19.09.2018
Von Roger Köppel
Merkels Treibjagd
Ein couragierter deutscher Spitzenbeamter sagt die Wahrheit und muss seinen Posten räumen. Der Fall des deutschen Verfassungsschützers Hans-Georg Maassen hat Züge einer Polit-Psychose.
Wie viel Meinungsäusserungsfreiheit gibt es noch in Deutschland? Darf ein deutscher Spitzenbeamter öffentlich die Wahrheit sagen, auch wenn es der Regierung nicht gefällt?
Der alte Kollege aus Berliner Tagen winkt ab: «Bitte zitieren Sie mich nicht. Man muss heute jedes Wort genauestens abwägen in Deutschland, sonst ist man sofort in der rechten Ecke. Die Atmosphäre ist hysterisch aufgeladen.» Wer differenziert, ist schon ein Rechter.
Der landesweit prominente Journalist, der einmal ziemlich weit links aussen war, gibt nur unter der Zusicherung absoluter Anonymität Auskunft: «Natürlich hat Maassen in der Sache völlig recht. Merkel erzählte Unsinn, als sie Ende August von rechten Hetzjagden auf Ausländer in Chemnitz sprach.»
Giftiger Cocktail
«Chemnitz», «Maassen», «Hetzjagden»: Die Begriffe sind für die Regierung ein giftiger Cocktail. Sie sind das Symptom nicht nur einer schwelenden Führungskrise. Der Publizist Henryk M. Broder spricht von einer «Wirklichkeitsallergie» in den tonangebenden Kreisen von Berlin.
Am Telefon erreiche ich einen früheren sozialdemokratischen Bundesminister. «Es ist verrückt», legt er ungefragt los, «die wollen die ganze Opposition, die AfD, zu Neonazis stempeln. Jeder, der gegen Merkels Migrationspolitik ist, ist ein Neonazi. Nazis, überall. Unfassbar. So treibt man den Rechten scharenweise Wähler zu.»
Und was ist mit Hans-Georg Maassen, dem Präsidenten des deutschen Verfassungsschutzes, der Merkel kritisierte und ins Visier der Politik und der meisten Medien geriet?
Der Ex-Minister kennt den Angeschuldigten persönlich: «Hier geht es darum, einen verdienten, fähigen, integren und äusserst leistungsfähigen Beamten abzuschiessen, nur weil er es gewagt hat, der Kanzlerin zu widersprechen.»
Ganz ähnlich drückte es zuvor auch der Journalist aus: «Merkel setzte mit dem Wort ‹Hetzjagden› die Vorgänge von Chemnitz sozusagen mit den Nazipogromen der Reichskristallnacht von 1938 gleich. Das ist ungeheuerlich. Maassen trat diesem Unsinn richtigerweise entgegen. Deshalb muss er jetzt gegangen werden.»
Hier spricht kein AfD-Mitglied, sondern einer der prominentesten und angesehensten Publizisten Deutschlands.
Lesen Sie hier bitte weiter. So sieht man Deutschland von der Schweiz aus: Weltwoche.ch
Wie viel Meinungsäusserungsfreiheit gibt es noch in Deutschland? Darf ein deutscher Spitzenbeamter öffentlich die Wahrheit sagen, auch wenn es der Regierung nicht gefällt?
Der alte Kollege aus Berliner Tagen winkt ab: «Bitte zitieren Sie mich nicht. Man muss heute jedes Wort genauestens abwägen in Deutschland, sonst ist man sofort in der rechten Ecke. Die Atmosphäre ist hysterisch aufgeladen.» Wer differenziert, ist schon ein Rechter.
Der landesweit prominente Journalist, der einmal ziemlich weit links aussen war, gibt nur unter der Zusicherung absoluter Anonymität Auskunft: «Natürlich hat Maassen in der Sache völlig recht. Merkel erzählte Unsinn, als sie Ende August von rechten Hetzjagden auf Ausländer in Chemnitz sprach.»
Giftiger Cocktail
«Chemnitz», «Maassen», «Hetzjagden»: Die Begriffe sind für die Regierung ein giftiger Cocktail. Sie sind das Symptom nicht nur einer schwelenden Führungskrise. Der Publizist Henryk M. Broder spricht von einer «Wirklichkeitsallergie» in den tonangebenden Kreisen von Berlin.
Am Telefon erreiche ich einen früheren sozialdemokratischen Bundesminister. «Es ist verrückt», legt er ungefragt los, «die wollen die ganze Opposition, die AfD, zu Neonazis stempeln. Jeder, der gegen Merkels Migrationspolitik ist, ist ein Neonazi. Nazis, überall. Unfassbar. So treibt man den Rechten scharenweise Wähler zu.»
Und was ist mit Hans-Georg Maassen, dem Präsidenten des deutschen Verfassungsschutzes, der Merkel kritisierte und ins Visier der Politik und der meisten Medien geriet?
Der Ex-Minister kennt den Angeschuldigten persönlich: «Hier geht es darum, einen verdienten, fähigen, integren und äusserst leistungsfähigen Beamten abzuschiessen, nur weil er es gewagt hat, der Kanzlerin zu widersprechen.»
Ganz ähnlich drückte es zuvor auch der Journalist aus: «Merkel setzte mit dem Wort ‹Hetzjagden› die Vorgänge von Chemnitz sozusagen mit den Nazipogromen der Reichskristallnacht von 1938 gleich. Das ist ungeheuerlich. Maassen trat diesem Unsinn richtigerweise entgegen. Deshalb muss er jetzt gegangen werden.»
Hier spricht kein AfD-Mitglied, sondern einer der prominentesten und angesehensten Publizisten Deutschlands.
Lesen Sie hier bitte weiter. So sieht man Deutschland von der Schweiz aus: Weltwoche.ch
Keine Kommentare :
Kommentar veröffentlichen
Der Kommentar erscheint manchmal erst nach Freigabe