Mittwoch, 28. August 2013

"Die müssen raus aus Bayern" - Seehofer gegen Preißn

Thema: Pressefreiheit

Seit 22.08.2013 steht auf der Seite der CDU/CSU Bundestagsfraktion zu lesen:

Wir stehen zu uneingeschränkter Pressefreiheit in Deutschland,
Voraussetzung für das Funktionieren eines demokratischen Rechtsstaates


Anscheinend hat das der bayerische Landesfürst noch nicht mitbekommen denn jetzt erfährt man wieder mal Dinge über ihn...
So liest man bei der Abendzeitung-online über das Presseverständnis des Herrn Horst Seehofer:
Horst Seehofer hat ein besonderes Sendungsbewusstsein. Das ähnelt dem von Fidel Castro. Die Partei des Máximo Lider regiert Kuba seit 52 Jahren. Übertroffen wird das autoritäre Regime nur von der CSU, die in Bayern schon 56 Jahre an der Macht ist.
[...]
Vielleicht will er ja eine Residenzpflicht für Journalisten einführen, so wie für Asylanten. Wenn es am 15. September in Bayern zu keiner Sendestörung kommt und der Wähler entscheidet: „Seehofer-Programm nicht mehr verfügbar.“
und t-online schreibt:


Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (Quelle: imago)
Horst Seehofer hat ein zwiespältiges Verhältnis zu Journalisten: Mal dürfen sie "alles senden", mal sind sie "wie Bluthunde". Über WDR-Reporter hat sich der bayerische Ministerpräsident jetzt nach echter Gutsherrenart aufgeregt. Chefredakteur Jörg Schönenborn reagierte kühl.
 
Ein Holztisch mit Hockern auf einer Wiese der Zisterzienserinnenabtei Oberschönenfeld, zwei Gläser Wasser und dazu Horst Seehofer, der sich über weite Strecken im Plauderton mit ZDF-Mann Thomas Walde unterhält: Es waren beschauliche Bilder zum Sommerinterview mit dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef, die der Sender am Sonntagabend ausstrahlte. Seehofer wirkte entspannt und gut gelaunt. Auch wenn Walde Fragen zu der für die CSU eher lästigen Verwandtenaffäre stellte, blieb der 64-Jährige gelassen.

Dass er auch anders kann, zeigte Seehofer dagegen zuletzt in Würzburg. Es gab in diesem Fall zwar keine Fernsehkamera, die auf den bayerischen Regierungschef gerichtet war. Aber nach der Wahlkampfveranstaltung "Seehofer direkt" standen zwei Journalisten der "Main-Post" neben ihm. Sie notierten seine Worte, über die jetzt selbst Seehofers Koalitionspartner, die FDP, empört ist. Die Liberalen sprechen von einem "unerhörten Vorgang" und werfen den Christsozialen Selbstherrlichkeit vor.

Nur fünf Wörter hat der Satz, der Seehofer wie einen Politiker erscheinen lässt, der nach Gutsherrenart zu entscheiden können glaubt, wer sich in seinem schönen Freistaat bewegen darf und wer nicht: "Die müssen raus aus Bayern." Diesen Satz sagte Seehofer dem Zeitungsbericht zufolge über ein WDR-Team, das für das ARD-Politmagazin "Monitor" drehte und dessen Redaktion in Köln sitzt. Offenbar war er verärgert über das Vorgehen der Journalisten.

Unbequeme Fragen, barsche Antworten

Das WDR-Team war vergangenen Freitag nicht wegen Seehofer nach Würzburg gekommen. Vielmehr wollten sie Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) zu einem Bericht des Obersten Bayerischen Rechnungshofes befragen, den die Behörde wegen der Verwandtenaffäre erstellt hatte. Die Angelegenheit hatte bereits eine Vorgeschichte: Telefonischen Anfragen von WDR-Journalist Stephan Stuchlik war Stamm nach dessen Angaben zuvor ausgewichen, schließlich habe sie abgesagt, weil sie die Sorge habe, in einem falschen Licht dargestellt zu werden. So sagte es Stuchlik SPIEGEL ONLINE.

Der WDR-Mann fuhr dennoch mit seinem Team nach Würzburg, wo Stamm am Freitag bei dem Seehofer-Termin erwartet wurde. Die ARD-Journalisten waren ordnungsgemäß akkreditiert, gingen nach eigenen Angaben auf Stamm zu und baten die CSU-Politikerin um die Beantwortung zweier Fragen. Stamm sagte, das Team sei mit laufender Kamera auf sie zugekommen, ohne vorher um ein Interview zu bitten. Stamm habe daraufhin "unwirsch" reagiert und erklärt, dass dies "kein guter Stil" sei, sagt Stuchlik. Die CSU-Politikerin hat sich zuletzt vehement dagegen gewehrt, die Namen von Abgeordneten zu nennen, deren Finanzgebaren vom Obersten Rechnungshof kritisiert worden waren. Betroffen sind - wie zuletzt auch in der Verwandtenaffäre - unter anderem auch Politiker der CSU.

"Selbstherrliches Denken"

Seehofer wurde in Würzburg offenbar darüber informiert, was sich am Rande der Wahlkampfveranstaltung abgespielt hatte. Jedenfalls kam er irgendwann in den Hof des Veranstaltungslokals Luisengarten und fragte nach den WDR-Leuten, die zu dem Zeitpunkt nicht mehr dort waren. "Das geht so nicht", sagte Seehofer laut der "Main-Post" über das Auftreten der WDR-Journalisten. Er werde sich sofort darum kümmern. Und dann folgte der Satz: "Die müssen raus aus Bayern."

Der bayerische Ministerpräsident, der vor seinem Auftritt in Würzburg bereits in Kinzingen aufgetreten war und einen anstrengenden Wahlkampftag hinter sich hatte, sei in dem Augenblick "richtig genervt" gewesen, sagte Henry Stern, einer der beiden Autoren des "Main-Post"-Artikels, SPIEGEL ONLINE. Dann war Seehofer zusammen mit seinen CSU-Begleitern auch schon wieder weg.

Der Vorfall sorgt für Ärger, auch bei der FDP, dem Koalitionspartner der CSU. Sollten die Berichte zutreffen, "wonach Horst Seehofer die Berichterstattung des ARD-Politmagazins 'Monitor' beeinflussen wollte, ist das ein unerhörter Vorgang", erklärte Bayerns FDP-Generalsekretärin Miriam Gruß. Ein weiteres Mal zeige sich "das selbstherrliche Denken einer Partei, die politische Macht viel zu lange als ihr Eigentum betrachtet hat".

WDR-Chef: "Auch in Bayern gilt die Rundfunkfreiheit"

Seehofer trete "demokratische Grundprinzipien wie Presse- und Demonstrationsfreiheit mit Füßen", erklärten die Grünen. Auch die CSU in Bayern könne "nicht einfach Journalisten rauswerfen, die ihr nicht passen", hieß es von der SPD.

Am Montagabend reagierte WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn auf Seehofer: "Mag sein, dass unsere Fragen für hohe politische Amtsträger manchmal unbequem sind. Aber wir stellen sie, auch in Bayern", erklärte Schönenborn. "Auch dort gilt die Rundfunkfreiheit."

Das Verhältnis zwischen der CSU und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk war zuletzt nicht ganz einfach: Erst im vergangenen Jahr hatte Seehofers Sprecher Hans Michael Strepp zurücktreten müssen, weil er versucht haben soll, Einfluss auf das ZDF zu nehmen. Seehofer kommt normalerweise gut mit Journalisten aus. Legendär ist etwa sein Satz: "Sie können das alles senden", als er vor laufender Kamera über Norbert Röttgen von der CDU lästerte. Als ihm vor wenigen Wochen die Berichterstattung über den Fall Hoeneß jedoch zu weit ging, sprach er von "Bluthunden".
Zu dem Vorfall in Würzburg erklärte am Montag ein CSU-Sprecher, dass Parteichef Seehofer "sein Missfallen über das unangemessene Auftreten des 'Monitor'-Teams zum Ausdruck gebracht" habe. "Es ging nicht um Inhalte, sondern um die Einhaltung der Anstandsregeln." Seehofer werde den Intendanten des WDR um Stellungnahme bitten.

WDR-Journalist Stuchlik hat erst durch die Medienberichterstattung von dem Seehofer-Satz erfahren, der unter anderem ihm galt. Stuchlik lebt in Köln, ist aber in Landshut geboren und in Passau aufgewachsen: "Dass Seehofer mich, einen gebürtigen Bayer, aus Bayern ausweisen will, finde ich reichlich seltsam."
27.08.2013, 10:40 Uhr | Von Björn Hengst, Spiegel Online


Kommentare

Wird man so, wenn man die Ausbildung bei Landesfürsten gemacht hat, die beinahe wie Götter verehrt werden und niemand Anderen neben sich geduldet haben?
Oder liegt es an der Einmaligkeit der geografischen Lage?
Man sagt: "In Bayern ist der Himmel blauer, das Gras ist grüner und die Sonne scheint heller als im Rest der Republik", oder sagen das die Bayern von sich?
Egal - es ist bekannt, das in Bayern Sonderrechte gelten, schon immer gegolten haben.
In Allem, sogar in der Justiz.

In Vor-Internet-Zeiten, also als es mal gerade drei Fernsehprogramme gab und in Bayern noch Zucht und Ordnung herrschten, Landesvater war F.-J. Strauss, da konnte er seine Wähler noch sehr leicht vom Rest der Welt abkoppeln. Bayern klinkte sich einfach aus dem Fernsehprogramm der ARD aus.
Es werden nicht viele gewesen sein die wussten, dass es auch noch andere Parteien gab als die CSU. Manch einer hat sich wohl gar nich vorstellen können, dass auch außerhalb Bayerns noch Menschen leben.

Diese Zeiten sind vorbei. Das Internet hat auch in Bayern Einzug gehalten.
Zumindest die Großkopferten trauern diesen Zeiten nach, das allerdings auch im Rest der Republik. Da ist das Internet für manche sogar #Neuland.
Anscheinend ist es bei Seehofer einfach "drin" und er kann gar nichts dafür, dass er meint es sei alles Eigentum der CSU und er als Parteichef habe die Verfügungsgewalt, ohne ihn ginge gar nichts. Selbst die Pressefreiheit gilt nur dort, wo er es will in seinem Bayern.


Zwischenzeitlich, als er sich so gar nicht christlich und auch gegen alle CSU-Regeln außerfamiliär vermehrt hatte, konnte man den Eindruck haben bei Seehofers seien moderne Zeiten angebrochen, aber die Aufregung ebbte doch ziemlich schnell wieder ab.

Klar ist es schwer zu vermitteln, dass Bayern nur ein Teil von Deutschland ist und nicht der Nabel der Welt und es wird seine Zeit dauern bis der Letzte das verstanden hat.

Ein erster, heilsamer Schock könnte sein, wenn die CSU am 15. September feststellen muss: Es gibt neben uns noch andere Parteien und die haben sogar mehr Stimmen bekommen.

Spätestens am Abend des 15. September wird Seehofer dann doch über Einiges nachzudenken haben, z.B ob eine Familienversorgung von Parteimitgliedern oder der Kauf mehrerer Kameras eines CDU-lers auf Steuerzahlerkosten oder das Jahrelange Einsperren eines Unschuldigen in die Psychiatrie, wirklich so gute Ideen waren.



Indie
Es wird Zeit das diese Selbstherrlichen und Unnahbaren mal gezeigt bekommen, das sich die Welt nicht nur um die CSU dreht!
Ich habe Jahrzehnte lang diese Partei gewählt und musste in den letzten 10 Jahren feststellen, das dies ein großer Fehler war. Diese Menschen akzeptieren keine andere Meinung, keine Widerworte und sind durch ihre meist extrem langen Dienstzeit so eng in alle öffentliche Kreise verwurzelt das sie wirklich fast Unnahbar sind und so begegnen sie auch ihren Gegenüber. Man sollte die Amtszeiten beschränken um diesen entgegenzuwirken. Sorry, aber ich bin auf diese Selbstverliebten stinksauer!


Mooge
Ist ja auch furchtbar, wenn sich jemand traut im bayrischen Sumpf zu wühlen.


Spinne
CDU und CSU auf dem Weg zur Diktatur??Das hätten wir doch schon unter Strauß haben können.Nein DANKE
Wir haben eine und möchten sie auch behalten.
DIE PRESSEFREIHEIT



Sendlinger
Recht hat er!!
Und wem bei uns nicht passt, der kann sich gleich wieder schleichen!
Jawoll Herr Sendlinger!



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