Samstag, 28. Oktober 2017

Kinderbräute in den USA - gar keine Seltenheit


Thema: Kinderheirat

Kinderbräute in den USA
Mutter zwang Angel mit 13 zur Heirat – ganz legal

Kinderehen sind in den USA keine Seltenheit. Aktivisten gehen von Hunderttausenden Fällen in den letzten Jahren aus und fordern strengere Gesetze.


Bild: Screenshot BBC
Angel McGehee aus dem US-Bundesstaat Idaho war 13 Jahre alt, als ihre Mutter ein Hochzeitskleid im Internet bestellte und sie zur Heirat mit ihrem Freund zwang. Mit 15 Jahren wurde sie erstmals selbst Mutter. Heute hat die 26-Jährige fünf Kinder, zwei davon mit ihrem zweiten Mann. McGehee kommen im Gespräch mit der BBC die Tränen, wenn sie daran denkt, was sie aus ihrem Leben hätte machen können. «Ich war eine Sklavin», sagt sie und schildert, wie ihr erster Mann sie misshandelte.

Ähnliches berichtet Sherry Johnson (58) aus Florida. Die Afroamerikanerin wurde mit elf Jahren an ihren Vergewaltiger verheiratet – und bekam sechs Kinder mit ihm. Der Grund: Ihre Mutter wollte die Familie vor Schande bewahren. Heute kämpft Johnson für eine Gesetzesänderung.

Druck auf Florida

Die Kinderehe wird in Industriestaaten vor allem als ein Problem von Entwicklungsländern gesehen. Menschenrechtler in den USA aber sehen darin ein Tabuthema, das ihr Heimatland direkt betrifft. In dieser Woche etwa wollen mehrere Organisationen in Florida erreichen, dass der US-Bundesstaat ein anhängiges Gesetz beschliesst, das das Mindestalter für die Ehe ohne Ausnahmen auf 18 Jahre heraufsetzt.

Laut Human Rights Watch sind die Gesetze gegen die Kinderehe selbst in Afghanistan strenger als mancherorts in den USA. In Kabul dürfen 15- oder 16-jährige Mädchen mit Erlaubnis ihres Vaters oder eines Richters heiraten, in Florida gibt es für Ehen unter besonderen Voraussetzungen keine untere Altersgrenze. Staaten wie Tansania, Guatemala oder Simbabwe haben die Kinderehe verboten.

Viele Bundesstaaten kennen kein Mindestalter

Idaho und Florida sind der BBC zufolge zwei der Bundesstaaten mit der höchsten Rate an Kinderehen. Sie gehören zu den 25 US-Staaten, in denen es für die Ehe unter bestimmten Voraussetzungen überhaupt keine untere Altersgrenze gibt. In Florida kann ein Richter eine Ehe genehmigen, wenn ein Mädchen – egal welchen Alters – schwanger ist. In den übrigen Staaten ist die Ehe unter 18 Jahren ebenfalls unter bestimmten Umständen erlaubt – es gibt aber ein Mindestalter. Allerdings liegt dieses manchmal bei 13 oder 14 Jahren.

Laut der NGO Unchained at Last wurden in 38 der 50 Bundesstaaten zwischen 2000 und 2010 mehr als 167'000 Kinderehen geschlossen. Die Minderjährigen sind meist Mädchen, einige nicht älter als zwölf Jahre. Die Betroffenen kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten, fast immer wollen die Eltern die Kinderehe. Für die gesamten USA geht die Organisation in dem Zeitraum von 248'000 Kinderehen aus. In einem Drittel der Fälle war der Mann dabei älter als 21 Jahre.

Für Florida liegen gemäss Human Rights Watch konkrete Zahlen vor: Hier heirateten zwischen 2011 und 2015 mehr als 16'000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.

Widerspruch zur Aussenpolitik

Die internationale Haltung der USA zur Kinderehe steht im Widerspruch zu den inländischen Regelungen: 2016 lancierte das Aussenministerium die U.S. Global Strategy to Empower Adolescent Girls, also eine globale Strategie zur Stärkung heranwachsender Mädchen. Ein Kernziel: Die Zahl von Kinder- und Zwangsheiraten zu reduzieren. Die Ehe vor dem 18. Lebensjahr wird laut «Chicago Tribune» gar als «Missbrauch von Menschenrechten» bezeichnet, der «verheerende Auswirkungen auf das Leben eines Mädchens» habe.

Human Rights Watch zufolge haben US-Mädchen, die vor dem 16. Lebensjahr heiraten, ein um 31 Prozent höheres Risiko, später in Armut zu leben. Viele brechen die Schule ab, erleiden häusliche Gewalt und haben gesundheitliche Probleme.

Warum ist die Kinderehe dann in den USA in vielen Fällen legal? Die «Tribune» sieht die Schuld bei den Gesetzgebern. Diese fürchteten, mit strengeren Regeln die Religionsfreiheit zu beschneiden oder hielten die Ehe bei eine Teenager-Schwangerschaft sogar für die beste Lösung, so der Vorwurf. (mlr)

mit freundlicher Genehmigung von 20min.ch

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