Dienstag, 12. April 2016

Anne Will - 10.04.2016 - Streit um Erdogan-Kritik - Kuscht die Bundesregierung vor der Türkei?


Sendung am 10. April 2016 | 21:45 Uhr
Streit um Erdogan-Kritik - Kuscht die Bundesregierung vor der Türkei?
Die Gäste im Studio

© Will Media Fotograf: Borrs/Yunck
  • Serdar Somuncu Kabarettist und Autor
  • Sevim Dağdelen (Die Linke) Sprecherin für Internationale Beziehungen der Bundestagsfraktion
  • Elmar Brok (CDU) Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments
  • Bernhard Pörksen Professor für Medienwissenschaft
  • Fatih Zingal Stellvertretender Vorsitzender der Union Europäisch-Türkischer Demokraten

Erst löst ein Satirebeitrag des NDR-Magazins „extra 3“ über den türkischen Präsidenten Erdogan eine diplomatische Krise aus. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ZDF-Fernsehmoderator Jan Böhmermann wegen seines Erdogan-Schmähgedichts. Wie viel Kritik am türkischen Präsidenten Erdogan ist erlaubt?

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Kommentare aus dem Blog

Brainstorm schrieb Merkel ist mitverantwortlich für diese Brandstiftung in der Welt.

Frau, Jahrgang 54, studiert, promoviert, Ossi schrieb
Ich bin unserer Bundeskanzlerin so dankbar. Endlich haben wir die schönen alten Zeiten zurück. Einheitspartei, Jubelparteitage, Abgeordnete ohne Bedeutung, Staatsfernsehen und Staatspresse. Fest , entschlossen und zielstrebig verfolgt sie ihr Ziel mit der Unterstützung ihrer Partei, die treu und geschlossen ihren Kurs unterstützt. Die unverbrüchliche Freundschaft zu unserem Freund in Übersee ist Garant unseres Erfolges! Die 25 Jahre Intermezzo unter dem Grundgesetz der BRD sind schnell vergessen. Satire ???

Medienbeobachter schrieb
Es geht nicht nur um satirische Beiträge. Auch der französische Botschafter geriet vor einigen Tagen in Erdogans Schussfeld, weil er an dem Prozess gegen „Cumhuriyet“-Chefredakteur Can Dündar und seinen Kollegen Erdem Gül teilnahm. Am Prozessauftakt nahm u.a. auch der deutsche Botschafter teil. Die Regierung in Ankara legte dagegen bei den beteiligten Botschaften Protest ein. Der britische Generalkonsul veröffentlichte laut Twitter mehrere Fotos, darunter ein Selfie mit Dündar ("Deutsche Wirtschafts Nachrichten", 9.4.2016).
Die Franzosen verwahrten sich sogleich scharf gegen die Maßregelung ihrer Diplomaten, die weltweit auch "regelmäßig" als Beobachter Prozessen beiwohnten. Diese Praxis stünde im Einklang mit dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen.
Die Kanzlerin dagegen reagierte schon auf die Einbestellung des deutschen Botschafters wegen der Extra-3-Satire anders. Laut FAZ (29.03.2016) hatte der erzürnte Erdogan dem deutschen Botschafter Martin Erdmann wegen des Beitrags (der Song „Erdowie, Erdowo, Erdowahn“) den "Kopf gewaschen". Ankara forderte, die "Veröffentlichung der Satire zu stoppen". Dazu die FAZ: "Das Regime Erdogan will die Pressefreiheit also nicht mehr nur in der Türkei einschränken, worin es ja längst gewöhnt ist, sondern nun auch in Deutschland – und die Bundesregierung: schweigt."
Dazu der lienientreue CDU-Europapolitiker Elmar Brok laut FAZ: „Man muss manche Dinge in Kauf nehmen, sonst wird man die Krise nicht lösen“.

Ernst schrieb
Um zu wissen, worum es geht, habe ich mir mal das fragliche Erdogan-Schmähgedicht von ZDF-Fernsehmoderator Jan Böhmermann durchgelesen. Es ist ja im Internet noch zu finden. Das ist Fäkalsprache, Gossenjargon, Vulgärsprache untersten Niveaus. Inzwischen setzt Kabarett und Satire immer mehr auf deftige Parolen, statt subtiler Wortspiele und auf lautes Getöse, plumper Haudrauf-Comedy statt leiser Zwischentöne. Abgesehen davon hat Deutschlands politisches Kabarett immer weniger Vielfalt zu bieten, es gibt nahezu ausschließlich nur noch Linkspopulistisches Kabarett. Das entspricht in keiner Weise dem Bildungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, freie Meinungsäußerung hin oder her. Im übrigen hat Böhmermann mit seinem Erdogan-Schmähgedicht, dass in einer Minute soviel Beleidigungen enthält, wie sich überhaupt in einer Minute aussprechen lassen, der Debatte über ein klares Bekenntnis zu Toleranz und Meinungsfreiheit, die von der islamischen Welt gefordert wird, einen Bärendienst erwiesen. Dümmer geht’s nimmer! Und so jemand wird Grimme-Preisträger 2016. Nicht zu fassen. Auch wenn man sich nun bemüht, zu erklären, dass zum Zeitpunkt der Festlegung, es das Schmähgedicht noch nicht gab.

Tweety schrieb
@ Ernst
Vollste Zustimmung! Ich habe so das Gefühl, dass viele der Schreiber hier dieses widerliche Machwerk von Böhmermann gar nicht kennen.

Gerd H. schrieb
"Abgesehen davon hat Deutschlands politisches Kabarett immer weniger Vielfalt zu bieten, ...." Ja, vielleicht ist das auch garnicht geünscht Es soll auf niedere Triebe abgestellt werden, das gehört zur Volksverblödung u. die scheint schon soweit vorangeschritten, wage ich zu behaupten, dass viele einen Urban Priol oder Georg Schramm oder einen Schmickler garnicht mehr verstehen könnten. Die waren sozusagen unangenehm, weil sie zu oft ins Schwarze trafen.

Bart schrieb
Hier wird ja immer noch weitestgehend auf der Stelle diskutiert. Daher noch einmal für Auf-der-Stelle-Treter: Das von Böhmermann vorgelesene 'Gedicht' unter dem bezeichnenden Titel "Schmähkritik" ist eine bewusste Überschreitung der Grenze der grundgesetzlich unter gewisse Einschränkungen gestellten Meinungsfreiheit, die nicht die Meinung des Vortragenden widerspiegelt, wie Böhmi und sein neuer Sidekick Kabelka auch unmissverständlich klar gemacht haben, indem sie mehrfach darauf hinwiesen, dass die "Schmähkritik" im Unterschied zum Extra3-Lied nicht unter Meinungsfreiheit fallen. Das 'Gedicht' dient dazu, die Grenzen der Meinungsfreiheit zu verdeutlichen. Dazu bedient es sich der Technik der Montage, indem es Beleidigungen und rassistische Stereotype (s. Facebook & Co.) aufgreift und zu einer Text-Collage zusammenfügt. Böhmi zeigt dadurch lediglich, was - im Unterschied zur Satire, wie er selbst betont - dumpfe Hassparolen sind und warum diese gerade NICHT unter Satire fallen. Die "Schmähkritik" ist - und das macht Böhmi in der Sendung mehr als deutlich - nicht seine eigene Meinung, sondern lediglich Demonstrationsobjekt, um die GRENZE zwischen Satire/Meinungsfreiheit und Hatespeech aufzuzeigen. Dies wird durch den Einsatz des V-Effekts untermauert: Eine Bühnendarstellung "wird durch Kommentare [von Böhmi und Kabelka] [...] so unterbrochen, dass beim Zuschauer jegliche Illusionen zerstört werden. So kann er [...] eine kritische Distanz zum Dargestellten einnehmen." (Wiki)

Bart schrieb
Edit: nicht unter Meinungsfreiheit falle Im Übrigen: Bereits in der Sendung merkt Sidekick Kabelka an, dass sie wohl aus der Mediathek genommen werde. Solch eine Reaktion ist also bereits intendiert. Wohl genauso wie die bewusst provozierten Reaktionen von Leuten, die sich echauffieren, weil sie die Pointe des 'Gesamtkunstwerks' nicht verstanden haben, oder sich zur Verteidigung einer bedingungslosen Meinungsäußerungsfreiheit aufschwingen, weil sie ebenfalls die Pointe dieses 'Gesamtkunstwerks' nicht verstanden haben. So wird Böhmis (und Kabelkas) Performance Art aufgrund der kalkulierten Provokation zum Diskurskatalysator gesellschaftlicher Selbstverständigung über die Fragen, was darf Satire (noch) und wo hat Meinungsäußerungsfreiheit sinnvollerweise ihre Grenze.

Meinunghabender schrieb
Exakt! Und das ewige Rumgereite auf dem Gedicht selbst offenbart, dass es der Mehrheit an den nötigen Kontextinformationen fehlt, die für eine vernünftige Debatte notwendig sind.

Nachtrag am 12.04.2016 um 10:25 Uhr
Seite 116

Beatrice Mayer schrieb am 11.04.2016 10:49 Uhr:
Frau Merkel soll ihren Job als Berufsfrau machen und eben nicht "wie jeder andere Mensch" ihre Meinung zu einem Satirestück kund tun, was hiesse, die Gesetze des Landes zu verteidigen.
Broder zur Merkels Aussage über Sarrazins Buch "nicht hilfreich": "ist sie Literaturkritikerin?"
Selbstverständlich ist das Kriecherei.

franzi schrieb am 11.04.2016 13:30 Uhr:
@Brain
„wenn Frau Merkel als Nichtliteratin sich nicht kritisch zu Literatur äußern darf , dann dürfen Sie ( und Andere) sich als Nichtpolitiker auch nicht kritisch zur Politik äußern.“ Das war wohl nix mit Ihrer Logik.
Mit der Politik und deren Auswirkungen hat jeder tagtäglich zu tun . Broder und Sarrazin tangieren mich eigentlich überhaupt nicht. Und dann gibt es ja auch noch in regelmäßigen Abständen in einer Demokratie Wahlen. Ist Ihnen das neu ? Da wäre es gut und sogar wünschenswert, wenn sich alle Wahlberechtigten mit den Programmen der Parteien , also der Politik, beschäftigen würden und dann auch zur Wahl gehen . Also, kleiner Tipp: Beim nächsten Mal vor dem Schreiben den „Brain“ einschalten !

BRain schrieb am 11.04.2016 15:43 Uhr:
Ach , das ist doch alles völlig unlogisch , was Sie da zum Besten geben . Egal, welcher Mensch - auch eine BK - kann und darf sich zu allen möglichen Themen äußern .
Männer dürfen sich über Frauen äußern , obwohl sie keine Frauen sind . Frauen dürfen sich über Männer äußern, obwohl sie keine Männer sind .
Fußballfans dürfen sich über Fußballer äußern , Nichtjournalisten über Journalisten , Doofe über Nichtdoofe , Mütter über Nichtmütter und Nichtschwule über Schwule . Millionenfach äußern sich auf dieser Welt Laien über Fachleute und umgekehrt . Und ausgerechnet eine Frau Merkel darf sich angeblich nur über das äußern , wwovon sie auch was versteht ?
Sorry - aber wenn DAS so ist , dann darf sich ausgerechnet Herr Broder über Manieren und Anstand gar nicht äußern . Denn davon hat der so viel wie ein Storch Eier in der Hose hat .

franzi schrieb am 11.04.2016 18:37 Uhr:
@Brain
Was soll denn das ganze Geschwurbel? Eigentlich ist es ganz einfach, Sie müssen nur meinen Beitrag von 13:30 lesen und verstehen. Kein Mensch muss Herrn Broder oder Herrn Sarrazin lesen und seinen Senf dazu geben, aber jeder in Deutschland ist von der Politik der Kanzlerin Frau Merkel betroffen. Man kann Herrn Broder oder Herrn Sarrazin überhaupt nicht mit dem Einfluss der Kanzlerin auf das Leben der Menschen in Deutschland vergleichen. Und weil jeder „Normalo“, wie Sie schreiben, von der Politik betroffen ist, kann auch jeder „Normalo“ sich dazu äußern. Hat es jetzt endlich Klick gemacht ? Das war aber nun wirklich der letzte Versuch.

Marie schrieb am 11.04.2016 20:15 Uhr:
Das "Geschwurbel", wie Sie schreiben, orte ich bei Ihnen. Es geht nicht darum, was man (lesen) muss, sondern darum, was man darf. Und selbstverständlich darf jeder lesen, was er lesen möchte und sich äußern, wozu er sich äußern möchte. Ihnen steht es nicht zu, anderen Leuten diesbezüglich Vorschriften zu machen. SIE entscheiden nicht, wozu sich, wer auch immer, äußern darf. Besonders witzig, wie sich hier Leute, die als glühende Verteidiger der Presse - und Meinungsfreiheit wetternd gegen Erdogan zu Felde ziehen, anderen Leuten deren Meinung streitig machen, nur weil die eine andere Meinung haben. Dolle Meinungsfreiheit, wenn die Kanzlerin oder wer auch immer nur noch das sagen darf, was der Stammtisch vorher genehmigt. Ich teile übrigens Merkels Meinung nicht. Aber bei mir dürfen sich auch Leute äußern, die anderer Meinung sind. Und das "Argument", um auf den Vorredner zu kommen, "Sie haben den Inhalt nicht verstanden", ist kein Argument, sondern ein argumentefreies Totschlagargument.

nicht veröffentlicht
Franzi 11.04.2016 21:35
@Marie
Wäre ja ein Wunder gewesen, wenn von ihnen nicht noch etwas gekommen wäre. Aber auch Sie reden mit konstanter Bosheit am Thema vorbei und werfen Nebelkerzen. Selbstverständlich darf jeder lesen, was er lesen möchte und sich äußern, wozu er sich äußern möchte. Das habe ich doch überhaupt nicht bestritten. Aber der Vergleich von Brain ist völlig daneben, weil nun einmal jeder Bürger von der Politik in diesem Lande betroffen ist und daher in einer Demokratie nicht nur eine Meinung haben darf, sondern im eigenen Interesse haben muss. Sie sind doch das beste Beispiel dafür.
Allerdings haben Sie auch immer einen Gag auf Lager:
„Aber bei mir dürfen sich auch Leute äußern, die anderer Meinung sind.“
Der ist wirklich gut, weil man Sie von den verschiedensten Foren ganz anders kennengelernt hat.


Nachtrag 12.04.2016, 19:05
Seite 125
Marie schrieb am 11.04.2016 20:35 Uhr:
Also, ich fand es Satire vom Feinsten, wie Böhmermann Erdogan erklärt hat, was man auch in Deutschland NICHT sagen darf. Dass die Foristen hier überwiegend intellektuell überfordert sind, den Inhalt sinnverstehend zu erfassen, erstaunt mich nicht. Einfach genial, wie Böhmermann dem Ergogan erklärt hat, was in Deutschland strafbar ist und was nicht. Und das Tüpfelchen auf dem i ist, wie nun in " politischen" Talks dieses sauwichtige Thema von hinten bis vorne und zurück durchgekaut und von " Rechtsexperten" von allen Seiten mit ganz viel heiliger Empörung " beleuchtet" und beschwafelt wird.

- nicht veröffentlicht -
Herbst 12.04.2016, 00:23 Uhr
Ich verstehe Marie sehr gut. Betreibt sie doch seit geraumer Zeit auf anderen Seiten im Internet „Satire vom Feinsten“ gegen andere Foristen. Ich fühle mich davon ebenfalls intellektuell überfordert – besser sollte ich jedoch sagen – unterfordert. “Nachdem ich nun das sogenannte “Gedicht“ eines Herrn Böhmermann`s gelesen habe, verstehe ich ihre Schmähschriften endlich! Sollte sie eventuell die geheime Schreiberin im Hintergrund gewesen sein?
So viel von mir zu diesem Thema.
Gute Nacht
Herbst

- nachträglich gelöscht -
Seite 126
E.F. schrieb am 11.04.2016 21:02 Uhr:
1. Es handelt sich nicht im Ansatz um ein Gedicht. Vielmehr ist es ein unter die Gürtellinie zusammengesetzter Text, den auch bildungsferne Menschen verstehen.
2. Es ist sehr traurig, dass wir in Deutschland nun Nichtdeutsche im Fernsehen diskutieren lassen, was wann und wie hier zu passieren hat....
Ich bin sehr dagegen!
Ein HOCH auf alle Kulturen dieser Welt, aber ein absolutes NEIN zu einer derartigen Verquickung. Wir täten besser, uns gegenseitig zu respektieren und nicht so zu vermischen.


1 Kommentar :

  1. Was hat denn nun Böhmermann wirklich den Zuschauern sagen wollen?

    Er hat sich doch nur auf die Satirefreiheit bezogen und den Zuschauern mitgeteilt, was Satire nicht sagen darf. Geschickt gemacht.
    Böhmermann hatte beleidigende Formulierungen benutzt, um zu erläutern, was die Unterschiede zwischen in Deutschland erlaubter Satire und verbotener Schmähkritik sind.

    Was macht Merkel?
    Sie findet Böhmermanns Schmähgedicht bewusst verletzend.
    Kann sie als Bürgerin Merkel durchaus sagen, aber nicht über ihren Regierungssprecher Seibert.
    Damit spricht sie nämlich als Kanzlerin.
    Plötzlich spielt sie sich als oberster Fernsehkritikerin auf, aber nicht als Bürgerin, sondern als Bundeskanzlerin.Damit überschreitet sie ihre Prioritäten und verletzt die Grundrechte über die freie Meinungsäußerung.
    Warum hat Merkel nichts gesagt, als der deutsche Botschafter wegen der Extra 3 Sendung einbestellt wurde?
    Schon da hätte sie ein deutliche Aussage zur Meinungsfreiheit in Deutschland machen müssen.
    Nun hat Böhmermann tatsächlich Merkel in eine Lage versetzt, wo sie sich klar positionieren muss.
    Im Klartext:
    Knickt sie ein, da sie Erdogan für ihre gescheiterte Flüchtlingspolitik braucht, oder steht sie zu den Grundrechten.
    Ehe man sich über die benutzte Wortwahl Böhmermanns echauffiert, sollte man mal lieber über die erpressbare Politik durch die Türkei gegenüber der Politik einer Merkel gründlich nachdenken.



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