Thema:
"Rechte missbrauchen den Begriff Heimat"
Nach der Niederlage bei der Bundestagswahl sucht die SPD ihren Kurs -
auch für die Oppositionsrolle
Über der Landeshauptstatdt von Mecklenburg-Vorpommern liegt Nebel. Von ihrem Büro aus kann Ministerpäsidentin Manuela Schwäsig das Schweriner Schloss sehen An diesem Wöchenende nimm! die Vize-Vorsitzende der SPD wieder an einer Regionalkonferenz ihrer Partei teil. Es gilt, das Ergebnis von 20,5 Prozent bei der Bundstagswahl aufzuarbeiten.
Frau Schwesig, wenn die Jamaika- Verhandlungen scheitern, unter welchen Bedingungen stehte die SPD für eine große Koalition bereit?
Manuela Schwesig: Die SPD steht in keinem Fall bereit. Die Wähler haben die große Koalition abgewählt.
Martin Schulz hat das schlechteste Ergebnis aller Zeiten erzielt. Warum kann gerade er die Partei erneuern?
Martin Schulz hat im März einen großen Vertrauensbeweis bekommen und ist mit 100 Prozent Zustimmung gewählt worden. An der Basis hat er nach wie vor großen Rückhalt Ich unterstütze ihn bei seinem Ziel, die Partei zu erneuern.
Schulz sagt. er wolle bis Ende 2018 mit der Basis darüber diskutieren was in der SPD anders werden soll. Ist die SPD ein Jahr lang spachlos?
Nein. Die SPD hat ja gute Positionen zu vielen Themen. Unser Regierungsprogamm war in vielen Punkten richtig, wir müssen jetzt nicht alles infrage stellen. Beim Thema Bildung und Familie haben wir richtige Ansätze, die auch mehrheitsfähig sind in der Bevölkerung. Die SPD regiert erfolgreich in vielen Bundesländern. Wir Ministerpräsidenten werden die Diskussion 1n der Partei eng begleiten. Dass jetzt vor allem die Basis zu Wort kommt, ist richtig
Die SPD muss ihr Programm also nicht erneuern?
Natürlich müssen wir uns nach diesem Wahlergebnis inhaltlich emeuem. Beim Thema soziale Gerechtigkeit, dem Markenzeichen der SPD, wird uns nicht mehr so viel Kompetenz zugeschrieben wie früher 0bwohl wir große Projekte wie den Mindestlohn vorangebracht haben Das muss anders werden. Die SPD ist bei Wahlen außerdem immer dann erfolgreich, wenn ihr auch wirtschaftliche Kompetenz zugeschrieben wird. Hinzu kommen die Themen Zuwanderung und Innere Sicherheit, die vielen Menschen Sorgen bereiten. In allen diesen Bereichen müssen wir nach Antworten suchen.
War es aber richtig, dass Martin Schulz nun wichtige Posten mit Männern besetzt?
Das stimmt ja so nicht. Mit Andrea Nahles führt jetzt ’eine Frau die größte Oppositionsfraktion im Bundestag; das ist ein wichtiges Zeichen. Als stellvertretende Parteivorsitzende werden außerdem Ministerpräsidentinnen wie Malu Dreyer und ich kandidieren.(Richtig ist aber auch? Die SPD muss in Zukunft Frauen und ihre Themen auf allen Ebenen wieder stärker berücksichtigen. Wir wissen, dass die SPD nur mit Unterstützung von Frauen Wahlen gewinnen kann.
Ist es eine gute Idee, dass die Mitglieder den Parteichef künftig direkt wählen können?
Ich unterstütze diesen Vorschlag von, Martin Schulz. Die Parteibasis soll den Vorsitzenden wählen können. Niemand sollte Angst davor haben, dass die Basis über wichtige Personallen entscheidet
Sie haben in Schwerin jetzt etwas Abstand zur Hauptstadt. Sieht man da manches klarer?
Ich wusste schon vorher ganz gut welches Gefälle zwischen Städten und dem ländlichen Raum herrscht. Wenn die Leute das Gefühl haben, alle Läden machen dicht, die medizinische Versorgung wird knapp, der Bus kommt nicht mehr, dann führt das zu Frust und Enttäuschung.
Brauchen wir ein Heimatministerium? Oder ist „Heimat“ für Sie ein Kampfbegriff der Konservativen?
Für mich ist Heimat ein positiv besetztes Wort. Viele Menschen besinnen sich in einer Welt, die sich schneller dreht, auf das Regionale. Heimat ist etwas sehr Gutes, wir können auf viele Dinge in unserem Land stolz sein. Es ist kein Widerspruch, europäisch und international zu denken und das Erntedankfest auf einem kleinen Dorf zu feiern. Ich bezweifle aber, daß man extra ein Ministerium braucht. Am Ende geht es darum, wie man Probleme praktisch löst.
Heimat ist ein Lieblingswort der Rechten
Genau das ist das Problem. Wir dürfen. den Begriff Heimat nicht den Rechtspopulisten und den Rechtsextremisten überlassen. Sie mißbrauchen ihn.
Sollte die SPD In der Opposition im Bundestag mit der AfD stimmen?
Die SPD sollte alm Bundestag nicht zusammen mit der AfD stimmen. Die Positionen dieser Partei sind kein Maßstab für die Politik der SPD. Wir müssen unsere eigenen Positionen nach vorn stellen und uns von der AfD klar abgrenzen.
Quelle: Westfalenpost
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