Dienstag, 10. Oktober 2017

LKW - Maut - das gut funktionierende Geldverschiebesystem

Thema: LKW-Maut

LKW - Maut - das gut funktionierende Geldverschiebesystem

11. September 2017,
Bund überweist Autobahnbetreibern offenbar zu viel Geld

Einem Bericht zufolge erhalten private Autobahnbetreiber seit zwei Jahren systematisch zu viele Mittel aus der Lkw-Maut. Grund ist demnach eine Abrechnungspanne.
Zeit-Online.de

Wie Zeit-Online weiter schreibt, gibt es Probleme bei der Abrechnung von 7,5 und 12-Tonner LKWs. Das Maut-Abrechnungssystem kann dazwischen nicht unterscheiden und deshalb sind dem Staat Einnahmen in zweistelliger Millionenhöhe entgangen.
Betroffen seien viele privat-öffentliche Autobahnprojekte.

Die Aussichten, das Geld zurückzufordern sind gering, mehrere Betreiber lehnen eine Rückzahlung ab da der Bund die Verantwortung für die korrekte Abrechnung trage.

Anton Hofreiter, Bundestagsfraktionschef der Grünen, sagte: "Die Bundesregierung ist damit schlichtweg überfordert" und sprach von einem "Lehrstück für verfehlte Industriepolitik". Der Bund sei nicht in der Lage, auf Augenhöhe mit den Großkonzernen der Mautbetreiber zu agieren."

Die Mauteinnahmen in 2016 betrugen 4,6 Milliarden Euro, davon liegt die Betreibervergütung bei 500 Mio. Euro.

In der "Westfalenpost" fand ich den Leserbrief eines Berufskraftfahrers:
Das Geld versickert im Bundeshaushalt

Staus auf Autobahnen (...) Die wahren Staulängen für uns Berufskraftfahrer werden fast nirgends erwähnt.
Die zusätzlichen Einnahmen des Staates durch die seit 2005 bestehende Lkw-Maut, zusätzlich zu Kfz-Steuer, Mineralölsteuer tendieren gegen 60 Milliarden Euro. Geld, das sich Transportunternehmen zumindest zum Teil über höhere Transportpreise von den Nutznießern des Güterverkehrs, den Verbrauchern, zurückholen müssen.
Falls es sich noch nicht herumgesprochen hat: »Lkw fahren nicht spazieren, sondern ihr Mehl zu Ihrem Bäcker, ihre Lebensmittel in den Supermarkt, ihren Sprit zur Tankstelle. (...) Und das Geld, welches dem Staat zusätzlich zugelaufen ist und per Mautvertrag zwingend für die Infrastruktur einzuplanen war, versickert still und leise im Bundeshaushalt, siehe "schwarze Null", und deutsche Brücken bröseln. Staus durch Fahr- und Überholverbote nehmen permanent zu und die Straßen sehen zunehmend aus wie im nahen und mittleren Osten.

Volker Kowalskl, Wetter
Was sagt uns das? Recht hat der Mann!

Es scheint sich ja im Nachhinnein sehr viel geändert zu haben.
Noch 2004 stand bei Wikipedia:


"Am 11. März 2004 wurde bekannt, dass die CDU einen FDP-Antrag auf Einrichtung eines Bundestags-Untersuchungsausschusses zur LKW-Maut nicht unterstützen wird. Da damit das notwendige Quorum von mindestens einem Viertel der Bundestagsabgeordneten nicht zustande kam, wurde kein entsprechender Ausschuss eingesetzt."

Davon ist keine Rede mehr.

Bei Heise online konnte man am 25.11.2009 um 10:43 Uhr lesen:

News-Meldung

Eine der größten Geheimniskrämereien der neueren deutschen Politik beginnt sich zu lichten. Die deutsche LKW-Maut, trotz weltweit ausbleibender Aufträge von Politikern gern als "Exportschlager" gefeiert, offenbart sich im Detail als großes, gut funktionierendes Geldverschiebesystem, von dem Staat und Maut-Betreiber gleichermaßen profitieren. Das jedenfalls legen etliche Dokumente zum Public-Private-Partnership-Projekt nahe, die Wikileaks in diesen Tagen veröffentlichen wird und die heise online vorliegen. Bislang waren alle Versuche gescheitert, die Offenlegung des 17.000 Seiten starken Vertragswerks zu erreichen.

Üppige Renditen und überaus großzügige Wartungsgebühren offenbaren sich bei dem Blick in die Dokumente – und selbst bei den Summen für den nach 12 Jahren Maut-Betrieb vorgesehenen Abbruch des Gesamtsystems wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Die LKW-Maut sorgt zwar für Einnahmen von ca. 3 Milliarden Euro per Jahr, doch der Maut-Betrieb ist dabei mit 700 Millionen selbst der größte Kostenfaktor. Wie diese enorme Summe zustande kommt, zeigen Dokumente aus den Jahren 2002 bis 2003, die die Whistleblower-Seite veröffentlichen will.

Ein erster Blick in das von der Bundesregierung akzeptierte Angebot vom Mautbetreiber Toll Collect zeigt die Maut als Geldverteiler. So wurden die 300 Mautbrücken mit Bau, Installation und Haltung mit mindestens 511.000 Euro (für eine dreispurige Brücke) pro Brücke veranschlagt. Für die kontinuierliche Softwareanpassung der Brückensysteme genehmigte man sich großzügig 24,8 Millionen Euro im Jahr. Selbst für den einfachen Abbau einer Brücke wurden 30.500 Euro veranschlagt. Für eine schon vorhandene Abrechnungssoftware setzte man eine Miete von ca. 150 Millionen pro Jahr an, die an die AGES überwiesen wurde, welche sich in letzter Minute in die Maut-Gemeinschaft eingeklagt hatte.

Ohnehin genehmigte sich der Betreiber eine Rendite von mehr als 1 Milliarde Euro bei Gesamtkosten von ca. 6 Milliarden. Dies errechnete die Illustrierte Stern auf Basis einiger Kalkulationsdateien von Toll Collect. Sie kam dabei auf eine Nettorendite von 19 Prozent. Diese traumhaften Zahlen für das Maut-Konsortium sind wohl der Grund, warum die Maut-Verträge geheim sind, nicht die Technik. Mehrfach betonen die Maut-Anbieter in den bislang der Presse vorgelegten Wikileak-Dokumenten, dass sie nur "Off the Shelf"-Produkte und erprobte Verfahren einsetzen wollen, nur bei der "Anwendung von Algorithmen zur Erkennung der Maut-Pflicht" wollte man ein eigenes, innovatives Verfahren der Bietergemeinschaft einsetzen.

Es ist schon interessant, wie schnell so etwas "vergessen" wird und die Spuren beseitigt werden.

Ach ja, noch etwas:
Hat eigentlich das Betreiberkonsortium den Einnahme-Ausfall für die einjährige Inbetriebnahme-Verspätung des Systems erstattet?


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