Thema: Schuldenkrise läuft aus dem Ruder
Eine neue Studie des IWF kündigt eine beispiellose Welle von Zwangs-Maßnahmen gegen die Sparer in Europa an. Die Schuldenkrise werde durch eine Mischung aus „Steuern auf Ersparnisse, Verluste der Steuerzahler durch Schuldenschnitte, Inflation, Kapitalverkehrskontrollen und anderen Maßnahmen der finanziellen Repression“ beendet. Die Politiker Europas werden aufgefordert, ihre Realitätsverweigerung aufzugeben und zu handeln.
„Working Paper“ Handlungsanweisungen für die Lösung der europäischen Staatsschuldenkrise aufzuzeigen.
Das Ergebnis liegt nun vor – und es übertrifft die bisherigen Befürchtungen über das Ausmaß und die Lösungen der europäischen Schuldenkrise.
Zuletzt hatte der IWF eine zehnprozentige Schuldensteuer auf alle Nettovermögen in Europa vorgeschlagen, um den Schuldenstand auf das Vorkrisen-Niveau von 2007 zu drücken (mehr dazu hier).
Die EU hat die entsprechenden Maßnahmen eingeleitet, um dieser und einigen anderen Forderungen Genüge zu tun (mehr dazu hier).
Doch die Analyse von Reinhart und Rogoff zeigt: Alle bisher bekannten Maßnahmen werden nicht ausreichen, um die Schuldenkrise zu lösen.
Das IWF-Papier trägt den Titel: „Finanz- und Staatschulden-Krise: Lektionen, die wir aus der Vergangenheit gelernt haben – und solche, die wir vergessen haben“.
Die Kernaussage der schonungslosen Analyse: Die Lösung der europäischen Schuldenkrise wird durch brachiale Maßnahmen erfolgen. Die Idee, die europäischen Staaten könnten sich durch einen „Sparkurs“, „Verschiebung in die Zukunft“ und „Wachstum“ aus der Krise befreien, wird von den Autoren als schlichte Illusion entlarvt. Die Politik befinde sich in einem Zustand der „Leugnung“ der Realität und hoffe allen Ernstes, dass das Schulden-Desaster mit einigen wohldosierten Maßnahmen beendet werden könne.
Dies ist ein fataler Irrtum.
Reinhart und Rogoff benennen den wichtigsten Denkfehler der europäischen Politik: Diese glaube, dass wirklich brutale finanzielle Repression nur in Schwellenländern nötig und möglich sei, weil diese Staaten im Grunde keine Reputation zu verlieren hätten und sich die Auswirkung von massiven Zwangsmaßnahmen auf das Weltfinanzsystem daher in Grenzen halten würden.
Die IWF-Studie stellt jedoch klar: Die Euro-Staaten werden denselben Schock erleben wie die Staaten der Dritten Welt.
Es wird richtig hart werden.
Denn: „Die Größe des allgemeinen Schulden-Problems kann kaum überzeichnet werden. Die aktuellen Staatsschulden in den entwickelten Wirtschaften nähern sich einem in 200 Jahren nicht dagewesenen Rekord-Niveau.“
In dem Papier analysieren die Ökonomen die Krisen des vergangenen Jahrhunderts und zeigen, dass keine einzige Schulden-Krise ohne radikale Schnitte beendet werden konnte.
Die Autoren machen klar, dass die Politik zwar versuche, mit einer Form der „kollektiven Amnesie“ zu vergessen, dass Schuldenpolitik immer zu radikalen Zwangsmaßnahmen geführt habe. Doch sei klar, dass die Politik heute nur wählen könne, ob sie das Ende mit Schrecken früher wählt oder später. Je weiter eine Beendigung der Schuldenmacherei aufgeschoben werde, umso größer werden die Lasten sein, die die Bürger zu tragen haben werden: „Die Politik der Leugnung des Problems hat in einigen Fällen dazu geführt, dass sich die finalen Kosten des Schuldenabbaus verschlimmern werden.“
Das Papier fordert die Regierungen in Europa dazu auf, endlich der Realität ins Gesicht zu sehen. Mit kosmetischen Maßnahmen – für die vor allem eine technokratische Politikerin wie Angela Merkel steht – ist das Problem nicht zu lösen. Je länger das „Mantra“ von Sparkurs, Verschleppung und vager Wachstumshoffnung aufgegeben wird, umso schlimmer wird der Crash am Ende sein.
Die Geschichte gelte auch für heute – und lehrt, dass auch in hochentwickelten Staaten am Ende eines jeden Schulden-Zyklus ein brutaler Kassensturz stehen muss. Auch für das reiche Europa gilt der „Standard-Werkzeugkasten“, den der IWF in den Ländern der Dritten Welt verwendet.
Dieser Kasten enthält im Grunde nur Instrumente, mit denen Grausamkeiten begangen werden müssen: „Schuldenverzicht der Gläubiger, höhere Inflation, Kapitalkontrollen und andere Formen der finanziellen Repression“. Die Repression besteht, so die IWF-Autoren, vor allem aus einer „verdeckten Steuer auf Ersparnisse (opaque tax on savers)“.
Auch der Sparkurs müsse beibehalten werden. Allerdings reicht Haushalts-Konsolidierung allein „wegen der schieren Größe der Schulden“ keinesfalls aus, um das Problem zu lösen. Erschwerend komme hinzu, dass Schulden in der Regel VIEL (auch im Original in Versalien geschrieben!) höher sind als jene Schulden, die sichtbar sind. Dazu zählen die Autoren vor allem jene bereits in Gang gesetzten „Rettungsmaßnahmen“, die in Europa bereits in Milliarden-Höhe zur Brandbekämpfung eingesetzt haben. Sie haben nichts gebracht, wenn man die Arbeitslosigkeit in Europa betrachtet – haben jedoch die Schuldenstände in allen Euro-Staaten dramatisch in die Höhe getrieben.
Reinhart und Rogoff kommen bei der Betrachtung von 26 Beispielen von massiven Staatsschulden-Krisen zu dem Ergebnis, dass diese das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um durchschnittlich 1,2 Prozent nach unten gedrückt und im Durchschnitt 23 Jahre lang gedauert haben.
In bisher nicht bekannter Weise lässt der IWF hier zwei Autoren ein sehr düsteres Szenario malen. In der Regel behauptet der IWF, dass es sich bei solchen Überlegungen um „rein theoretische“ Gedankenspiele der Autoren handelt, wie der Währungsfonds auch auf dem Deckblatt der vorliegenden Studie vorsorglich vermerkt.
Der IWF hat jedoch in den vergangenen Monaten in immer klareren Worten gesagt, was zu tun ist, um aus dem Teufelskreis der Schulden-Krise zu entkommen. Die Handlungs-Vorschläge decken sich mit jenen, die etwa die Boston Consulting Group bereits in ihrer Studie „Back to Mesopotamia“ entworfen hat. Der Autor dieser Studie, Daniel Stelter, hat in seinem bemerkenswerten neuen Buch „Die Billionen Schulden Bombe“ ausgeführt, dass es kein Entrinnen gibt: Sozialleistungen werden drastisch gekürzt, Sparguthaben dramatisch rasiert werden (mehr dazu im Interview – hier).
Für Angela Merkel, die bisher versucht hatte, sich durch Lavieren in der Krise an der Macht zu halten – was ihr ja auch hervorragend gelungen ist – bedeutet die Lage jedoch, dass sie lieber früher als später vor die Deutschen tritt und ihnen, wie König Willem schon vor einiger Zeit (hier) die bittere Wahrheit verkündet.
Die IWF-Studie empfiehlt den europäischen Regierungen, sie mögen sich mit jenen harten Schnitten beschäftigen, „die bisher nur im Zusammenhang mit Schwellenländern gesehen wurden, die aber entwickelte Länder in nicht allzu ferner Vergangenheit selbst praktizierten“.
Die Zeiten des grenzenlosen Wohlstands sind vorbei.
Die Illusion ist zerplatzt.
Es kommen härtere Tage.
Mit freundlicher Genehmigung von DEUTSCHE WIRTSCHAFTS NACHRICHTEN
Kommentare
Phönix sagt:
Je schneller, desto besser!
Wie schön, dass sich das System momentan in schnellster Abfolge selbst outet und ad absurdum führt. Dadurch, dass die “herrschenden” Cliquen sich in ihrer Panik um den Erhalt von Kapital, Macht und Pfründen intern uneins sind, dringt zuviel ungewollt nach draussen, und das ist auch gut so. Nur ein Ignorant kann die Zeichen der Zeit noch übersehen. Es wird Zeit, das Unheil an der Wurzel zu packen…Umso mehr Kollateralschäden werden vermieden.
jack sagt:
Internationaler Währungsfonds (IWF) und Weltbank
Zwei Instrumente zur Zerstörung von Nationen
Die “gute” Weltbank, die vorgibt, die Armut auf der Welt zu bekämpfen, der “böse” IWF, der die Interessen des reichen Westens durchsetzen soll – beide gehören zusammen. Gemeinsam mit NATO, CIA usw. sorgen sie dafür, dass die Reichen reicher und die Armen ärmer werden. Welcher Methoden sich der “demokratische Westen” dabei bedient, erfahren Sie in diesem Interview mit dem bekannten kanadischen Wirtschaftswissenschafter Professor Michel Chossudovsky.
http://tomheller.de/theholycymbal/interview/michel-chossudovsky.html
Wer Augen hat, der lese.
Wer ein Gehirn hat, der denke.
Wer denken kann, der ziehe seine eigenen Rückschlüsse.
Ekkehardt Fritz Beyer sagt:
Ich floh 1973 aus der DDR. Zu dieser Zeit dürfte unsere Frau Dr. Bundeskanzlerin in stramm kommunistischer Überzeugung noch als Agitatorin für die FDJ im Einsatz gewesen sein. Es wird sogar vermutet, dass sie damals im Auftrag des MfS den damaligen Regimekritiker Havemann mit überwachte.
http://derhonigmannsagt.wordpress.com/tag/havemann/
Enteignungen waren Anfang der 70ger Jahre schon seltener. Der dies bzgl. große Boom der Jahre 1945 – 1965 war damals schon Geschichte. Doch mit dieser Vergangenheit scheint sie sich offensichtlich „genau” beschäftigt zu haben, da das Thema der Zwangsenteignung mit dem “winzigen” (?) Unterschied schon wieder auf der Agenda steht, dass es nach 1945 auf dem Territorium der damaligen SBZ überwiegend den Großvermögen an den Kragen ging.
Inzwischen ist sie unsere Frau Dr. Bundeskanzlerin. Ihre Politik allerding erinnert mich immer mehr an längst vergangene Zeiten. http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-575-37809–f370966.html#q370966 Leider beschäftigt mich schon seit einigen Jahren immer öfter auch eine andere Frage: Will sie den Kommunismus seit ihrer Amtseinführung in reformierter Form – etwa nach dem China-Modell – nun in der Bundesrepublik einführen?
Der Grund für meine Vermutung: Die Ängste und Nöte der Menschen in Deutschland und Europa sind ihr scheinbar genauso egal, wie die Menschen in China ihren dortigen Machthabern! http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-575-37809–f379691.html#q379691 Es zählt und gilt grundsätzlich „nur ihre“ Überzeugung, wobei unsere „so wahr ihr Gott helfe – den Deutschen und deren Wohl dienende“ – Frau Dr. Bundeskanzlerin“ lt. eigener Aussage für die Verwirklichung „ihrer“ Überzeugung sogar einen Krieg in Kauf nehmen würde. https://plus.google.com/+WolfgangNiederhausen/posts/PtGmLyk5Ppi
Ist Deutschland schon wieder soweit eine solche Frau Dr. verdient zu haben?
dangerous world sagt:
Glauben Sie wirklich , das Deutschland von dieser Frau geleitet wird? Ich sicher nicht!
R75/5 sagt:
Der IWF hat noch keinem Land je geholfen.
Der IWF hat immer nur in die Tasche der amerikanischen Industrie / Banken gearbeitet.
Merkel sollte damit anfangen das keine aussereuropäische Bank mehr Geld von uns bekommt.
Dann würde ich gerne hören was der IWF dazu zu sagen hat,
……………..aber die sagt ja nichts………………..
die wird sich auch nicht hinstellen und zugeben schwere Fehler gemacht zu haben.
Kokolores B sagt:
In Österreich bildet sich ein Gegengewicht zur aktuellen Europapolitik, bitte ansehen und verbreiten. Sowas wird hier auch benötigt
https://www.youtube.com/watch?v=lT7nZS9k-Ac
krisenschutz sagt:
Die Menschen sollten anfangen sich zu informieren, wenn sie nicht alles verlieren wollen. Denkt etwa jemand, es bleibt bei 10%? Wie beim “befristeten” Solidaritätszuschlag, den es nach Jahrzehnten noch immer gibt? Wie bei der LKW-Maut, die auch auf Autos ausgeweitet wird?
Den Lügen ist doch nicht zu glauben. Lest, Leute, informiert euch, sonst hilft euch nichts mehr…
http://www.krisenschutz.eu
Herle King sagt:
Momentane Stärke des Finanzbebens: 8.6
2013-11-04: letzte Änderung – von 8.5 auf 8.6 erhöht:
Massivste Enteignungs-Propaganda in allen Medien
http://www.hartgeld.com/Collapse-O-Meter.html
Montag, 6. Januar 2014
IWF-Studie drängt auf rasche Enteignung der Sparer in Europa
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