Sonntag, 26. Oktober 2014

bewusste Falschmeldung: Putin hat Teilung der Ukraine nie vorgeschlagen

Thema: Kalter Krieg
Desinformation, etwas plump
Spektakuläre Ente: Putin hat Teilung der Ukraine nie vorgeschlagen

Der polnische Parlamentspräsident Sikorski zieht seine Behauptung zurück, Putin habe Polen die Aufteilung der Ukraine vorgeschlagen. Die Behauptung war von vielen deutschen Medien völlig unkritisch übernommen worden. Nun stellt sich heraus: Es gab nicht einmal das Treffen, bei dem die angebliche Behauptung gefallen ist. Lanciert wurde das Märchen von einem US-Magazin, das zum Dunstkreis der republikanischen Hardliner gehört.

Diese Woche jagte eine scheinbar spektakuläre Meldung durch die Zeitungen. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte gemeldet:
    Der russische Präsident Wladimir Putin hat Polen nach Angaben des ehemaligen polnischen Außenministers Radoslaw Sikorski im Jahr 2008 eine Aufteilung der Ukraine vorgeschlagen. Putin habe diesen Vorschlag dem damaligen polnischen Regierungschef Donald Tusk bei dessen Besuch in Moskau unterbreitet, zitierte das US-Magazin „Politico“ Sikorski. „Er wollte, dass wir uns an der Aufteilung der Ukraine beteiligen.“ Putin habe erklärt, die Ukraine sei ein künstlicher Staat, und die Stadt Lemberg gehöre zu Polen. Sikorski zufolge, der Tusk bei dem Besuch in Moskau begleitete, antwortete der polnische Regierungschef nicht auf den Vorschlag. Allerdings habe Polen sehr klargemacht, dass es nichts mit der Sache zu tun haben wolle.

    Vor dem Zweiten Weltkrieg hatten Teile der heutigen Westukraine zu Polen gehört, darunter die Stadt Lemberg, die auf Polnisch Lwow und auf Ukrainisch Lwiw heißt. Sikorski teilte nach der Veröffentlichung des Interviews mit, er sei von dem Magazin nicht völlig korrekt wiedergegeben worden. „Einige meiner Worte wurden überinterpretiert“, schrieb er auf Twitter. Was genau verzerrt wiedergegeben sein soll, ließ er offen. Das polnische Außenministerium und Vertreter der russischen Regierung waren für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar.
Die FAZ titelte:
    „Putin schlug Aufteilung der Ukraine vor“
    Der ehemalige polnische Außenminister Sikorski behauptet, der russische Präsident hätte 2008 angeboten, die Ukraine unter beiden Ländern aufzuteilen. Polen sei jedoch nicht auf den Vorschlag eingegangen.

n-tv schrieb:
    Putin schlug Polen Ukraine-Aufteilung vor
    Vor dem Zweiten Weltkrieg gehören Teile der heutigen Westukraine zu Polen, etwa die Stadt Lemberg. Das weiß auch Russlands Präsident Putin. Er soll 2008 Polens Regierung ein Angebot gemacht haben, das heute noch politischen Sprengstoff birgt.

Die Bild meldete:
Die Wiener Presse erweckte gar den Eindruck, bei dem Treffen dabei gewesen zu sein und titelte:
    Wie Putin Polen die Teilung der Ukraine „anbot“

Tatsächlich war es auch ohne aufwendige Recherche möglich, zu erkennen, dass an dieser Nachricht etwas „stinkt“: Eine derart schwachsinnige Avance würde Putin den Polen nicht einmal im Zustand der Volltrunkenheit machen.

Wie sich schon einen Tag später herausstellte, war die Sache frei erfunden: Sikorski sagte zunächst, Politico habe ihn „überinterpretiert“. Später sagte er, er sei bei dem Gespräch zwischen Tusk und Putin gar nicht dabei gewesen. Auch bei Ort und Zeitpunkt des Gesprächs habe ihn sein Gedächtnis im Stich gelassen. „Ich habe mich vergaloppiert“, sagte er laut dpa. Die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform – gewiss nicht im Verdacht, zu den Putin-Verstehern zu gehören, meldet sogar noch ein weitergehendes Dementi: In einem Statement soll Sikorski gesagt haben, dass ihn sein „Gedächtnis verlassen habe, weil sich nach einer Überprüfung herausgestellt hat, dass es kein bilaterales Treffen zwischen Putin und Tusk in Moskau gegeben hat“.

Während die dpa die gewagte These aufstellt, dass Sikorski vielleicht frustriert sein könnte, weil er nicht mehr Außenminister ist, lässt ein Blick auf die Eigentümer von Politico schon eher Rückschlüsse auf die Absicht zu: Der Watchdog MediaMatters und Glenn Greenwald auf Salon haben eine Reihe von Verbindungen offengelegt, die Politico zum rechten Flügel der Republikaner hat. Finanziert wird das Magazin vom Familienunternehmen Allbritton, dessen Familienoberhaupt bei der Riggs Bank eine undurchsichtige Rolle spielte: Es ging um die Finanzierung des chilenischen Diktators Augusto Pinochet.

Politico dürfte also geostrategische Interessen verfolgen: Die Strategie, Zwietracht zwischen der EU und Russland zu säen, hat schon Obama-Vize Joe Biden ganz unverhohlen bekanntgemacht. Neokonservative Medien wirken seit jeher an einer gezielten Desinformation mit.

Die Leser in Europa dürften bald mehr von Politico erfahren: Politico hat ein Joint Venture mit dem Springer-Verlag geschlossen, um aus Brüssel eine EU-Ausgabe des Neocon-Blattes zu veröffentlichen. In Washington wird das Blatt gratis verteilt, Zielgruppe sind nicht die Bürger, sondern die Politiker.

Der Springer-Verlag teilt dazu mit:
    Axel Springer SE, einer der führenden europäischen digitalen Verlage, und POLITICO, die führende Publikation für politischen Journalismus mit Sitz in Washington D.C., haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam eine europäische Ausgabe von POLITICO zu entwickeln. Das neue digitale Medienangebot soll fundierte Berichterstattung über europäische Politik bieten.

Die Bedeutung des Wortes „führend“ ist in diesem Zusammenhang durchaus zweideutig.

Donald Tusk, dessen enger Vertrauer Sikorski ist, übernimmt dieser Tage den Job des EU-Ratspräsidenten.

Erst kürzlich hatte ein anderer EU-Präsident zurückrudern müssen: José Manuel Barroso hatte behauptet, Putin habe gesagt, wenn er wolle, könne er Kiew in zwei Wochen militärisch einnehmen. Auch diese “Nachricht” wurde in zahlreichen Medien verbreitet. Das Dementi lieferte in diesem Fall das Wall Street Journal.

Mit freundlicher Genehmigung von DEUTSCHE WIRTSCHAFTS NACHRICHTEN


Kommentare

nick sagt:
Ukrinform zittiert richtig. Sikorski hat sich wie immer als “nutzliche Idiot” verhalten. Wenn man polnische Foren liest, ausser paar Trolle zeigen Polen mehr Verstand als polnische Regierung und man weiss dass polnische Regierung gegen den polnischen Volkswillen regiert.

Gino sagt:
In welchem EU-Land ist das anders?
Volksabstimmungen in ganz Europa zur Ukraine und den Sanktionen würden offenlegen wie 500Mio Menschen denken und von ein paar Hundert manipuliert und in schlimme Situationen manövriert werden. Ist doch geradezu lächerlich wie sich so viele Menschen das gefallen lassen können. Hätte man das für möglich gehalten?

Hegelfan sagt:
Wie das geht? – “Halb zog man ihn, halb fiel er hin”, der Letzte Mensch.

Nachdenklicher sagt:
Und solche Meldungen sorgen dann für den Ausbruch, wenn daraufhin ein Durchgeknallter auf den falschen Knopf drückt, weil das Hirn zum NACHDENKEN fehlt. Und davon gibt es ja in der Politik weltweit genug. Für mich erneut ein Beweis für meine Skepsis gegenüber diesen Knallern.

Alex sagt:
Noch schlimmer an der Stelle ist, dass diese Lügen zwar von den Medien aufgegriffen werden, aber nie dementiert. Die falsche Meinungsbildung soll bloß erhalten bleiben. Das passiert so oft, dass ich bereits aufgehört habe zu zählen. UNERTRÄGLICH!

"Westliche Wertegemeinschaft" sagt:
Sikorski hat die Ukraine auch auf recht rustikale Art überzeugen müssen, dem EU – Abkommen zuzustimmen
http://www.itv.com/news/update/2014-02-21/polish-minister-tells-protest-leader-you-will-all-be-dead/
Fragt man sich, wie es hinter den Kulissen wirklich zugeht…

Stephan Achner sagt:
Es fällt schon sehr auf, dass in den letzten Tagen aus allen US-Rohren einschließlich ihrer Helfershelfer (hier Sikorski) gegen Rußland geschossen wird. Das kann ich mir nicht anders erklären als mit einer Konzertierten Aktion aus US-Regierung und Nato, um Europa endlich williger als bisher zu machen. Es ist ja bekannt, dass es vor allem in Polen und den baltischen Staaten US-hörige Politiker gibt, die auch Gift aus einer Flasche trinken würden, wenn ihnen von der US-Regierung gesagt wird, da sei nur Coca-Cola drin.

Disclaimer sagt:
Offener Brief an Putin und das russische Volk in vielen Sprachen zum Mitzeichnen:
http://dearputin.com/de/

ronja w. sagt:
Man darf den Politikern wirklich nichts glauben. Die haben weder Anstand noch Charakter. Alle hacken auf Putin rum, obwohl er erhrlicher und diplomatischer ist, als der ganze Rest zusammen. Wer hätte es gedacht, dass Russland politisch mal so etwas wie ein Vorbild für viele Menschen in Deutschland wird. Schade, dass es hier keine Politiker gibt, die” für uns regieren”!

Dietrich Bauer sagt:
Mit Polen und seinen Politikern hat sich die EU ein besonders gefährliches Krebsgeschwür eingehandelt. Es wird keine Gelegenheit der Hetze gegen Russland oder wie vor einigen Jahren durch die Kaczinski Brüder gegen Deutschland ausgelassen.Auch beim tiefen Griff in die EU Kassen sind die polnischen Politiker sehr erfinderisch. Ihre Befehle bekommen sie direkt aus den USA, Brüssel ist ihnen völlig gleichgültig.

Curley sagt:
Das sagte ein Pressevertreter/Journalist schon vor über hundert Jahren selbst zur angeblichen freien Presse ! BITTE MAL LESEN !
John Swinton (1829-1901), amerikanischer Journalist
“Es ist das Geschäft der Journalisten, die Wahrheit zu zerstören, unumwunden zu lügen, zu pervertieren, zu verleumden, die Füße des Mammon zu lecken und das Land zu verkaufen für ihr tägliches Brot. Sie wissen es und ich weiß, was es für eine Verrücktheit ist, auf eine unabhängige Presse anzustoßen. Wir sind die Werkzeuge und Vasallen der reichen Männer hinter der Szene. Wir sind die Hampelmänner, sie ziehen die Strippen und wir tanzen. Unsere Talente, unsere Fähigkeiten und unser ganzes Leben sind Eigentum anderer Menschen. Wir sind intellektuelle Prostituierte”
Die Presse – nur widerlich ! Die DWN ausgenommen

was gibt da noch zu diskutieren sagt:
Die Teilung der Ukraine begann mit dem EU Assoziierungsabkommen- es hiess entweder Russland oder die EU. Die Bundesregierung setzt jetzt auch Serbien unter Druck- ein EU Beitritt ist nur dann möglich wenn die Serben sich von Russland abnabeln. Und das sind Fakten! Demzufolge sind die deutsche Politiker die Separatisten.


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