Thema: Deutschland
Das Bundesinnenministerium geht juristisch gegen die Veröffentlichung von Dokumenten zur Europawahl vor. Eine Webseite, die behördeninterne Dokumente veröffentlicht, wurde abgemahnt. Unter dem Vorwand des Urheberrechts übt das Ministerium Zensur aus.
Fragdenstaat.de hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) eine Plattform zu bieten, durch die die Bürger einfacher an staatliche Informationen kommen. Ein Bürger verlangte vom Innenministerium (BMI) die Offenlegung von Dokumenten, die sich mit der vom Verfassungsgericht als rechtswidrig eingestuften Fünfprozenthürde bei der Europawahl beschäftigen und im Wesentlichen die internen Überlegungen der Behörde zu diesem Thema enthalten.
Das BMI folgte dem Ersuchen, machte jedoch deutlich, dass dieses Dokument nicht veröffentlicht werden dürfte, da es lediglich für den internen Gebrauch gedacht sei. Als Fragdenstaat.de die Stellungnahme dennoch veröffentlichte, schickte die Behörde die Anwälte ins Feld und ließ den Portalbetreiber abmahnen. Als kruder Grund wurde das Urheberrecht angeführt. Dieses nimmt zwar amtliche Dokumente vom Schutz aus, da es sich bei der Stellungnahme jedoch um ein internes Dokument handele, greife hier die Ausnahme nicht ein.
Brisant ist, dass 2013 zwar eine Novellierung des Wahlgesetzes beschlossen und die Hürde auf drei Prozent abgesenkt wurde. Aus der Stellungnahme wird jedoch ersichtlich, dass nach Meinung der behördeninternen Fachleute aus dem Urteil des Verfassungsgerichts der Schluss gezogen werden müsse, dass solch eine Hürde generell verfassungswidrig sei.
Nach diesem Schluss hätte die Regierung also eine interne Warnung missachtet und wider besseren Wissens eine Sperrklausel per Gesetz festgelegt, die von den eigenen Mitarbeitern als verfassungswidrig eingestuft wurde. In diesem Widerspruch sah auch Fragdenstaat.de das öffentliche Interesse an dem Dokument und weigert sich weiterhin, den Zugang dazu zu sperren.
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) als Behördenchef versucht also, mittels des Urheberrechts die Transparenz der Gesetzgebung auszuhebeln und damit elementare Rechte der Bürger mit Füßen zu treten. Damit wiederholt sich die Geschichte, denn schon Mitte 2013 zog er – damals noch als Verteidigungsminister – den Urheberrechtsjoker, um unliebsame Presse über den Afghanistaneinsatz zu unterdrücken (mehr hier).
Der Zirkelschluss, dass brisante interne Dokumente über den Arbeitsablauf in einem Ministerium ja gerade nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und damit vom Urheberrecht geschützt seien, verkennt einmal mehr, dass in Bereichen, in denen die gewählten Volksvertreter wichtige Entscheidungen treffen, eine höchstmögliche Transparenz gegeben sein muss und die Öffentlichkeit gerade dort ein Interesse an Informationen hat. Je elementarer die Materie ist, die geregelt wird, desto eher haben die Bürger ein Recht auf Information.
Mit freundlicher Genehmigung von DEUTSCHE WIRTSCHAFTS NACHRICHTEN
Kommentare
» der Kommentar des Blogschreibers«
So, so, Verstoss gegen das Urheberrechtsgesetz!
Das was unsere "Intelligenzbolzen" verzapfen unterliegt dem Urheberrecht?
Oh Gott, womit haben wir nur solche Leute verdient, die sich anmassen über uns bestimmen zu dürfen, aber bei Verstössen gegen ihre eigenen Gesetze um keine Trickserei verlegen sind, damit das nur nicht ans Licht kommt.
Selbstdenker sagt:
ENTLARVT!
Der Innenminister-Darsteller dieser “BRD” als willfähriger Erfüllungsgehilfe seiner Befehlsgeber. Wer hätte denn auch etwas anderes erwartet. Mit den Interessen des Volkes haben Politikdarsteller sowieso nichts am Hut:
alles-schallundrauch.blogspot.de
Ekkehardt Fritz Beyer sagt:
Nach den vielen bisherigen Kommentaren bekomme ich das Gefühl, dass inzwischen doch einige Menschen unter uns sind, welche – genau wie ich – auch große Zweifel am so genannten Rechtsstaat bekamen.
Zum Thema Rechtsstaat und dessen scheinbaren Niedergang befragte ich noch vor wenigen Monaten den damaligen Bundesinnenminister, Herrn Dr. Friedrich. Leider konnten mich seine Antworten „nicht so richtig“ überzeugen. Hat er eine Chance bei den Lesern der DWN?
http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-575-37571–f380320.html#q380320
http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-575-37571–f383272.html#q383272
http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-575-37571–f395395.html#q395395
Ich bin überzeugt davon, dass Herr Dr. de Maiziere die sich seit der „Ruderübernahme“ der Frau Dr. Bundeskanzlerin eingeschlichenen Zustände genauso sieht, wie sein Vorgänger: Wir sind ein lupenreiner und international anerkannter Rechtsstaat!!!?
Chillati sagt:
EIN MEGA-SARGNAGEL DER DEMOKRATIE!
Dr.Heinrich Kuhn sagt:
Für Minister de Maizière ist das nichts Neues. Schon als Innenminister von Sachsen hat er Dokumente über kriminelle Machenschaften zurück gehalten obwohl sie von Rechts wegen der Staatsanwaltschaft zugeleitet gehörten.
Wie wird die Sperrklausel in anderen Ländern gehandhabt? Ich weiß es nur von Österreich, wo 4% gelten, übrigens bei einem Wahlalter ab 16 Jahren.
Wo bleibt da der Grundsatz der Gleichbehandlung?
Gast sagt:
Glaubt hier wirklich irgendjemand, dass der Herr Minister etwas ohne vorherige Abstimmung mit Frau Dr. Merkel macht? Nicht nach der Drohnensache. Die Abmahnung ist von ganz oben gewollt.
Freitag, 31. Januar 2014
Innenminister de Maizière verheimlicht Dokumente zur Fünf-Prozent-Hürde
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