der Euro abwertet. Die Forderungen bleiben bestehen, allerdings ob die je eingebracht werden können ist höchst fraglich.
Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende


Hans Reuter sagt:
Ackermann sagte doch schon bei der ersten “Rettung” von Griechenland, sehr zum Missfallen von Merkel, dass Deutschland von dem Geld nichts wiedersieht. Merkel versprach natürlich damals vollmundig das Geld würde zurückgezahlt und die “Rettung” sei einmalig. Solange das Hauptproblem, die gemeinsame Währung und eine EZB für 17 Länder nicht beseitigt ist, wird dieses Problem nie gelöst werden sondern es wird ständig schlimmer. Da nutzen weder Sparprogramme noch Verschleierungstaktiken wie ESM oder Bankenunion etwas. Wer so etwas aufrechterhalten will unter dem Motto “koste es was es wolle” ist ein fanatischer Ideologe und wird den gleichen Zerfall wie bei der Sowjetunion erleben. Dier Druck auf die Menschen wird dabei ständig erhöht, kann aber letztlich ein solch marodes System auch nicht retten.


Henry sagt:
Es geht doch bei allen Mittelmeeranreinern, besonders bei den östlichen nur um eines: Destabilisieren, um an die Öl- und Gasvorkommen heranzukommen. Gaddaffi, so despotisch er sein Land regiert haben mag, er wollte den Golddinar einführen: massakriert, Tunesien, Ägypten, Syrien, Türkei, Zypern und Griechenland. Die beiden Letzten: EU-Staaten. Hier hat man den Weg über Goldman Sachs gewählt. Das Ergebnis sieht man. Wenn es stimmt, was Dirk Müller sagt, und davon gehe ich aus, wollten die Nordischen Staaten Griechenland gegen Beteiligung an den Gasvorkommen schuldenfrei stellen. Das wurde verhindert. Griechenland soll so pleite werden, dass die Gasvorkommen komplett von gewissen Banken gepfändet werden können. In der Zwischenzeit werden die Europäischen Staaten noch abkassiert.


Oeconomicus sagt:
Hoffentlich hat unser geschätzter Finanzminister nicht ganz plötzlich Albträume und erinnert sich an eine öffentliche Anhörung zum Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz (WFStG) vom 5. Mai 2010.
Dort gab der als Experte geladene damalige BaFIN-Chef Jochen Sanio zu Protokoll:
“..Es geht grundsätzlich um die Frage, wie wir damit umgehen wollen, dass der Staat wegen des Arguments „too big to fail“ einspringen muss.
Wir alle sind uns einig:
Der Staat hat das einmal getan und soll das nicht ein zweites Mal tun.
Sonst kommen die Steuerzahler und hängen uns alle auf.
Das möchten wir nicht. Wir müssen nach Lösungswegen suchen, um das zu vermeiden. Wir brauchen – das alles ist auf dem Weg – ein neues Restrukturierungs- und Abwicklungsrecht anstelle eines Insolvenzrechts, das nicht passt..”
http://oconomicus.wordpress.com/2013/07/13/dustere-vorahnung-eines-crashs/




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