Mittwoch, 16. Oktober 2019

Proteste in Barcelona - Polizei mit Knüppeln und Gummigeschossen unterwegs

Thema: Katalonien

Proteste in Barcelona
«Am Flughafen lagen überall Menschen herum»

Die Proteste vor dem Flughafen in Barcelona sind am Montagabend eskaliert. Polizisten setzten Gummischrot und Tränengas ein. Flüge wurden gestrichen.

Proteste in Barcelona - Foto Screenshot
Nachdem am Montag bekannt wurde, dass neun der angeklagten katalanischen Separatistenführer in Spanien schuldig gesprochen worden waren, brachen in Barcelona gegen Abend Proteste aus. Dabei wurden 75 Personen verletzt, wie die Rettungsdienste des Flughafens mitteilten.

Auf Videos ist zu sehen, wie die Polizei mit Schlagstöcken auf die protestierenden Menschen losgeht. Diese hatten den Flughafen und verschiedene Strassen blockiert.

Am Flughafen übernachtet

Ein Leser-Reporter hatte am Nachmittag versucht, zum Flughafen vorzudringen, scheiterte aber, da das Taxi im Getümmel stecken blieb. «Wir mussten fast eine Stunde zum Flughafen laufen», erzählt er. Dort sei ihr Flieger bereits als verspätet angezeigt gewesen. Kurze Zeit später sei klar geworden, dass der Flug gestrichen wird.

«Zu diesem Zeitpunkt konnten wir den Flughafen bereits nicht mehr verlassen», so der Leser. Man sei zwischen verschiedenen Terminals hin und her geschickt worden, musste sich aber schliesslich eine Schlafstätte suchen. «Überall lagen Menschen herum.»

600 Passagiere betroffen

Aber auch am nächsten Tag konnte der Leser den Rückflug noch nicht antreten. «Der nächste Flug für uns geht erst am Mittwochmorgen und wir müssen über Lissabon zurückfliegen. Zurück zu unseren Kindern.» Am Dienstag durften sie aber wenigstens den Flughafen wieder verlassen. «Jetzt sind wir endlich in einem Hotel und können uns erholen. Lust auf Sightseeing haben wir keine mehr.»

Die Swiss bestätigt, dass am Montag drei Flüge und am Dienstag ein Flug von und nach Barcelona gestrichen werden mussten. Insgesamt waren rund 600 Passagiere betroffen. «In der Zwischenzeit wurden jedoch alle betroffenen Passagiere umgebucht. Ein Grossteil dieser Kunden hat mittlerweile die jeweilige Zieldestination erreicht», sagt Mediensprecher Stefan Vasic.

«Gummischrot und Tränengas»

Auch ein zweiter Leser-Reporter war von den Protesten betroffen. «Wir landeten kurz nach 16 Uhr in Barcelona und konnten unser Gepäck normal holen. Danach erklärte uns ein Polizist, dass draussen eine Demonstration staffinde und wir drinnen warten sollen», erzählt er.

Gegen 20 Uhr habe sich dann plötzlich eine grössere Menschenmasse in Bewegung gesetzt. Man habe ihm gesagt, dass der Bahnhof am anderen Terminal offen sei. «Dann sind wir mit vielen Reisenden, aber auch Protestierenden etwa sieben Kilometer zum anderen Terminal gelaufen. Die Stimmung war sehr friedlich. Die Proteste richteten sich ja nicht gegen die Touristen», sagt der Leser. Von dort aus gelang es ihnen schliesslich, einen Zug in die Stadt zu nehmen. «Gegen 24 Uhr kamen wir im Hotel an.»

Urteil gegen Separatistenführer

Im Prozess gegen die katalanischen Separatistenführer hat das Oberste Gericht in Madrid am Montag mitgeteilt, dass neun der Angeklagten des Aufruhrs für schuldig gesprochen wurden. Von einer Verurteilung wegen des von der Staatsanwaltschaft eingebrachten Vorwurfs der Rebellion, die mit Gefängnisstrafen von bis zu 25 Jahren geahndet wird, sahen die Richter ab.

Die Angeklagten wurden zu langjährigen Freiheitsstrafen von bis zu 13 Jahren verurteilt. Zudem hätten sich einige von ihnen der Veruntreuung öffentlicher Gelder schuldig gemacht, hiess es. Drei weitere angeklagte Ex-Politiker wurden des Ungehorsams schuldig gesprochen.

Foto Scrennshot
Beim Verfahren ging es um die Rolle der Separatistenführer beim verbotenen Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017 und einem daraus resultierenden Unabhängigkeitsbeschluss der Regionalregierung in Barcelona

Die Hintergründe

Katalonien kämpft nun seit beinahe 300 Jahren für die Unabhängigkeit von Spanien. Besonders stark wurde dieser Wunsch unter anderem während der Franco-Diktatur, die 1939 mit dessen Einmarsch in Barcelona begann. Fortan war die katalanische Sprache offiziell verboten und die Leute wurden gezwungen, Spanisch zu sprechen und den spanischen Bräuchen zu folgen.

Nach dem Ende der Diktatur wurde die katalanische Sprache wieder erlaubt, die vom Volk hart erkämpfte Selbstverwaltung Kataloniens wurde 2010 aber als verfassungswidrig erklärt. Daraufhin brachen Massenproteste aus.

Die Unabhängigkeitsbewegung kulminierte schliesslich in einem Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober 2017, bei dem 2,26 Millionen Katalanen abstimmten. 90 Prozent davon stimmten für die Unabhängigkeit von Spanien. Das Referendum wurde vom spanischen Staat allerdings für illegal erklärt und mehrere Politiker wurden wegen Aufruhrs in Gefangenschaft genommen. (doz)

Mit freundlicher Genehmigung von 20min.ch

» der Kommentar des Blogschreibers «

Ist es das, was die "Westliche Wertegemeinschaft" die "Freie Selbstbestimmung der Völker" nennt? Oder gilt das nur für Völker, die von der "Westlichen Wertegemeinschaft" ausgesucht werden? Alle anderen werden von den Sicherheitsorganen der "Westliche Wertegemeinschaft" mit Knüppeln und Gummigeschossen behandelt, als seien es wilde Tiere.

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