Samstag, 16. August 2014

USA: In der Stadt Ferguson tobt der Bürgerkrieg

Thema: Bürgerrechte im Land der Freiheit

USA: In der Stadt Ferguson tobt der Bürgerkrieg

In der US-Stadt Ferguson kommt es seit fünf Tagen zu schweren Ausschreitungen zwischen Polizisten und Anwohnern. Ursache ist die Tötung eines jungen Afroamerikaners durch einen Polizeibeamten. Die Sicherheitskräfte haben die gesamte Stadt abgeriegelt und setzen Tränengas und Gummigeschosse ein. Ein US-Abgeordneter beklagt sich über die massive Militarisierung der Strafverfolgungsbehörden.

Im überwiegend von Afroamerikanern bewohnten Vorort von St. Louis im Bundesstaat Missouri, Ferguson, laufen die Zusammenstöße zwischen Polizeibeamten und Demonstranten weiter.

Die Polizei setzt exzessiv Tränengas und Gummigeschosse ein. Es gibt derzeit keine Anzeichen dafür, dass sich die Situation beruhigen wird. Bisher wurden 32 Personen festgenommen. Unter ihnen befinden sich zwei Journalisten.

Die Financial Times zitiert den Gouverneur von Missouri, Jay Nixon:
    „Die Verschlechterung der Situation ist zutiefst beunruhigend. Ich bitte alle Mitglieder der Gemeinschaft Ruhe zu bewahren. Die Untersuchungen sind noch im Verlauf. Ich fordere die Strafverfolgungs-Behörden dazu auf, die Rechte der Anwohner und der Presse-Vertreter zu wahren.“
Auslöser der Zusammenstöße war die Tötung eines 18-jährigen Afroamerikaners durch einen Polizeibeamten. Das Opfer soll in einem Polizeiwagen gesessen haben, als die tödlichen Schüsse fielen (mehr hier).

Doch nach Augenzeugenberichten soll der Junge mit einem Freund auf der Straße spazieren gegangen sein. Ein Polizist habe die beiden aufgefordert, die Mitte der Straße zu verlassen. Als die beiden Jungen nicht reagierten, fing der Beamte an zu schießen.

Kritiker brandmarken vor allem die fortschreitende Militarisierung der US-Strafverfolgungsbehörden. Derzeit ist die Stadt Ferguson komplett abgeriegelt. Die Polizeibeamten laufen in Militärkleidung und Schutzausrüstungen herum. Sie sind ausgerüstet mit High-Power-Gewehren und sitzen in gepanzerten Fahrzeugen.

„Ist das ein Kriegsgebiet oder eine US-Stadt? Die Regierung lässt die Situation durch den Einsatz von militärischen Materialien und Taktiken eskalieren“, zitiert The Hill Abgeordneten der US-Republikaner, Justin Amash.

Tatsächlich findet in den USA eine massive Aufrüstung der Strafverfolgungsbehörden statt. Diese wurden in den vergangenen Jahren mit ungewöhnlich schweren Waffen ausgestattet, die in Kriegsgebieten wie Afghanistan oder Irak eingesetzt werden.

Aktuell sind 432 MRAPs im Einsatz. Dabei handelt es sich um Panzerfahrzeuge, die gegen Minen und Hinterhalte sicher sind. Hinzu kommen 435 weitere Panzerfahrzeuge verschiedenster Typen, 44.900 Nachtsichtgeräte, 533 Flugzeuge und Helikopter, 93.763 Maschinengewehre und 180.718 Waffen-Magazine.
(mehr hier).

Mit freundlicher Genehmigung von DEUTSCHE WIRTSCHAFTS NACHRICHTEN



15.08.2014, 09:28 Uhr | Von Sebastian Fischer, Washington, Spiegel Online, T-Online
Proteste in Missouri
Gouverneur entmachtet die verhasste Polizei von Ferguson

Panzerfahrzeuge, Maschinengewehre, Tarnkleidung: In Missouri hatte die Polizei die Lage nach dem Tod eines schwarzen Teenagers eskaliert. Präsident Obama sah sich zum Machtwort genötigt.

Bevor am Donnerstag die sechste Nacht anbrach, griff Barack Obama ein. Die sechste Nacht seit dem Tod des Afroamerikaners Michael Brown, getroffen von mehreren Kugeln aus der Dienstwaffe eines weißen Polizisten in Ferguson, einem Vorort von St. Louis. Der 18-jährige Brown war unbewaffnet. In den Nächten seither kam es zu Unruhen der mehrheitlich schwarzen Bevölkerung; befeuert von mehrheitlich weißen Provinzpolizisten, die sich wie Soldaten kleideten und rüsteten - und handelten.

Eine explosive Mischung mitten im sogenannten Heartland der USA, im Staat Missouri. Würde das noch eine weitere Nacht ohne schlimmere Folgen, ohne Todesopfer bleiben? Ein deeskalierendes Signal musste her, dringend.

Obama: "Exzessiver Gewalteinsatz"

Am Donnerstagmittag also unterbrach der US-Präsident seinen Urlaub auf Martha's Vineyard an der US-Ostküste und lieferte das Signal: "Ruhe und Frieden müssen jetzt in den Straßen von Ferguson einkehren." Es gebe keine Entschuldigung für Vandalismus, Plünderungen oder Gewalt gegen Polizisten, sagte Obama. So weit, so erwartbar.

Dann aber rügte er die örtliche Polizei: "Es gibt genauso wenig eine Entschuldigung für exzessiven Gewalteinsatz gegen friedliche Proteste." Tatsächlich versammelten sich in mehr als 90 Städten landesweit Menschen, um der Opfer von Polizeigewalt zu gedenken.

Unnötige Eskalation müsse verhindert und das Demonstrationsrecht gewahrt werden, sagte Obama. Den Fall der beiden Reporter, die in der Nacht zuvor ohne Grund in einem McDonald's-Restaurant kurzzeitig festgenommen worden waren, ließ er nicht unerwähnt: "In den Vereinigten Staaten darf die Polizei Journalisten, die einfach nur ihre Arbeit machen, weder bedrängen noch festnehmen." Obamas Ziel: Verständnis zeigen für die Wut der Menschen, Druck aus dem Kessel nehmen.

Tatsächlich verlief die Nacht zu Freitag ruhiger als all die Nächte zuvor. Die Polizei hielt sich zurück, die Menge war friedlich, teils gar in emotional-festlicher Stimmung.

Das liegt wohl vor allem an der faktischen Entmachtung der örtlichen Polizeibehörde. Dies hatte am Donnerstag Missouris Gouverneur Jay Nixon veranlasst - nach einem Telefonat mit Obama. Tagelang hatte sich der Mann nicht blicken lassen in Ferguson, doch die sechste Nacht vor Augen, änderte der Demokrat seine Pläne kurzfristig. Die Polizei werde fortan "mehr Bewegungsfreiheit" erlauben, kündigte Nixon vor Ort an: "Dieser operative Wechsel wird allen Luft zum Atmen verschaffen."

Jetzt hat die Autobahnpolizei das Sagen

Die Verantwortung für Fergusons Sicherheit hat der Gouverneur der Autobahnpolizei übertragen. Klingt erst mal komisch, ist aber clever: denn diese Behörde ist keine lokale, sondern untersteht dem Staat. Quasi eine Landespolizei. Für die Problemstadt verantwortlich ist nun Ron Johnson, ein Afroamerikaner, der in der Gegend aufgewachsen ist. Guter Schachzug.

Denn klar ist: In den vergangenen Tagen hat sich aus einem möglicherweise rassistischen Polizei-Übergriff mit Todesfolge ein Grundsatzkonflikt um den Umgang der Polizei mit der schwarzen Minderheit entwickelt. Das hat im Wesentlichen drei Gründe:

Ferguson selbst.
Zwei Drittel der Bevölkerung sind schwarz, aber 50 der 53 Polizeibeamten der Stadt sind weiß; genauso wie Bürgermeister, Feuerwehrboss, Polizeichef. Seit Jahren fühlen sich die Afroamerikaner fremdbestimmt. Sie werden häufiger kontrolliert als die Weißen - und doppelt so oft verhaftet. Das Magazin "Vox" kommentiert die Polizeiarbeit: "Wir haben just jene Leute, die unsere Gemeinden beschützen sollen, zu einer Gefahr für eben diese werden lassen. Das ist in einer Demokratie nicht haltbar."

Mieses Kommunikationsmanagement.
Seit dem Tod des Michael Brown am Samstag lässt die Polizei kaum Informationen raus. Wie viele Schüsse sind gefallen? Warum eigentlich lag der Tote mehrere Stunden auf der Straße? Wie heißt der Schütze? Es wird geschwiegen. Und die Bevölkerung fühlt sich getäuscht. Unbekannte, die sich als Teil des globalen Anonymous-Netzwerks bezeichnen, haben schon erste - offenbar falsche - Namen veröffentlicht und heizen die Situation an.

Militarisierung der Polizei.
Die Behörden sagen, es habe am Mittwoch gewaltbereite Demonstranten gegeben, Molotowcocktails seien geflogen, Schüsse gefallen. Doch das rabiate Auftreten der Polizei - in Panzerfahrzeugen, Militärkluft und mit Sturmgewehren - rechtfertigt das nicht: In der Nacht zum Donnerstag flogen Blendgranaten, Tränengas sowie Gummigeschosse wurden eingesetzt. Die Polizei selbst hat damit die Lage unnötig zugespitzt.

Senatorin fordert "Demilitarisierung"

Es ist bezeichnend, dass Obama, Gouverneur Nixon sowie der neue de facto Polizeichef Johnson nun insbesondere beim letzten Punkt angesetzt haben. Missouris Senatorin Claire McCaskill forderte eine "Demilitarisierung". Denn seit den Neunzigerjahren ist ja das genaue Gegenteil geschehen: Der Bund hat lokale Behörden aufgerüstet.

Das Verteidigungsministerium unter anderen hat Kriegsgerät an die Gemeinden Amerikas abgegeben - kostenlos. Etwa gepanzerte Fahrzeuge, die zuvor in den Einsätzen im Irak und Afghanistan waren. Dazu Maschinengewehre, Munition, Granatwerfer. Kein Zufall also, dass Jay Nixon, der Gouverneur, erst mal feststellte, in Ferguson sehe es ja aus "wie im Krieg". Und Justizminister Eric Holder sagte: "Vor dem Hintergrund, dass wir das Vertrauen zwischen den Behörden und den Leuten vor Ort wiederherstellen müssen, bin ich sehr besorgt über die widersprüchliche Botschaft, die der Einsatz von Militärgerät sendet."

Die ursprüngliche Idee in den Neunzigern war, US-Polizisten im heimischen Drogenkrieg besser auszustatten. Das Ergebnis sind Kriegswaffen in Händen von Provinzpolizisten. Und wer solches Gerät hat, der will es eben auch einsetzen. Das war in Ferguson zu beobachten.


» der Kommentar des Blogschreibers «
Es ist erstaunlich, dass ein Land, das im Inneren so grosse Probleme mit Menschen unterschiedlicher Hautfarbe hat, das in den Reihen der Sicherheitsbehörden schießwütige Rassisten beschäftigt, sich immer noch in Angelegenheiten anderer Länder einmischt.
Sie täten besser daran, erst einmal bei sich selber aufzuräumen, bevor sie anderen Vorschriften machen wollen.
Ihre in Auslandseinsätzen tätigen Soldaten sind ja keineswegs besser, wie man vor nicht langer Zeit auf Fotos sehen konnte, auf denen sie auf von ihnen getötete Feinde urinierten.
Sind das die "westlichen Werte" nach "christlich jüdischer Vorstellung", die unsere Kanzlerin so vehement verteidigt und mit denen sie am liebsten die ganze Welt beglücken würde?


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