Mittwoch, 22. Oktober 2014

Luftangriffe in Syrien nicht vom Völkerrecht gedeckt

Thema: IS

USA und arabische Verbündete beschießen Dschihadisten. Damaskus lediglich informiert. Rußland warnt. Israelisches Militär schießt syrisches Kampfflugzeug ab.

Die USA haben am Dienstagmorgen erstmals Ziele in Syrien aus der Luft angegriffen. Die Militärschläge sollen in den nächsten Tagen und Wochen fortgesetzt werden. Sie sind sehr viel massiver als die Aktionen der USA im Irak. Dort wurden seit Beginn der Luftoffensive am 8. August rund 190 Ziele attackiert, also knapp fünf im Tagesdurchschnitt. In Syrien richtete sich die erste Angriffswelle nach offiziellen Angaben gegen 22 Ziele.

Von einem Kriegsschiff im Roten Meer feuern US-Streitkräfte am Dienstag einen Marschflugkörper ab Foto: prawda-tv
Neben Kampfflugzeugen und Drohnen kamen dabei auch 47 »Tomahawk«-Marsch-flugkörper zum Einsatz, die von zwei im Roten Meer und im Persischen Golf operierenden US-Kriegsschiffen abgeschossen wurden. An den Angriffen waren auch Saudi-Arabien, Jordanien, Bahrain, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate beteiligt. Ob alle fünf Staaten wirklich direkt Militärschläge gegen Syrien durchführten oder lediglich Unter-stützung leisteten, wurde aus den ersten Meldungen noch nicht deutlich.

Gleichzeitig und wahrscheinlich keineswegs zufällig schossen die israelischen Streitkräfte ein syrisches Kampfflugzeug ab, das sich angeblich für einige Sekunden im Luftraum über dem besetzten Golan-Gebiet befunden hatte. Es war der erste Abschuß eines syrischen Flugzeugs seit 1985. Selbst Israel räumt ein, daß der Pilot keine feindlichen Absichten hatte, sondern sich lediglich in einem Militäreinsatz gegen Stellungen der islamistischen Al-Nusra-Front befand. Syrien verurteilte den israelischen Gewaltakt als offene Unter-stützung für die Terroristen. Kein Staat der Welt, nicht einmal die USA, erkennt die von Israel 1981 vollzogene Annexion des Golan-Gebiets als rechtmäßig an.

Die erste Welle der unter US-amerikanischer Führung stehenden Luftangriffe richtete sich gegen 14 Ziele in dem vom »Islamischen Staat« (IS) kontrollierten Gebiet um die Stadt Rakka im Nordosten Syriens. Außerdem wurden acht Ziele in der Umgebung der Stadt Aleppo im Nordwesten des Landes angegriffen. Es soll sich um Stellungen der Khorasan-Gruppe gehandelt haben, die nach US-Angaben in Verbindung mit Al-Qaida steht. Ziele der Militärschläge waren laut Pentagon Ausbildungslager, Kommandostellen, Lagerräume und Waffendepots, Versorgungsfahrzeuge sowie einzelne Einheiten der Islamisten.

Rakka gilt in westlichen Darstellungen allgemein als »Hauptquartier« des IS und Mittel-punkt eines großen Gebiets, das von den Islamisten beherrscht und staatsmäßig verwaltet wird. Schon bevor US-Präsident Barack Obama am 10. September seine Absicht bekannt-gab, Ziele in Syrien anzugreifen, hatten Politiker der Republikaner und neokonservative Medien gefordert, den IS aus dem Gebiet um Rakka zu vertreiben und dort eine »Schutz-zone« zu schaffen. Allerdings verfügt die US-Regierung für ein solches Vorhaben nicht über genügend starke syrische Hilfskräfte. Den Einsatz eigener Bodentruppen lehnt Obama bisher ab. Daher ist nicht von vornherein auszuschließen, daß dort Soldaten aus den mit Washington verbündeten arabischen Staaten stationiert werden sollen.

Die syrische Regierung teilte am Dienstag mit, sie sei vor Beginn der Luftangriffe von den USA informiert worden. Das russische Außenministerium verurteilte das Vorgehen als Verletzung der syrischen Souveränität und warnte vor der damit verbundenen weiteren Destabilisierung der Region. Zuvor hatte schon Präsident Wladimir Putin gefordert, daß Luftangriffe nicht ohne Zustimmung der syrischen Regierung stattfinden dürften.

Luftangriffe in Syrien nicht vom Völkerrecht gedeckt

„Es gibt viele Gründe, gegen die islamistisch-terroristische Organisation IS vorzugehen. Diese Organisation verbreitet Terror, Mord und Schrecken. Das von ihr angestrebte Kalifat wird kein demokratischer, aufgeklärter Staat sein. Doch das alles rechtfertigt die eigenmächtigen, ohne UN-Mandat durchgeführten Luftangriffe der USA in Syrien nicht. Sie entsprechen nicht dem Völkerrecht und sind somit rechtswidrig“, erklärt Wolfgang Gehrcke, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, zu dem Einsatz von Kampfjets, Bombern und Tomahawk-Raketen auf syrischem Territorium. Gehrcke weiter:

„Sie sind schon dadurch, dass die Koalition der Willigen, die diese Angriffe trägt, Staaten umfasst, die zu den Förderern des IS und anderer islamistischer Organisationen gehören, nicht legitimiert. Aus Saudi Arabien kam das Geld, aus Katar die ideologische Führung, die Vereinigten Emirate und vor allen Dingen die Türkei haben zur Destabilisierung in Syrien beigetragen. Alle diese Staaten unterstützen jetzt die USA bei ihren Angriffen auf syrischem Gebiet gegen den IS.

Notwendig wäre jetzt eine Kooperation der zivilen Opposition in Syrien, einschließlich der gewaltfreien muslimischen Organisationen, mit dem säkularen Staat, die nicht an der Person Assad scheitern darf. Gleichzeitig appelliere ich an die Regierung Assad, die Kurdinnen und Kurden in Rojava in ihrem Kampf zur Abwehr der IS-Formationen zu unterstützen und nicht allein zu lassen.“


Irakische Politiker: Der Islamische Staat ist eine Erfindung der CIA

Der geplante Militäreinsatz der USA im Irak könnte zu einem Zerwürfnis mit der neuen Regierung in Bagdad führen: Ein stellvertretender Premierminister sagte kryptisch, man wisse, wer den IS gegründet habe. Ein hochrangiger schiitischer Kleriker sagte, der IS seine Erfindung der CIA. Die Amerikaner hatten im Jahr 2013 damit begonnen, die sunnitischen Rebellen gegen den syrischen Machthaber Assad mit Waffen zu unterstützen. Auf diese Weise ist das militärische Gerät in die Hände des IS geraten.

Im Irak wächst der Widerstand gegen den Einsatz von amerikanischen Bodentruppen im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS). Die New York Times zitiert den stellvertretenden Premierminister Bahaa al-Araji mit den Worten: „Wir wissen wer den Daesh gemacht hat.“ Daesh ist die arabische Abkürzung für den Islamischen Staat (IS). Die NYT ist berichtet weiter, dass der Politiker auf Nachfrage nicht präziser werden wollte. Präziser sei dagegen der schiitische Geistliche Moktada al-Sadr geworden: Er habe in einer Rede gesagt, dass die CIA den IS gegründet habe. Sadr gilt als dem Iran nahestehend. Die Zeitung berichtet weiter, dass zahlreiche Teilnehmer einer Demonstration dieselbe Meinung vertreten, unter ihnen auch Dutzende Abgeordnete im irakischen Parlament.

In der irakischen Bevölkerung herrscht breiter Widerstand gegen den erneuten Einsatz der Amerikaner. Die NYT hat mit einigen Irakern gesprochen, und zitiert einen von ihnen: „Der islamische Staat ist ganz klar eine Schöpfung der Vereinigten Staaten. Die Vereinigten Staaten versuchen erneut im Irak zu intervenieren und verwenden als Ausrede den Islamischen Staat.“

Die Verdächtigungen der Bevölkerung in Irak kommen nicht von ungefähr: Bereits 2013 hatte die New York Times berichtet, dass die Amerikaner mithilfe des CIA Militärmaterial an die gegen den syrischen Präsidenten Assad kämpfenden Rebellen geliefert hatten. Hugh Griffiths vom Stockholm International Peace Research Institute schätzte damals, dass etwa 3500 Tonnen militärische Ausrüstung an Rebellen geliefert worden seien. Teilweise wurden die Waffen über die Türkei nach Syrien gebracht.

Video: Der ehemalige CIA-Mitarbeiter Steve D. Kelley über die Bewaffnung der ISIS durch die CIA

Offenbar spitzt sich im Land Religionskrieg weiter zu. Die Geistlichen Führer trommeln schiitische Milizen und Freiwillige zusammen, um den Irak ohne amerikanische Hilfe vom IS zu befreien. Man traue Obama nicht, sagte ein Iraki der NYT. Man glaube nicht, dass Obama es wagen würde, erneut im Irak ein zu marschieren, weil er den islamischen Widerstand fürchte.

Der Leiter des Islamischen Staats, Abu Bakr al-Baghdadi, verschärfte seinerseits den Ton: „Die Verschwörung aus Juden, Christen, Schiiten und allen tyrannischen Regimen in den muslimischen Ländern war ohnmächtig, wenn es darum ging, den islamischen Staat von seinem Weg abzubringen. Die ganze Welt sah die Ohnmacht Amerikas und seiner Ver-bündeten angesichts einer Gruppe von Gläubigen. Die Menschen sehen nun, dass der Sieg von Gott kommen wird und von keiner Armee und ihren Arsenalen verhindert werden kann.“

Die USA haben einen Vorschlag des Irans ausgeschlagen, im Gegenzug für Zugeständnisse bei seinem Atomprogramm den Kampf gegen die Extremisten des Islamischen Staates (IS) zu unterstützen. Die Bemühungen, den Iran zur Aufgabe seines umstrittenen Atom-programms zu bewegen, liefen “vollständig getrennt” von den Anstrengungen des US-Präsidenten Barack Obama, eine Koalition gegen IS zu schmieden, sagte der Sprecher des US-Präsidialamtes, Josh Earnest, am Montag in Washington. Die USA würden die militärischen Aktivitäten der Koalition nicht mit dem Iran abstimmen, sagte Earnest. Auch Geheimdienstinformationen würden nicht ausgetauscht.

Iranische Regierungsvertreter hatten der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, die Führung in Teheran sei bereit, die USA und ihre Verbündeten im Kampf gegen die IS-Miliz zu unterstützen. Dafür müsse es aber Zugeständnisse im Atomstreit gegeben. Der Iran sei ein sehr einflussreiches Land in der Region und könne bei der Bekämpfung des IS helfen. Der Iran ist ein wichtiger Verbündeter der Regierungen in Syrien und im Irak, wo die IS-Miliz weite Teile unter ihre Kontrolle gebracht hat.

Quellen: PRAVDA TV/Reuters/Stimme Russlands/Deutsche-Wirtschafts-Nachrichten/jungewelt.de vom 24.09.2014
Mit freundlicher Genehmigung von pravda-tv.com

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