Freitag, 30. Oktober 2015

Lobbyisten setzen sich durch - EU-Parlament beendet das Internet-Paradies

Thema: Internet

Pressestimmen zur Netzneutralität
EU-Parlament beendet das Internet-Paradies

Die nahe Zukunft des Internets sieht ziemlich düster aus. Darin sind sich Presse, Verbraucherschützer und Netzaktivisten weitgehend einig. Mit seinem "Ja" zum neuen Telekommunikationsgesetzt habe das EU-Parlament einen tragenden Eckpfeiler des Internets erschüttert.

Am Dienstag verabschiedete das Europaparlament das neue Telekommunikationsgesetz. Damit erlangte eine lange und hitzige Debatte einen neuen Höhepunkt. Denn das Gesetz unterspült die Netzneutralität. "Bisher war Netzneutralität ein tragender Pfeiler des Netzes", schreibt die "Landeszeitung" (Lüneburg). "Jedes Datenpaket wurde gleich schnell transportiert – egal, ob es von einem Weltkonzern gesendet wurde oder von einem Aktivisten, der diesen kritisierte. Das EU-Parlament beendet diesen paradiesischen Zustand."

Vorfahrt für zahlende Kunden

Bereits jetzt genießen bei überlasteten Leitungen gewisse Daten Vorrang – zum Beispiel die Kommunikation von Notdiensten. Das gilt aber nur bei Überlastung. Künftig können die Provider den Internetverkehr eines Kunden zugunsten eines anderen drosseln und zahlungskräftigen Kunden

Vorfahrt gewähren.

Das Gesetz sei somit "die Blaupause für ein Internet des Geldes", schreibt "Zeit Online". Das Internet sei aber schon lange kein Ponyhof mehr, die Kommerzialisierung ist längst da.

"Das Netz wird ungleicher"

Die "taz" meint dazu: "Die Rechnung ist einfach: Finanziell gut gerüstete Konzerne (...) können es sich leisten, den Providern ein bisschen etwas zu zahlen, damit ihre Inhalte im nichtneutralen Netz schneller zum Nutzer kommen. Junge Unternehmen, die den Konzernen Konkurrenz machen könnten, jedoch nicht. (...) Das Netz wird also ein Stück ungleicher. Kommerzieller. Ein ziemlich hoher Preis dafür, dass im Gegenzug die Gebühren fürs Roaming fallen sollen."

Das "Handelsblatt" schreibt: "Niemand wird nein dazu sagen, dass ein schneller Datentransfer etwa zwischen Rettungswagen und Krankenhaus in der Internetleitung Vorrang vor der neuesten US-Serie haben sollte. Allerdings ist das Gesetz natürlich nicht so speziell formuliert. Und es schafft noch viele weitere Ausnahmen, die ebenfalls Spielraum für Interpretation lassen."

Kröte, die man schlucken musste

Die "Badener Zeitung" sieht es ähnlich: "Wenn Stau im Netz droht, sollen Videos oder Spezialdienste Vorrang haben. Künftig kann es also passieren, dass ein Werbefilmchen in Spitzenqualität läuft, während die Unterhaltung über Skype rauscht und ruckelt. Das kann die Urlaubsfreude unter Umständen mehr dämpfen als die Mobilfunkrechnung. Viele EU-Abgeordnete sehen es als die Kröte, die man schlucken musste, um den Unternehmen den Nulltarif beim Roaming abzuringen."

Auch die "Frankfurter Rundschau" schlägt in diese Kerbe: "Die netzpolitische Grundentscheidung hat aber noch weitreichendere Folgen. Sie untergräbt den digitalen Wettbewerb und stärkt die etablierten Großkonzerne auf dem Telekommarkt. Sie können sich gegen Start-ups einfacher behaupten."

"Am Ende scheitern sie"

"Golem" sieht die Zukunft nicht so düster: "Das Gute an vielen schlechten Internetgesetzen ist bisweilen: Am Ende scheitern sie doch an der digitalen Realität. Was für das deutsche Leistungsschutzrecht gilt, könnte in Teilen auch für die am Dienstag beschlossene Verordnung zum europäischen Binnenmarkt der elektronischen Kommunikation zutreffen."

Quelle: t-online.de

» der Kommentar des Blogschreibers «
Ein weiterer Schritt zur Banken- und Konzerndiktatur und zur totalen Entmündigung der Bürger

Kommentare

Theodor
Da haben Lobbyisten mal wieder ganze Arbeit getan und einen weiteren Beweis geliefert, dass wir in einer Lobbykratie statt einer Demokratie leben. Der Dilettantismus und die Feigheit unserer Abgeordneten nimmt erschreckend zu. Europa hat, so glaube ich fast, seinen Zenit bereits überschritten.

xanthippe
In der EU alles von der Industrie gesteuerte und bestochene Gauner. Siehe Juncker!

Eduard56
Und am Ende können Regierungen filtern, was Ihnen gefällt oder nicht gefällt. bislang machten das nur Diktaturen, demnächst auch die EU. :-)

tokom
Wieder einmal haben sich die Lobbyisten durchgesetzt, leider!

Firstsnip
Das mit den Roaming Gebühren kapiere ich sowie so nicht so richtig, ich fahre öfters mal beruflich in die Niederlande und dort loggt sich mein D1 Handy in T-Mobile NL ein und mein D2 Firmenhandy loggt in Vodafone NL ein. Also in genau in die selben Netze der Mobilfunkanbieter wie in Deutschland und genau die sind es doch die sich die Globalisierung und Liberalisierung des EU Binnenmarktes auf ihre Fahnen geschrieben haben, allerdings scheint das für die Kunden und Verbraucher nicht gelten zu sollen, siehe auch die horrenden Preisunterschiede im Mobilfunk zwischen den einzelnen EU Ländern, z.B. die aus meiner deutschen Sicht billigen Mobilfunkangebote in Österreich, z.B. kostete vor einiger Zeit eine Minute Prepaid in Österreich 0,03€ und in Deutschland immer noch 0,09€. Und DANK der Roaming Gebühren kann ich im ach so Binnenmarkt und Wirtschaftsliberalen EU Europa kein günstigeren Mobilfunkvertrag im EU Ausland abschließen was ich ja laut EU Freizügigkeit eigentlich machen könnte.

TF834
Das Geilste daran ist, dass man so auch Leute mit "falscher Einstellung" etwas drosseln kann.
Schon mal daran gedacht? Oder plappert man einfach nur die linke Stimmungsmache nach?
Das EU-Parlament ist in seiner aktuellen Zusammensetzung eine Ansammlung von meist linken, vollkommen unnützen Gestalten.
Wenn diese Richtlinie nicht für gezielte Meinungssteuerung im Netz benutzt wird, fress ich einen Besen!
Diesen Propagandisten brennt schon seit Monaten unter den Nägeln dass JEDER im Netz seine MEinung äußern kann und Facebook nicht genug zensiert in Europa.
Aber glaubt ruhig weiterhin die Geschichten von den pööösen Konzernen. Es war schon immer die Standard-Vorgehensweise von Linken, den Menschen einzureden dass die kapitalistischen Unternehmen die Wurzel alles Bösen sind.
Deswegen stehen sie auch alle so auf Apple..... HAHAHA!


Keine Kommentare :

Kommentar veröffentlichen

Der Kommentar erscheint manchmal erst nach Freigabe