Montag, 28. April 2014

Deutscher Oberst in der Ost-Ukraine: "Wir sind Gäste, keine Kriegsgefangenen"

T-Online: Artikel

Deutscher Oberst spricht
"Wir sind Gäste, keine Kriegsgefangenen"

27.04.2014, 15:06 Uhr | dpa, AP/dpa, T-Online.de
Separatisten unter der Führung des selbst ernannten "Volksbürgermeisters" von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, haben erstmals einige der von ihnen als Geiseln festgehaltenen OSZE-Beobachter der Presse präsentiert - darunter ist auch ein Oberst der Bundeswehr. Die Männer trugen Zivilkleidung, und sie schienen unverletzt. Russische Internetportale übertrugen Teile der Pressekonferenz direkt.

"Wir sind Gäste von Ponomarjow", sagte einer der vier Deutschen. Alle Mitglieder des achtköpfigen Teams seien gesund. Zuvor hatte es Berichte über einen Festgesetzten gegeben, der medizinische Hilfe benötige. Er soll Diabetiker und dem Separatistenführer zufolge versorgt sein.

Oberst weist Spionagevorwurf zurück

"Wir sind keine Kriegsgefangenen", betonte der Oberst. So hatte Ponomarjow mehrfach Militärs und "Spione" bezeichnet, die das von den pro-russischen Kräften beanspruchte Gebiet betreten. Slawjansk befinde sich im Kriegszustand. Die unter pro-russischer Kontrolle stehende Stadt ist größtenteils von ukrainischen Einheiten abgeriegelt.

Die Vorbedingungen für eine Freilassung seien ihnen nicht bekannt, berichtete der Oberst. Und er wies die Vorwürfe zurück, dass er und die anderen Team-Mitglieder für die Nato spionieren würden.

Die von Deutschland geführte militärische OSZE-Mission ist unabhängig von der diplomatischen OSZE-Mission in der Ukraine. "Wir haben keinen Hinweis darauf, wann wir in unsere Heimatländer zurückgeschickt werden. Wir hängen von unseren Diplomaten ab, die mit dem Bürgermeister verhandeln müssen", sagte der Oberst.

"Tageslicht und Klimaanlage"

Das festgesetzte OSZE-Team sei am Freitag zunächst in Slawjansk in einem Keller untergebracht gewesen. "Dort mussten wir uns zunächst selbst einrichten. Seit gestern sind wir in einem komfortableren Aufenthaltsraum, der beheizt ist, untergebracht." In dem Raum gebe es "Tageslicht und eine Klimaanlage". Die ukrainische Übergangsregierung hatte zuvor von "unmenschlichen Bedingungen" gesprochen und von der Gefahr, dass Geiseln als "menschliche Schutzschilde" missbraucht werden könnten.

Das Auswärtige Amt führt bereits Gespräche mit den Separatisten. OSZE-Unterhändler wollten noch am Sonntag vor Ort über eine Freilassung verhandeln. Diese wird von den Separatisten nur im Austausch mit inhaftierten Gesinnungsgenossen angeboten.

Andere Geiseln unwürdig vorgeführt

Neben dem Oberst haben die Aktivisten zwei weitere Bundeswehr-Angehörige und einen Dolmetscher in ihrer Gewalt - außerdem jeweils einen Militärbeobachter aus Dänemark, Polen, Schweden, Tschechien sowie fünf ukrainische Soldaten.

Zuletzt nahmen andere Separatisten drei weitere ukrainische Soldaten gefangen. Die Aufständischen zeigten Journalisten am Morgen Videobilder von ihnen. Darauf waren drei blutverschmierte Männer ohne Hosen und Schuhe zu sehen, ihre Augen waren mit Klebeband verbunden. Die Soldaten hätten sich auf einer Mission befunden, pro-russische Kämpfer gefangen zu nehmen, als sie aufgegriffen worden seien, sagte Igor Strelkow, ein Befehlshaber der Aufständischen in der Ost-Ukraine.



RIA Novosti schreibt zum gleichen Vorfall:
Thema: Regelung der Krise in der Ukraine
Festgesetzter deutscher Oberst in Slawjansk: „Wir sind keine Gefangenen“

SLAWJANSK, 27. April (RIA Novosti).
Die Offiziere aus der OSZE-Beobachtungsmission, die in der ostukrainischen Proteststadt Slawjansk wegen Spionageverdachts festgehalten werden, sehen sich nicht als Kriegsgefangene, sondern als Gäste an. Dies sagte Oberst Axel Schneider, der deutsche Chef der Mission, am Sonntag auf einer Pressekonferenz.

Laut Schneider waren die festgesetzten Offiziere zunächst in einem Keller untergebracht gewesen und sind seit Samstag in komfortablem Aufenthaltsrum mit Tageslicht und Klimaanlage. Alle seien gesund. Die Militärbeobachter befänden sich in der Hand und unter Schutz des „Volksbürgermeisters“ Wjatscheslaw Ponomarjow, so der Oberst weiter. Niemand sei angerührt worden. „Wir sind keine Kriegsgefangene, sondern Gäste von Ponomarjow." Wann sie in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden, wissen die Inspekteure nicht, so Schneider weiter. Es liege an den Diplomaten, die hierfür mit Bürgermeister Ponomarjow in Verhandlungen treten müssten.

Unter den am Freitag festgesetzten Inspekteuren sind laut Schneider drei Offiziere und ein Dolmetscher aus Deutschland sowie ein Pole, ein Schwede, ein Tscheche und ein Däne.

Am Freitagabend hatte der „Volksbürgermeister“ von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow mitgeteilt, dass sich die seit Freitagmorgen vermissten OSZE-Beobachter in Slawjansk befänden. Gegen sie bestehe Verdacht auf Spionage. „Wir stoppten den Bus mit Vertretern der OSZE-Mission, weil sie von ukrainischen Offizieren begleitet wurden… Wir überprüfen jetzt die Identität der Mitglieder der Mission und der ukrainischen Offiziere“, hatte Ponomarjow gesagt.

Nach russischen Angaben hat die ukrainische Armee hunderte Panzer sowie Geschütze und Mehrfachraketenwerfer im Raum Slawjansk in Stellung gebracht.


und dann legt T-Online nach:
der Artikel von 15:06 Uhr war wohl nicht hetzerisch genug
27.04.2014, 20:29 Uhr | rtr, dpa, T-Online.de

Steinmeier: "Das ist abstoßend"
Geiseln wie Trophäen vorgeführt

Wie Trophäen haben die pro-russischen Separatisten in der Ost-Ukraine der Weltpresse die in Slawjansk festgesetzten OSZE-Beobachter vorgeführt. Sie seien Gäste der bewaffneten Aktivisten, keine Kriegsgefangenen, sagte ein Oberst der Bundeswehr. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat eine solche öffentliche Zurschaustellung von Gefangenen, die teils live von russischen Internetportalen übertragen wurde, scharf kritisiert. Sie sei "abstoßend und verletzt in eklatanter Weise die Würde der Betroffenen".


Der "Volksbürgermeister" von Slawjansk präsentiert seine Geiseln (Quelle: AP/dpa)
Dies sei ein "Verstoß gegen jede Regel des Umgangs und alle Standards, die gerade für spannungsgeladene Situationen wie diese gemacht sind", sagte Steinmeier. Nachdrücklich mahnte er zugleich Hilfe von Moskau an. "Russland steht in der Pflicht, auf die Separatisten einzuwirken, damit sie die festgehaltenen Mitglieder der OSZE-Mission schnellstmöglichst auf freien Fuß setzen."

Bereits zuvor hatte der Außenminister deutliche Worte für die Krise in der Ukraine gefunden: "Dieser Irrsinn muss bald ein Ende haben."

Erste Geisel frei

Seit Freitag ist die internationale Gruppe in der Hand der Protestführer. Am Sonntag führten die Verhandlungen der OSZE zu einem ersten Erfolg mit der Freilassung der schwedischen Geisel.

Selbstzufrieden räkelte sich Separatistenführer Wjatscheslaw Ponomarjow zwischen den Gefangenen in dem holzvertäfelten Saal von Slawjansk, wie Aufnahmen des russischen Staatsfernsehens zeigen. Noch vor kurzem war er der selbsternannte "Volksbürgermeister" von Slawjansk auch vielen Ukrainern völlig unbekannt.
Separatisten wollen Austausch

Nun besteht er genüsslich darauf, dass vor allem er darüber entscheidet, ob die "Nato-Spione" freigelassen werden. Mit den fünf Ukrainern im OSZE-Team wolle er inhaftierte Gleichgesinnte freipressen, sagt Ponomarjow. Die pro-westliche Führung in Kiew bezeichnet er verächtlich als "Junta".

Es ist ein bizarres Bild: Neun Männer sitzen an einem langen, lackierten Tisch, hinter ihnen Topfpflanzen und eine Fahne mit weißer Friedenstaube auf hellblauem Grund. Maskierte Männer in Tarnuniformen und mit Sturmgewehren überwachen die Szenerie.

Kurz zuvor hatten andere Separatisten im Überschwang des Triumphs drei festgesetzte Agenten des ukrainischen Geheimdienstes SBU, geknebelt und in Unterhosen, dem russischen Staatsfernsehen präsentiert.

Erinnerung an Gladbeck

Fast fühlen sich Beobachter an die Geiselnahme von Gladbeck 1988 erinnert, als Kriminelle ein Podium in nicht gekannter Form erhielten. Immerhin werden die Männer gegen ihren Willen festgehalten. Und dann lädt Ponomarjow gleichsam zur launigen Live-Gesprächsrunde ein. Der ukrainische Politiker Vitali Klitschko nannte Ponomarjow offen einen "Terroristen". "Nur Terroristen können Geiseln nehmen", sagte der frühere Box-Weltmeister der "Bild am Sonntag".

Das OSZE-Team war nach eigenen Aussagen unbewaffnet im krisengeschüttelten Osten der Ex-Sowjetrepublik unterwegs, um die Lage zu sondieren. Bei ihrer Festsetzung hätten sie "gelogen und verdächtige Dokumente" bei sich getragen, behaupten die Separatisten.

Bloßstellung des Westens

Mit der Präsentation der "Gefangenen" wollten die Aktivisten den Westen bloßstellen, meint die Moskauer Politologin Lilija Schewzowa. Doch auch für ihre "Schutzmacht Russland" komme die Festsetzung zur Unzeit. Der Kreml bezeichne die Demonstranten seit Monaten als Freiheitskämpfer, da passe eine solche "Geiselnahme" schlecht ins Bild, sagte Schewzowa dem Radiosender Echo Moskwy.

Das russische Außenministerium verurteilte die Festsetzung am Wochenende zwar, gibt der ukrainischen Führung aber weiterhin eine Mitschuld. Kiew habe die Gruppe "schutzlos in ein Krisengebiet" geschickt. Außenminister Sergej Lawrow forderte zudem seinen US-Amtskollegen John Kerry dazu auf, sich gegenüber Kiew für die Freilassung pro-russischer Inhaftierter einzusetzen.

Bundespräsident Joachim Gauck forderte die Handelnden in Russland und in der Ukraine auf, die OSZE-Beobachter freizulassen. "Ich appelliere an alle Verantwortlichen dort, Vernunft walten zu lassen."

... und natürlich, wie so oft bei T-Online wenn die Kritik an ihrem Geschreibsel zu groß wird:

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