Dienstag, 25. Juni 2013

Nach Bürger-Protest: EU will mit Wasser-Privatisierung nichts zu tun haben

Barnier dementiert Privatisierungspläne

Der EU-Kommission ist der Schreck in die Glieder gefahren: 1,5 Millionen Stimmen gegen die Wasser-Privatisierung haben dazu geführt, dass die EU einen Rückzieher macht. Die Kommunen sollen selbständig entscheiden, ob sie die Wasserversorgung privatisieren wollen. Für die Konsumenten ist damit wenig gewonnen.

Die Trinkwasser-Versorgung soll von der EU-Vergabe-Richtlinie für öffentliche Dienstleistungen nun endgültig ausgenommen sein. (Foto: Flickr/Cayusa)
EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier hat heute in einer Erklärung zur geplanten Konzessionsrichtlinie erklärt, dass die Grundwasserversorgung davon ausgeschlossen sein soll. Fall es tatsächlich so kommt, bedeutet das einen Erfolg für die 1,5 Millionen EU-Bürger, die sich in einem europaweiten Bürgerbegehren gegen jegliche Privatisierungspläne äußerten. Mögliche Privatisierungen bleiben damit vor allem in hochverschuldeten Ländern den Kommunen selbst überlassen.

Die Kommission habe zu keinem Zeitpunkt vorgeschlagen, die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen  wie der Wasserversorgung zu erzwingen oder auch nur zu fördern, sagte Barnier in seiner Stellungnahme:

„Die Entscheidung darüber, wie öffentliche Dienstleistungen erbracht werden sollen, liegt ganz allein bei den Mitgliedstaaten und ihren Städten und Gemeinden. Und das wird auch so bleiben. (…)

Trotz der zahlreichen Änderungen am Richtlinienvorschlag, und aller Beiträge der politischen Parteien im Europäischen Parlament und vom Rat, bin ich zu der Auffassung gekommen, dass der derzeitige Text zur Wasserversorgung niemanden zufriedenstellt: Er vermittelt nicht die von den Bürgerinnen und Bürgern erwarteten Garantien und würde obendrein zu einer Fragmentierung des Binnenmarkts führen.“

Anfang des Monats stimmte bereits die deutsche Bundesregierung den EU-Plänen zur Wasserversorgung zu. Zuvor hatte sie das Vorhaben lange abgelehnt. In einem entsprechenden Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums heißt es dazu, Barnier habe auf die Bedenken der Länder und Kommunen reagiert und sei ihnen weit entgegengekommen. Eine generelle Ausnahme des Wasser-Sektors bedeutet nun eine komplette Abkehr von den ursprünglichen Plänen.

Die Debatte rund um die umstrittene Richtlinie wird seit mehr als zwei Jahren geführt. Darin ist vorgesehen, die Kommunen bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen zu Ausschreibung Verfahren zu verpflichten. Die einheitlichen Regeln sollen der in einigen EU-Ländern oftmals korrupten Vergabepraxis bei öffentlichen Aufträgen entgegenwirken. Die Richtlinie würde für verschiedene Bereiche wie Abfall- und Abwasser-Entsorgung, ursprünglich aber eben auch für die Versorgung mit Trinkwasser gelten.

Die Gegner des Vorhabens wollten genau jene generelle Ausnahme für den Trinkwasser-Bereich erwirken, die Barnier nun verspricht. Dabei wurde oftmals auch unwahrheitsgemäß unterstellt, die EU wolle die Kommunen zu einer Privatisierung zwingen. Tatsächlich sind die Gefahren, die in Verbindung mit einer Übernahme der Wasserversorgung durch Privatunternehmen verbunden sind, aber nicht von der Hand zu weisen.

So werden die Forderungen nach einer kompletten Ausnahme der Wasserversorgung von allen Privatisierungsplänen auch von unabhängigen Fachleuten geteilt. Für Christian Schröder, Sachverständiger für Trinkwasser, ist die kritische Reaktion der Öffentlichkeit deshalb keine Überreaktion. „Trinkwasser muss eine hoheitliche Aufgabe bleiben. Das gilt besonders für Deutschland, das eine hervorragende Versorgungsqualität aufweist“, sagte Schröder den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Die Bestrebungen der Konzerne, die Trinkwasserversorgung in erster Linie zu einem Geschäft zu machen, seien in anderen Ländern eindeutig erkennbar.
Auch in Deutschland habe man schon schlechte Erfahrungen gemacht, allen voran in Berlin.
Die Debatte um die Wasser-Privatisierung zeigt auch die Strukturen auf, unter denen heute Politikvermittlung betrieben wird. Medial wurde die Neugestaltung der Vergabe-Regeln erst als Zwangs-Privatisierung hochgespielt. Dann genügte die politisch motivierte Absichtserklärung Barniers, um eine Kehrtwende der EU zu verkünden. Der abgeänderte Vorschlag sollte ein Kompromiss, die Zustimmung der Bundesregierung nur nach erfolgreicher Intervention bei der EU erfolgt sein. Nun verkündet Barnier die engültige Ausnahme des Wasser-Sektors.

Den Verhandlern in den Brüsseler Hinterzimmern kann dieses mediale Tauziehen nur Recht sein, lenkt es doch davon ab, dass die Öffentlichkeit längst kaum mehr etwas mitzureden hat. Die Gefahren, die mit einem verstärkten Eintritt privater Unternehmen in den Bereich der Trinkwasser-Versorgung einhergehen, bleiben bestehen. Das gilt vor allem für jene hochverschuldeten Länder, die sich unter den Auflagen des IWF zu Privatisierungen gezwungen sehen (mehr hier). Gleichzeitig führt auch das derzeitige Staats-Monopol zu überhöhten Gebühren (hier).
 
Mit freundlicher Genehmigung von DEUTSCHE WIRTSCHAFTS NACHRICHTEN



Kommentare
 
Donnerdrummel sagt:
Dann mache es halt die Kommunen auf eigene Faust. Zwar geht es hierbei nicht um die Privatisierung von Trinkwasser, aber in NRW hatte die rot/grüne Landesregierung eine andere schöne Idee, wie man die Bürger ordentlich zur Kasse bittet und eine Lobby damit füttert! In Düsseldorf und Umgebung ist es nun so, dass Immobilienbesitzer einen Kanal-TÜV bzw. eine Dichtheitsprüfung machen müssen.Sollte sich heraus stellen, dass Kanal kleine Versätze oder leichte Risse hat, so muss er saniert werden. Viele Rentner hat das schon an den Rande des Ruins gebracht, denn fünfstellige Beträge sind dabei keine Seltenheit. Auch hier hat die lokale Presse bewusst gelogen und man schrieb so Zeilen wie “Kanal-TÜV vom Tisch”, um die Menschen in Sicherheit zu wiegen. Letztlich gibt es nun viele Kommunen in NRW, die diesen Kanal-TÜV, bis zum Jahre 2015, zur Pflicht machen!
Wer in NRW wohnt, der sollte sich mal informieren! NRW ist im übrigen, das einzige Land auf der Welt, in dem es so etwas gibt!
 
manOhman sagt:
In Hamburg ist man auch pfiffig, ab 2014 haben dort alle Hausbesitzer
von “zertifizierten Fachbetrieben” die Leitungen vom Haus bis zum Anschluß
an das Straßennetz überprüfen zu lassen – selbstverständlich auf eigene
Kosten – die evtl. dann ja auch auf mögliche Mieter umgelegt werden können,
damit die Kosten für Miete auch noch steigen, was dann ja auch entsprechend
politisch wieder ausgeschlachtet werden kann – wie hetze ich die Bürger gegen-
einander auf, verschleiere den Blick auf die Realität und gewinne dabei ???
Nicht zu vergessen die sog. “Regensteuer”, auch eine gute Einnahmequelle,
genauso wie die Zusatzkosten die Wasseruhren mit sich bringen – davon lebt ja
nun auch schon lange wieder eine ganze Sparte der “Wasserbesitzer” recht gut.
Es wird sich immer wieder etwas finden was man dem Bürger “verkaufen” kann,
natürlich nur zu seinem Wohle, seiner Sicherheit, weil gerechter und nicht zu
vergessen nachhaltig und alternativlos.
 
caprica sechs sagt:
So wie ich das zwischenläufige Einlenken der Brüsseler Granden einschätze, wird gegenläufig der Grundmeinung der Bevölkerung, mindestens eine order mehrere Hintertüren offen gelassen. Diese Art des Taktierens zugunsten derer, die sich mit Lobbyismus und Rechtsanwälten die Gunst der Politdarsteller erschleichen oder erkaufen können, läuft denen zuwider, die diese Möglichkeiten nicht ohne weiteres haben.
Für mich sieht das so aus, als wäre das ein Marketing-Gag.
Hätte man begriffen dass es darum geht, den Menschen egal auf welchem Kontinent er lebt, sauberes Trinkwasser zur Verfügung zu stellen, wäre alles in Ordnung. Solange das nicht so ist, sehe ich das so wie es ist, als Reklameschwindel. Die entsprechenden Nutznießenden Konzerne beim Namen zu nennen erübrigt sich.
So what. Es gibt jede Menge Argumente die das Für, für Konzerne vergöttern und das wider den Menschen zuordnen. Die großen machen alles richtig und die kleinen Leute liegen völlig falsch.
Ohne dass ich ein Grüner bin – Irgend jemand hat wahrscheinlich den Schaden. Einer bezahlt immer, denn es ist immer jemand in der Schuld.
Biogenetische Lebensmittel, Futtermittel, Wasserhoheit, Pharmakologie und so weiter. Die kommenden Generationen wachsen hinein.
Internationale Globale Konzerne glauben an sich selbst und an Gewinn. Isso.
Was mit den Menschen geschieht, ist denen egal.
Was du nicht willst das man dir tu, füg´ auch keinem anderen zu.


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