Sonntag, 3. August 2014

Rechtsstreit um ZDF-Satiresendung "Die Anstalt"

Thema: dürfen die das?
T-Online
Kabarettisten reizen "Zeit"- Journalisten
30.07.2014, 15:15 Uhr | mmh, t-online.de
Schon wieder Ärger für das ZDF: Diesmal ist es eine einstweilige Verfügung gegen die Satire-Sendung "Die Anstalt". Journalisten der "Zeit" wehren sich mit rechtlichen Schritten gegen einen kritischen Beitrag, den sie als "Rufschädigung" empfinden. Das ZDF hat Widerspruch gegen die Einstweilige Verfügung eingelegt und sagt, Satire darf das.

"Dann sind diese Zeitungen ja alle Lokalausgaben der Nato-Pressestelle?", Sätze wie diese aus der Sendung vom 29. April dürften die Journalisten besonders getroffen haben. Allen voran die Vertreter des kritisierten Qualitätsjournalismus von der "Zeit". Ihr Herausgeber Josef Joffe und der Journalist Jochen Bittner haben eine einstweilige Verfügung gegen die entsprechenden Passagen der Satiresendung erwirkt.

Sendung nicht mehr in der Mediathek

Das ZDF ist aufgrund der einstweiligen Verfügungen gerichtlich verpflichtet, die beanstandeten Beiträge - jedenfalls bis zur endgültigen Klärung der Rechtstreitigkeiten - aus der Mediathek zu entfernen. Die Sendung ist in der ZDF-Mediathek nicht mehr abrufbar, auf Youtube ist sie allerdings noch zu finden.

Das ZDF hat auf Nachfrage den Stand der Dinge bestätigt: Josef Joffe und Jochen Bittner haben bei dem Landgericht Hamburg einstweilige Verfügungen gegen die entsprechenden Passagen der Satiresendung erwirkt. In einem dieser beiden Fälle ist darüber hinaus mittlerweile Hauptsachklage erhoben worden. Das ZDF hat nach Prüfung der Sach- und Rechtslage Widerspruch gegen die einstweiligen Verfügungen erhoben und wird sich auch gegen die Hauptsachklage verteidigen.

Kritik am Qualitätsjournalismus

Max Uthoff und Claus von Wagner zeigten in ihrem Beitrag über die Berichterstattung deutscher Medien im Ukraine-Konflikt die vielfältigen Verknüpfungen und Verbindungen zwischen deutschen Journalisten und transatlantischen Lobby-Verbänden und politischen Think Tanks auf. Ihr Fazit könnte man so zusammenfassen: Unabhängiger Journalismus ist so nicht möglich.

Dieser Dialog aus dem siebenminütigen Auftritt spitzt es zu: "Ein Journalist der Zeit arbeitet an einem Strategiepapier mit, das die Außenpolitik Deutschlands neu ausrichtet und schreibt dann wohlwollend über diese Strategie." Diese Aussage Uthoffs kontert Max von Wagner: "Vergisst aber leider zu erwähnen, dass er an dieser Strategie selber mitgearbeitet hat. Auf Uthoffs Frage "Ist das nicht verboten?", ist seine knappe Antwort "Ja, aber nicht in Deutschland."

Die Journalisten werfen den Kabarettisten vor, den Sachverhalt ungenau und falsch darzustellen. Joffe spricht von einer Falschdarstellung der Fakten, der Sender habe falsche Tatsachenbehauptungen verbreitet. "Diese Unterstellung war herabsetzend, weil sie mir journalistische Integrität absprach. Sie war auch falsch", schrieb "Zeit"-Herausgeber Joffe in einer Stellungnahme.

"Satire muss sich trauen, Sachverhalte verzerrt darzustellen"

Das ZDF habe - so weiß der Freisinger Blogger und Jurist Thomas Stadler - der "Zeit" mitgeteilt, "Satire muss sich trauen, Sachverhalte verzerrt darzustellen."

Der Erfolg vor Gericht könnte sich jedoch zur Niederlage in Sachen Image wenden. Thomas Stadler schreibt in seinem Rechtsblog: "Für ein Flaggschiff wie die ZEIT kommt das juristische Vorgehen von Joffe und Bittner gegen das ZDF einem journalistischen Offenbarungseid gleich. Leider berichten die großen Zeitungen wie SZ, FAZ oder Spiegel über den Streit Joffes und Bittners mit dem ZDF nicht. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt."

"Zeit"-Herausgeber Josef Joffe fasst seine Sicht der Dinge in seiner Stellungnahme so zusammen: "Das ZDF hat Widerspruch eingelegt. Die Richter haben das letzte Wort. So muss es sein in unserem Rechtsstaat. Mir wäre es hundert Mal lieber gewesen, wenn der Sender ein faires Korrekturangebot gemacht hätte, was nicht geschehen ist." Beim ZDF heißt es: "Nunmehr sind Gang und Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens abzuwarten."

Der Rechtsstreit geht weiter. Die Satire-Sendung "Die Anstalt" kehrt am 23. September aus der Sommerpause zurück (ZDF, 22.15 Uhr).



» der Kommentar des Blogschreibers «



Kommentare aus dem T-Online-Forum

Kalmar
Dann hat "Die Anstalt" wohl mal wieder genau ins Schwarze getroffen. Der Herausgeber der "Zeit" hat damit journalistischen Selbstmord begangen, seine Glaubwürdigkeit und die seiner Zeitung erlangt er mit diesem Verfahren nicht wieder. Gute Nacht, "Zeit".

altfredo
Richtig immer raufhauen auf den " neutralen, unabhängigen" deutschen, der Regierung verbundenen, gleichgeschalteten Journalisten. Erst die Katastrophen herbeischreiben oder im TV berichten oder besser Vermutungen anstellen, und dann ups, da haben wir uns wohl geirrt, ist ja nicht so schlimm, der Krieg ist ja dann woanders. Beispiele: Israel, Ukraine und und und.

gruebel
Diese Scharfzüngigkeit dieser Querdenker wünschte ich mir viel mehr als mitten in der Woche spät abends und selten. Wenn dann noch Gerichte entscheiden sollen und Beiträge gesperrt werden spricht das für sich. Soll die Anstalt einen draufsetzen und die seriöse Zeit einen qualifizierten Kommentar ablassen. Gute Satire ist einen wesentlicher Bestandteil in dieser schlimmen Welt!

Patroklos
"Qualitäts"journalisten vom Dienst, wunderbare neue Welt. Fands eine Klassesendung "Die Anstalt". Das Buch, das dem zugrunde liegt (Studie von Uwe Krüger), muss ich mir auch kaufen.
"An der Diagnose gibt es nichts mehr zu deuteln. Fünfzig Prozent der bundesdeutschen Wälder sind geschädigt Am Ausmaß des Waldsterbens könnte heute nicht einmal der ungläubige Thomas zweifeln, allenfalls ein Ignorant."
Quelle: "Die Zeit" im Jahre 1984, ja das ist wohl Qualität. Das angebliche Waldsterben, die Verharmlosung von Pädophilie, der "Arabische Frühling", die frühe Jubel-Berichterstattung über Obama oder die Behandlung von Thilo Sarrazin (wofür sich Giovanni di Lorenzo im Fernsehen entschuldigt hat) lassen grüßen, liebe Zeit-Starjournalisten.

Heglehulk
Wir können uns glücklich schätzen, dass wir in einem Land leben, in dem Satire erlaubt ist. In anderen Regionen werden sogenannte Querdenker "weggeräumt". Satire gehört zu einem freien Land und muß bestimmte Dinge sehr scharf kommentieren. Weiter so!

AnnAR
Bei so einer sehr guten kritischen und satirischen Sendung musste sich doch endlich jemand finden, der etwas gegen Kritik hat:-). Ich jedenfalls freue mich auf die nächste Sendung, auch wenn sich da wieder einige auf den Schlips getreten fühlen werden....oder besser ertappt?


Keine Kommentare :

Kommentar veröffentlichen

Der Kommentar erscheint manchmal erst nach Freigabe