Der Wahlboykott
Steigen wir aus dem Spiel der Mächtigen aus und entscheiden, nicht mehr zu wählen!von Jochen Mitschka
Wir geben uns gern systemkritisch, und doch stützen die meisten von uns dieses System: indem sie zur Wahl gehen. Mangels wirklicher Begeisterung für eine der Parteien, argumentieren Wähler meist mit dem „kleineren Übel“. Man möchte Schlimmeres verhindern und, da Demokratie schließlich eine historische Errungenschaft ist, seine staatsbürgerliche Pflicht erfüllen. Vielleicht ist dies aber ein Fehlschluss. Wer zur Wahl geht, legitimiert letztlich politische Entscheidungen, auf die er nach Abgabe seiner Stimme keinen Einfluss mehr hat. Er gibt der Fassaden-Demokratie einen Blankoscheck, mit Selbstbedienung, Ausbeutung und Unterdrückung weiter zu machen — nur dass die Unterdrückung gelegentlich die Farbe wechselt. Es wird Zeit, den Mächtigen das Vertrauen, das wir ohnehin längst nicht mehr in sie haben, auch formal zu entziehen und unsere Geschicke endlich in die eigenen Hände zu nehmen.
In Deutschland gibt es weder eine Gewaltenteilung noch eine echte Demokratie, sondern einen Parteienstaat, bei dem der Konsens zur Machterhaltung der Parteien die einzige verbliebene Säule der Staatsmacht darstellt. Sekundiert wird diese durch die „Vierte Macht“ im Staat, welche durch die Schicht der Reichen gekauft wurde. Der Einfluss der Wähler auf die Politik hat dementsprechend nur kosmetische Wirkung.
Wer dieser Meinung ist, kommt zwangsläufig zu der Überlegung, wie man die Versprechungen, die im Grundgesetz und in den Sonntagsreden der Politiker gemacht werden, in aktive Politik umsetzen kann. Und irgendwann landet man beim Gedanken des Wahlboykotts.
Repräsentative Demokratie
Die Wahlen nähern sich, also das Datum, an dem der Wähler angeblich über die Politik Deutschlands oder der EU entscheidet — dies freilich ohne zu wissen, was anschließend tatsächlich passiert, und ohne Einfluss darauf zu haben. Jetzt mehren sich die Stimmen quer durch alle Parteien, die unisono dazu auffordern, doch wählen zu gehen. Dies wäre nicht nur ein Recht, für das Menschen in anderen Ländern mit ihrem Leben kämpfen, sondern auch eine Pflicht. Und es wäre egal, welche Partei man wählen würde — außer natürlich jene, die nicht zum Parteienkonsens gehören, mit dem die Macht der Parteien als einzige Staatsmacht durchgesetzt wird.
Daran erkennt man, wie wichtig es ist, dass Wähler durch die einmalige Abgabe ihrer Stimme der Welt demonstrieren, dass sie einverstanden sind mit dieser Form der „repräsentativen Demokratie“; man erklärt quasi, sich freiwillig diesem Parteienkonsens zu unterwerfen, egal welche Politik durch diesen letztlich realisiert wird:
Egal ob der sich dann im Detail durchsetzende Parteienkonsens in einen Krieg oder ob er zur Umverteilung des Einkommens und Vermögens vom Mittelstand zu immer Reicheren führt, egal ob er die Rüstungsausgaben verdoppelt, während die Renten bestenfalls stagnieren, egal ob der Mindestlohn ausreicht, um eine menschenwürdige Rente zu erreichen, egal ob Konzerne Rekordgewinne einfahren, während die Löhne und Gehälter real schrumpfen, egal …
Zehntausende Lobbyisten existieren letztlich durch steuerliche Absetzfähigkeit ihrer Tätigkeit auch auf Kosten des steuerzahlenden Wählers. Ebenso jene Medien, deren Protagonisten aus politisch durchgesetzten Zwangsabgaben finanziert werden und die eigentlich zu objektiver und journalistisch sauberer Berichterstattung verpflichtet wären, diese jedoch immer weniger liefern. Ganz abgesehen auch von Unternehmen wie Banken, die geschickt Gewinne privatisieren, aber Verluste sozialisieren; abgesehen auch von jenen Superreichen, die Spekulationsgewinne, die nur aus Zahlen auf Konten bestanden, dank diverser „Reformen“ und Privatisierungen nun in Realwerte verwandeln können. Die Allgemeinheit kann dagegen währenddessen immer weniger Einfluss und Eigentum für sich beanspruchen. Das klingt furchtbar populistisch? Nun, dieser Artikel ist keine wissenschaftliche Darstellung, sondern das reale Deutschland des 21. Jahrhunderts.
Das Quorum
Nun gibt es in fast allen Wahlsystemen die Regelung, dass das Ergebnis einer Wahl nur dann als „repräsentativ“ anerkannt wird, wenn eine gewisse Mindestanzahl an Wählern ihre Stimme abgegeben haben, also das „Beteiligungsquorum“, das eine Mindestbeteiligung voraussetzt. In vielen parlamentarischen Geschäftsordnungen geht man davon aus, dass Wahlen, an denen weniger als 50 Prozent der wahlbeteiligten Mandatsträger — also Repräsentanten — teilnehmen, unwirksam sind.
Nun wäre meiner Meinung nach eine solche Regelung auch für die Wahl der Repräsentanten selbst notwendig. Denn wie kann es sein, dass sich jemand zum „Repräsentanten“ der Mehrheit erklärt, der nur von einem kleinen Teil der Wahlberechtigten tatsächlich gewählt wurde ? Mit anderen Worten: Ein Repräsentant behauptet, er hätte das „Vertrauen der Mehrheit“ der Wähler, obwohl er vielleicht lediglich 25 Prozent von 50 Prozent aller Wahlberechtigten erhalten hat, also effektiv nur die Stimmen von weniger als 12,5 Prozent.
Bei Bundestagswahlen verzeichnet man eine konstante Wahlbeteiligung von über 70 Prozent; bei der im Mai anstehenden Europawahl hätten wir jedoch bereits ein Problem. Denn seit 1999 liegt die Wahlbeteiligung dabei bereits unter 50 Prozent. Mit anderen Worten: Seit 1999 wird behauptet, das Europaparlament würde die Wähler Europas vertreten, obwohl weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten überhaupt glauben, dass das der Fall ist, und daher schon von vornherein auf eine Stimmabgabe verzichten. Im Jahr 2014 betrug die Wahlbeteiligung 43 Prozent. Führt eine solche Wahl tatsächlich zu einer legitimen Volksvertretung?
Wäre ein Boykott antidemokratisch?
Die geballte Macht der meinungsbildenden Medien würde einen Wahlboykott als „undemokratisch“ diskreditieren und alle staatstragenden Parteien würden unisono diesen Boykott verleumden. Dass eine solche Wahlverweigerung nicht GEGEN Demokratie gerichtet ist, sondern vielmehr auf das Ziel einer DIREKTEREN Demokratie, würde untergehen.
Als Zwischenziel könnte man daher das Ziel ausgeben, dass eine Regierung, die aus einer Partei oder Parteienkoalition besteht, die weniger als 50 Prozent der Wahlberechtigten repräsentiert, nicht für sich beanspruchen kann, die Mehrheit der Wähler zu vertreten.
Und der Wahlboykott muss ja nicht auf Anhieb eine komplette Delegitimation der Mandatsträger erreichen. Alleine die Tatsache, dass sich bei jeder zukünftigen Bundestags- und Landtagswahl die Wahlbeteiligung, wenn auch geringfügig senkt, würde einen ungeheuren Druck ausüben, und letztlich eine Diskussion anstoßen, die dringend notwendig ist.
Diese fehlende Direktwahl des Regierungschefs hebelt zudem die Kontrollfunktion des Parlaments aus. Denn wenn durch die Parteien im Parlament die Regierung bestimmt wird, wie kann sie dann gleichzeitig die Funktion als separate Säule der Gewaltenteilung innehaben? Doch wie das Beispiel Frankreichs zeigt, vermag auch eine Stichwahl wichtige Probleme der repräsentativen Demokratie nicht zu lösen.
Die Forderungen des Wahlboykotts
Nun wäre ein Wahlboykott allein zur Verhinderung einer legitimen Regierung tatsächlich undemokratisch. Deshalb müssen mit einem Wahlboykott Bedingungen verknüpft werden, unter denen der Wahlboykott unwirksam werden würde:
Die praktische Umsetzung
Wie kann man aber gegen den geballten Widerstand des politischen und wirtschaftlichen Establishments einer Gesellschaft ankämpfen und dabei die Forderungen kommunizieren? Nun, daran scheitert er. Denn es gibt keine Kultur der „Graswurzelbewegung“ in Deutschland. „Bewegungen“ in Deutschland entstehen immer durch direkte oder indirekte Einflussnahme und Finanzierung durch Politik und Wirtschaft. Deutschland ist zu fest in den Händen einer neuen Aristokratie aus Politik und Geld, als dass ein Wahlboykott mit diesen Forderungen eine Chance hätte, überhaupt in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu dringen. „Demokratie“ ist in Deutschland leider ein Potemkinsches Dorf, dessen Schein aber um jeden Preis von jenen verteidigt wird, die davon profitieren.
In Deutschland gibt es weder eine Gewaltenteilung noch eine echte Demokratie, sondern einen Parteienstaat, bei dem der Konsens zur Machterhaltung der Parteien die einzige verbliebene Säule der Staatsmacht darstellt. Sekundiert wird diese durch die „Vierte Macht“ im Staat, welche durch die Schicht der Reichen gekauft wurde. Der Einfluss der Wähler auf die Politik hat dementsprechend nur kosmetische Wirkung.
Wer dieser Meinung ist, kommt zwangsläufig zu der Überlegung, wie man die Versprechungen, die im Grundgesetz und in den Sonntagsreden der Politiker gemacht werden, in aktive Politik umsetzen kann. Und irgendwann landet man beim Gedanken des Wahlboykotts.
Man begreift, dass man durch die Beteiligung an Wahlen zwei wichtige Aufgaben für das herrschende Establishment erfüllt: Erstens legitimiert man dessen Herrschaft durch die Abgabe der Stimme für dasselbe, zweitens übernimmt man für die Folgen die Verantwortung.Denn: Es ist ja eine „Demokratie“, das heißt die Regierung tut ja angeblich das Beste für den Wähler, auch wenn dieser genau davon nichts merkt — im Gegenteil. Was aber, wenn niemand zu Wahlen ginge, solange es nur diese Art von Deklaration des Vertrauens für eine „Repräsentation“ gibt — faktisch ohne aktive Einflussnahme durch den Wähler auf die Politik?
Repräsentative Demokratie
Die Wahlen nähern sich, also das Datum, an dem der Wähler angeblich über die Politik Deutschlands oder der EU entscheidet — dies freilich ohne zu wissen, was anschließend tatsächlich passiert, und ohne Einfluss darauf zu haben. Jetzt mehren sich die Stimmen quer durch alle Parteien, die unisono dazu auffordern, doch wählen zu gehen. Dies wäre nicht nur ein Recht, für das Menschen in anderen Ländern mit ihrem Leben kämpfen, sondern auch eine Pflicht. Und es wäre egal, welche Partei man wählen würde — außer natürlich jene, die nicht zum Parteienkonsens gehören, mit dem die Macht der Parteien als einzige Staatsmacht durchgesetzt wird.
Daran erkennt man, wie wichtig es ist, dass Wähler durch die einmalige Abgabe ihrer Stimme der Welt demonstrieren, dass sie einverstanden sind mit dieser Form der „repräsentativen Demokratie“; man erklärt quasi, sich freiwillig diesem Parteienkonsens zu unterwerfen, egal welche Politik durch diesen letztlich realisiert wird:
Egal ob der sich dann im Detail durchsetzende Parteienkonsens in einen Krieg oder ob er zur Umverteilung des Einkommens und Vermögens vom Mittelstand zu immer Reicheren führt, egal ob er die Rüstungsausgaben verdoppelt, während die Renten bestenfalls stagnieren, egal ob der Mindestlohn ausreicht, um eine menschenwürdige Rente zu erreichen, egal ob Konzerne Rekordgewinne einfahren, während die Löhne und Gehälter real schrumpfen, egal …
Gibt es einen einzigen Fall, bei dem Sie das Gefühl haben, dass „Ihre Repräsentanten“ wirklich Ihre ureigenen Interessen vertreten?Eins ist jedenfalls durch die Stimmabgabe für eine Partei sichergestellt: die Selbstbedienung der Parteien aus Steuergeldern. Und das betrifft nicht nur die Alimentation der riesigen Zahl an „Repräsentanten“ im Bundestag, deren vergleichsweise exorbitanten Renten oder die demnächst eine Milliarde Euro überschreitenden Zahlungen an von ihnen kontrollierte politische Stiftungen, sondern auch die Finanzierung der von ihnen beauftragten „Berater“. Ohne diese sind anscheinend die Politiker nicht in der Lage, ihre Politik zu definieren und Gesetze zu erstellen.
Zehntausende Lobbyisten existieren letztlich durch steuerliche Absetzfähigkeit ihrer Tätigkeit auch auf Kosten des steuerzahlenden Wählers. Ebenso jene Medien, deren Protagonisten aus politisch durchgesetzten Zwangsabgaben finanziert werden und die eigentlich zu objektiver und journalistisch sauberer Berichterstattung verpflichtet wären, diese jedoch immer weniger liefern. Ganz abgesehen auch von Unternehmen wie Banken, die geschickt Gewinne privatisieren, aber Verluste sozialisieren; abgesehen auch von jenen Superreichen, die Spekulationsgewinne, die nur aus Zahlen auf Konten bestanden, dank diverser „Reformen“ und Privatisierungen nun in Realwerte verwandeln können. Die Allgemeinheit kann dagegen währenddessen immer weniger Einfluss und Eigentum für sich beanspruchen. Das klingt furchtbar populistisch? Nun, dieser Artikel ist keine wissenschaftliche Darstellung, sondern das reale Deutschland des 21. Jahrhunderts.
Das Quorum
Nun gibt es in fast allen Wahlsystemen die Regelung, dass das Ergebnis einer Wahl nur dann als „repräsentativ“ anerkannt wird, wenn eine gewisse Mindestanzahl an Wählern ihre Stimme abgegeben haben, also das „Beteiligungsquorum“, das eine Mindestbeteiligung voraussetzt. In vielen parlamentarischen Geschäftsordnungen geht man davon aus, dass Wahlen, an denen weniger als 50 Prozent der wahlbeteiligten Mandatsträger — also Repräsentanten — teilnehmen, unwirksam sind.
Nun wäre meiner Meinung nach eine solche Regelung auch für die Wahl der Repräsentanten selbst notwendig. Denn wie kann es sein, dass sich jemand zum „Repräsentanten“ der Mehrheit erklärt, der nur von einem kleinen Teil der Wahlberechtigten tatsächlich gewählt wurde ? Mit anderen Worten: Ein Repräsentant behauptet, er hätte das „Vertrauen der Mehrheit“ der Wähler, obwohl er vielleicht lediglich 25 Prozent von 50 Prozent aller Wahlberechtigten erhalten hat, also effektiv nur die Stimmen von weniger als 12,5 Prozent.
Bei Bundestagswahlen verzeichnet man eine konstante Wahlbeteiligung von über 70 Prozent; bei der im Mai anstehenden Europawahl hätten wir jedoch bereits ein Problem. Denn seit 1999 liegt die Wahlbeteiligung dabei bereits unter 50 Prozent. Mit anderen Worten: Seit 1999 wird behauptet, das Europaparlament würde die Wähler Europas vertreten, obwohl weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten überhaupt glauben, dass das der Fall ist, und daher schon von vornherein auf eine Stimmabgabe verzichten. Im Jahr 2014 betrug die Wahlbeteiligung 43 Prozent. Führt eine solche Wahl tatsächlich zu einer legitimen Volksvertretung?
Wäre ein Boykott antidemokratisch?
Die geballte Macht der meinungsbildenden Medien würde einen Wahlboykott als „undemokratisch“ diskreditieren und alle staatstragenden Parteien würden unisono diesen Boykott verleumden. Dass eine solche Wahlverweigerung nicht GEGEN Demokratie gerichtet ist, sondern vielmehr auf das Ziel einer DIREKTEREN Demokratie, würde untergehen.
Als Zwischenziel könnte man daher das Ziel ausgeben, dass eine Regierung, die aus einer Partei oder Parteienkoalition besteht, die weniger als 50 Prozent der Wahlberechtigten repräsentiert, nicht für sich beanspruchen kann, die Mehrheit der Wähler zu vertreten.
Und der Wahlboykott muss ja nicht auf Anhieb eine komplette Delegitimation der Mandatsträger erreichen. Alleine die Tatsache, dass sich bei jeder zukünftigen Bundestags- und Landtagswahl die Wahlbeteiligung, wenn auch geringfügig senkt, würde einen ungeheuren Druck ausüben, und letztlich eine Diskussion anstoßen, die dringend notwendig ist.
Nicht umsonst werden in anderen Ländern Regierungschefs direkt gewählt, im Zweifel durch Stichwahl. Diese haben dann eine eindeutige Mehrheit der Wähler auf sich vereinigt.In Deutschland gibt es diese Regelung leider nicht. Hier wählt man lediglich eine Partei, ohne zu wissen, welche Koalition und welche Politik am Ende aus der Wahl herauskommt.
Diese fehlende Direktwahl des Regierungschefs hebelt zudem die Kontrollfunktion des Parlaments aus. Denn wenn durch die Parteien im Parlament die Regierung bestimmt wird, wie kann sie dann gleichzeitig die Funktion als separate Säule der Gewaltenteilung innehaben? Doch wie das Beispiel Frankreichs zeigt, vermag auch eine Stichwahl wichtige Probleme der repräsentativen Demokratie nicht zu lösen.
Die Forderungen des Wahlboykotts
Nun wäre ein Wahlboykott allein zur Verhinderung einer legitimen Regierung tatsächlich undemokratisch. Deshalb müssen mit einem Wahlboykott Bedingungen verknüpft werden, unter denen der Wahlboykott unwirksam werden würde:
- Die Versprechungen der Vordenker des deutschen Grundgesetzes müssen endlich umgesetzt werden, und zwar in Form einer Verfassungsgebenden Versammlung. Zu dieser müssen Vertreter durch die Wähler bestimmt werden, die weder in einem Mandat noch in einer Parteifunktion noch in indirekter Abhängigkeit vom aktuellen Parteienkonsens in Deutschland sind.
- Die Grundpfeiler der Gewaltenteilung müssen hergestellt werden, das heißt die Justiz muss vollkommen unabhängig von der Politik werden, ein eigenes, selbstverwaltetes Budget erhalten und durch Selbstverwaltung und/oder Direktwahl der obersten Richter organisiert sein. Und die „vierte Gewalt“ im Staat, die Medien, müssen, soweit sie durch ihre Reichweite Einfluss auf die Meinungsbildung nehmen, pluralistischen Grundregeln unterworfen werden. Das heißt auch, dass das vollkommen überholte Konzept der „Tendenzbetriebe“, das aus dem Ende des Kaiserreiches stammt, abgeschafft werden muss.
- Mehr direkte Demokratie muss direkte Bürgerbeteiligung ermöglichen. Insbesondere darf keine wichtige Entscheidung in der Sicherheitspolitik ohne Referendum fallen. Das heißt: Drastische Erhöhungen der Rüstungsausgaben und die Abgabe von Souveränität — auch in Teilbereichen — etwa an eine internationale Organisation wie die NATO ebenso wie jeder Militäreinsatz außerhalb der eigentlichen reinen Landesverteidigung in einem Angriffsfall müssen, natürlich ebenso wie die Führung eines Krieges durch ein Referendum der Bevölkerung bestätigt werden.
Die praktische Umsetzung
Wie kann man aber gegen den geballten Widerstand des politischen und wirtschaftlichen Establishments einer Gesellschaft ankämpfen und dabei die Forderungen kommunizieren? Nun, daran scheitert er. Denn es gibt keine Kultur der „Graswurzelbewegung“ in Deutschland. „Bewegungen“ in Deutschland entstehen immer durch direkte oder indirekte Einflussnahme und Finanzierung durch Politik und Wirtschaft. Deutschland ist zu fest in den Händen einer neuen Aristokratie aus Politik und Geld, als dass ein Wahlboykott mit diesen Forderungen eine Chance hätte, überhaupt in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu dringen. „Demokratie“ ist in Deutschland leider ein Potemkinsches Dorf, dessen Schein aber um jeden Preis von jenen verteidigt wird, die davon profitieren.
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Jochen Mitschka, Jahrgang 1952, war unter anderem Unternehmensberater mit eigenem Unternehmen in Südostasien und einem kurzen Einsatz im Rahmen einer UNO-Maßnahme in Vietnam. Nebenbei verfasste er unter Pseudonymen Bücher über Politik und Gesellschaft der Region. Er kam 2009 zurück nach Deutschland, um bis zu seinem Ruhestand im August 2017 als angestellter Projektkoordinator und -manager für eine führende Softwarefirma zu arbeiten. Seit seinem Ruhestand im Jahr 2017 schreibt er Artikel unter eigenem Namen für verschiedene alternative Internetseiten, übersetzt Bücher (Dirty War on Syria, MH17) und schreibt Bücher mit dem Schwerpunkt Außenpolitik. 2018 erschienen „Die Menschenrechtsindustrie im humanitären Angriffskrieg“; „Schattenkriege des Imperiums — Der Krieg gegen den Iran“, und in der gleichen Reihe „Die Zukunft Palästinas“; die E-Books „Israel 2018“ und „Finis Germania oder Deutschlands Demokratie ist verloren“.
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übernommen aus Rubikon.news
Danke Klaus für den Link
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