Montag, 12. August 2013

Europa: Vorbereitungen zur Enteignung der Bank-Kunden haben begonnen

Thema: Zwangsabgabe
Die Schweiz macht den Anfang

Die Schweiz hat als erstes Land in Europa Regeln festgelegt, wie die Banken die Sparer bei einer Pleite zu enteignen haben. Gleichzeitig laufen Bestrebungen, die Flucht ins Bargeld zu stoppen. Deutschland wird ebenfalls bald bekanntgeben, wie hoch die Zwangsabgabe für Bank-Kunden ausfällt. Erhöhte Wachsamkeit ist angebracht.


Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verfolgt gespannt, wie die Eidgenossen seinen Plan zu Banken-Rettung umsetzen. Wenn die Sparer in der Schweiz stillhalten, dann kann die Zwangsabgabe auch in Deutschland eingeführt werden.
(Foto: DWN/Laurence Chaperon)
Die Kunden der Schweizer Großbanken UBS und Credit Suisse haben seit Mittwoch die Gewissheit: Einlagen über 100.000 Franken sind bei diesen Banken nicht mehr sicher, sondern werden im Fall der Insolvenz-Gefahr einer der beiden Banken massiv zur Rettung des Instituts herangezogen.

Das Positionspapier der Schweizer Bankenaufsicht Finma folgt ziemlich genau der „Blaupause“, die der Euro-Gruppenführer Jeroen Dijsselbloem vor einigen Monaten verkündet hatte (hier).
Der Plan folgt im Wesentlichen den Vorgaben von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der von den Bank-Kunden einen Soli erwartet, damit der Euro und mit ihm das Weltfinanz-System gerettet werden können (Details – hier). Im Hinblick auf die vielen wohlhabenden Kunden der UBS und der Credit Suisse zeigt die Nachricht: Es dürfte viel schlechter um die die europäischen Banken stehen als man den Bürgern bisher erzählt hat.

Erstmals hat damit eine wichtige europäische Bankenaufsicht einen Plan vorgelegt, was im Crash-Fall mit den Großbanken des Landes geschehen wird: Die Schweizer Finanzmarktaufsicht hat verfügt, dass es für Guthaben über 100.000 CHF eine Zwangsabgabe geben muss. Die Finma hat weiters offiziell bekanntgegeben, dass die Großbanken UBS und Credit Suisse nicht mehr vom Steuerzahler gerettet werden, wenn sie vor der Pleite stehen.

Die Finma wird, sobald es Probleme bei einer der beiden Banken gibt, das Kommando übernehmen – und Sparer, Gläubiger und Inhaber von Anleihen zur Kasse bitten. Die Behörde kann jeweils 300 Milliarden Franken von den Banken konfiszieren und in Aktien der Banken umwandeln, wenn die Eigenkapitalsituation in dem Unternehmen als kritisch eingeschätzt wird.


(Foto: picture alliance / dpa)
Die Entscheidung der Finma ist von großer Bedeutung: Erstmals nach der Zwangsabgabe von Zypern und den Beschlüssen der EU zur Zwangsabgabe bei Banken-Rettungen hat eine Aufsichtsbehörde einen konkreten Ablaufplan für den Crash von systemrelevanten Banken in ihrem Land bekanntgegeben.

Das ist bemerkenswert: Denn damit sagt die Finma, dass der Crash der Großbanken UBS und Credit Suisse kein Hirngespinst, sondern eine reale Möglichkeit ist. Die beiden Banken haben, wie die Deutsche Bank und alle anderen europäischen Banken, Milliarden-Risiken an Derivaten (Wetten) im Keller lagern. Diese finden sich nur zum Teil in den Bilanzen. Als Over the Counter (OTC) Geschäfte müssen sie nicht bilanziert werden – was die Lage nur schlimmer macht.

Hier setzt nun die Finma an: Sie hat im Jahr 2008 die UBS mit 40 Milliarden Schweizer Franken retten müssen. Zwar hat die UBS in den vergangenen Jahren versucht, sich zu verkleinern – etwa, indem sie sich vom Investment-Banking verabschiedet hat -, doch niemand in den Schweizer Aufsichtsbehörden möchte die Verantwortung über die gigantischen Risiken übernehmen, die bei den beiden Instituten schlummern.

Die Schweiz möchte auch nicht, dass erneut die Steuerzahler gerade stehen müssen. Daher hat die Finma nun einen „Bail-In“ angeordnet: Die Großbanken müssen nach dem Modell gerettet werden, dass die EU-Finanzminister und die EZB für die Europäischen Banken beschlossen haben.

Drittbanken, Gläubiger, Aktionäre, Inhaber von Anleihen und Sparer müssen bezahlen.
Damit sind die UBS und die CS nun gezwungen, künftigen Gläubigern höhere Zinsen zu bezahlen – weil kein Mensch einer Bank Geld geben wird, bei der er sicher weiß, dass sie im Crash-Fall sein Darlehen vernichten wird. Die CS musste bereits neulich 6,5% Zinsen für Anleihen bezahlen, die im Crash-Fall zwangsweise in Eigenkapital umgewandelt werden.

Für viele Spekulanten sind solche Anlagen eine willkommene Möglichkeit, gute Zinsen mit Risikoaufschlägen zu verdienen. Die Investments können mit Kreditversicherungen abgesichert werden (CDS). Es wird erwartet, dass sich die beiden Großbanken auf diesem Weg zwar Geld beschaffen können, es jedoch wesentlich teurer wird.

Damit die Banken nicht über Nacht zusammenbrechen, hat die EZB verkündet, die Politik des billigen Geldes so lang als möglich fortzusetzen. Auf diese Weise soll nun den Banken Zeit gekauft werden, damit sie sich Puffer aufbauen können, um nicht zu schnell umzufallen.


Logo der Bank Credit Suisse (Archiv)(Keystone)
Praktisch werden sich in der Schweiz jedoch vor allem die Sparer vorsehen müssen: Denn die professionellen Anleger kommen zu einem erheblichen Teil aus den USA, Großbritannien und Offshore-Plätzen. Es ist rechtlich umstritten, ob die Schweiz auch diese Anleger zum Schuldenschnitt zwingen kann. Wie man schon bei den Hedge-Fonds in Griechenland gesehen hat, bietet eine solche Situation Anreize für besonders ausgebuffte Zocker: Sie gehen fast immer als Sieger vom Feld, weil sie sich im Streitfall Zugriff auf die Assets einer strauchelnden Bank verschaffen (hier). Dies war auch in Argentinien zu sehen, wo der Hedge Fonds des Milliardärs Paul Singer beim säumigen Schulden-Staat ein Kriegsschiff beschlagnahmen ließ.

Die kleinen Sparer oder der wohlhabende Mittelstand können solche Spiele nicht mitmachen.

Sie werden den vollen Zugriff des Regulierers zu spüren bekommen.

Das Schweizer Modell ist die erste Umsetzung der Banken-Rettung über einen Bail-In, also die Sparer.
Die anderen europäischen Staaten werden folgen. In Deutschland dürfte eine solche Regelung mit Sicherheit die Deutsche Bank und die Commerzbank betreffen. Die Deutsche Bank bereitet sich auf den Ernstfall bereits vor: Sie hat vor kurzem angekündigt, Kredite für die Sicherheitspuffer aufnehmen zu wollen, wie die FAZ berichtet.

Die Entwicklung der Deutschen Bank ist der der UBS sehr ähnlich: Auch hier versucht das Management, mit einem langsamen Abbau des Geschäfts auf Zeit zu spielen: Man will die Regulierer nicht ärgern, möchte aber unter keinen Umständen auf die lukrativen Kasino-Geschäfte verzichten.

Die Derivate der Bank gelten allerdings als Megarisiko.

Bank-Kunden müssen daher nun höchst wachsam sein: Die Schweizer Entscheidung ist der erste Schritt, die Enteignung der Bank-Kunden in die Praxis umzusetzen. Die Banken sind nach wie vor extrem riskant, weshalb ein Crash jederzeit eintreten kann.

Viele Auswege haben die Sparer allerdings nicht. Wegen der verschiedenen Manipulationen kann der normale Anleger eigentlich nur noch versuchen, seine Verluste zu minimieren.

Einen Rückweg wollen die Schweizer ihren Sparern auf jeden Fall abschneiden: die Flucht in das Bargeld. Der Züricher Tagesanzeiger berichtet, dass der 1.000-Franken-Schein in ungewöhnlich großem Ausmaß im Umlauf ist, weil die Sparer den Banken nicht mehr trauen und ihr Erspartes lieber unter der Matratze als auf der Bank aufbewahren wollen (hier).

Mehrere Schweizer Politiker haben daher nun den 1.000 CHF-Schein zum Anachronismus erklärt und seine Abschaffung gefordert. Die Sparer sollten, so die Politiker, ihr Geld doch zur Bank tragen, weil bargeldloses Zahlen doch viel moderner sei.

Die Schweizer Medien haben von der spektakulären Mitteilung der Finma im Übrigen kaum berichtet, wie der Finanzblog Insideparadeplatz verwundert feststellt.

Denn tatsächlich geht es jetzt ums Ganze: Die angelsächsischen Bondholder haben sich, anders als die Schweizer mit ihren verschlafenen Medien, längst das Finma-Papier geholt und ihre Anwaltskanzleien in die Spur geschickt. Sie werden gegen die Enteignung rücksichtlos vorgehen.

Daher, so Insideparadeplatz, steige die Wahrscheinlichkeit, „dass der Schweizer Kleinsparer der beiden Großbanken die Zeche für eine Schieflage von UBS und CS zahlen müsste“.
Auch dieses Vorgehen entspricht der Blaupause, auf die sich die europäische Politik mit den Banken verständigt hat.

Die Großen zahlen nicht für die Zeche.

Egal, wieviel sie getrunken haben.

Mit freundlicher Genehmigung von DEUTSCHE WIRTSCHAFTS NACHRICHTEN


Kommentar


Julia la prémiere sagt:
Gerade bei den DWN wird man im Minutentackt informiert. Wie kann es sein , Menschen haben “Ersparnisse” noch auf einer Bank. Kann nur mit dem Kopf schütteln. Entweder hat man soviel Geld, zum Beispiel ein “Kleinsparer” oder man hat sehr wenig ansparen können. Mit mehr als 100 000 Euro kauft man Land oder Immo, mit weniger kauft man Überlebensreserve oder gönnt sich eine Reise.
Ich persönlich habe nur in Grundstücke und Haus investiert. Natürlich will jetzt meine kleine Gemeinde( Bürgermeister) mein Grundstück abkaufen. Bekommt er aber nicht.
Die DWN können sich müde schreiben, doch der dumme Mensch begreift es immer noch nicht. Die die kein Geld haben können also ganz beruhigt sein, denen kann man nichts mehr stehlen, aber die mit Spargeld sollten so richtig getroffen werden, vielleicht lernen sie es im nächsten Leben. Dummheit kann ich am wenigsten ertragen und jammern noch weniger.Die Macht hat immer noch die Mehrheit eines Volkes.


Elch sagt:
Fast schon stündlich werden wir mit ‘neuen’ Überraschungen beglückt! :-)

ZITAT:
Keine Obergrenze bei ESM-Nachschusspflicht
Berlin (ots) – AfD fordert Offenlegung aller Risiken

Laut einem vertraulichen Bericht des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags gibt es keine Haftungsobergrenze für den deutschen Beitrag zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Damit widerspricht der Dienst den Darstellungen der Bundesregierung, die stets 190 Milliarden Euro als Obergrenze nannte.
Die Nachschusspflicht könne auf 700 Milliarden Euro (Stammkapital des ESM) oder gar noch mehr steigen, ohne dass der Bundestag irgendeine Vetomöglichkeit habe. Der Finanzwissenschaftler Stefan Homburg sprach in diesem Zusammenhang von einem “zutiefst korrupten Begünstigungssystem”.
AfD-Sprecher Bernd Lucke sieht die Kritiker des ESM bestätigt: “Wer sich mit der Materie beschäftigt hat, wusste natürlich um das Problem der Nachschusspflicht. Aber es ist schön, dass der wissenschaftliche Dienst des Bundestags unsere Sicht der Dinge nun bestätigt. Dies ist insbesondere für das noch laufende Verfahren des Bundesverfassungsgerichts von großer Bedeutung.”
Dennoch zeigt sich Lucke skeptisch, was eine Überarbeitung der Verträge betrifft. Der ESM sei schließlich mit großer Mehrheit des Bundestags verabschiedet worden und so zu einem völkerrechtlich bindenden Vertrag geworden. Es sei kaum vorstellbar, dass die übrigen europäischen Länder, die ja im Zweifelsfall zu den Profiteuren gehörten, einer Vertragsänderung zustimmen würden.
Auf jeden Fall aber müsse die Bundesregierung der Bevölkerung endlich reinen Wein einschenken.
“Es kann nicht angehen, dass man der Bevölkerung die enormen Risiken der Rettungsmechanismen verschweigt. Denn am Ende sind es die Bürger, die mit ihren Steuern und Ihren Vermögen hierfür gerade stehen werden müssen”, so Lucke abschließend.
OTS: Alternative für Deutschland newsroom: http://www.presseportal.de/pm/110332 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_110332.rss2
ZITAT ENDE
Quelle: http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2013-08/27658258-keine-obergrenze-bei-esm-nachschusspflicht-007.htm
Jetzt bin ich aber platt!
Damit hätt’ ich ja überhaupt nie nicht gerechnet!
:-)
Wie?
Nein!
Das ist nicht wirklich lustig und es wird kein Spaß für die etablierte Politik werden, wenn Bürgern, wie ich einer bin, der Sicherungsstift rausfliegt!


Goldmorgs sagt:
Das BVerfG hat, zu danken die Mühe derjenigen die Beschwerde eingereicht haben, die Verfassungswidrigkeit einer unbegrenzte Nachschusspflicht angedeutet (ESM 12.9.2012 BVerfG) (www.ayaan.de/D). Den ESM Vertrag hat Deutschland nicht ganz ungeändert ratifiziert. Erweiterte Haftung Deutschlands bedarf neuer Entscheidung des Bundestags. Ich habe mit eigenen Augen mit Vergnügen beobachtet, dass niederländische Minister / Bedienstete der amerikanische GoldMorgs hysterisch geäußert haben, das BVerfG dürfte niemals mehr fähig sein so etwas zu machen. JoJo.



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