Samstag, 4. April 2020

Ausgerechnet jetzt: Gehaltsaufschlag für Bürgermeister und Landräte

Ausgerechnet in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, in der Tausende Privatleute, Rentner, Einzelselbstständige und kleine Betriebe um ihre Existenz bangen, in der man jeden Morgen mit verheerenden Zahlen von Neuinfektionen und Coronatoten zugedröhnt wird, verabschiedet der Landtag von Nordrhein-Westfalen ein Gesetz, das Bürgermeistern und Landräten finanzielle Vorteile verschafft.

Der Steuerzahlerbund NRW bezeichnete das gegen die Stimmen von SPD, Grünen und AfD beschlossene Gesetz als überzogen, aber CDU und FDP begründen es damit, dass die Attraktivität solcher Ämter gesteigert werden soll.

Man will mit diesem Ostergeschenk die Rathausspitzen ermutigen, erneut zu kandidieren, erklären CDU und FDP. Das demokratische Fundament dieses Landes werde durch solche Wahlbeamte gebildet und deshalb sollen sie eine höhere steuerfreie Aufwandsentschädigung, zusätzlich zum Grundgehalt, erhalten, die im allgemeinen Sprachgebrauch "Krawattengeld" genannt wird.

Natürlich blieb die Kritik nicht lange aus.
Stefan Kämmerling (SPD) sprach von einem „fatalen Timing“ und nannte die Zulage von 8 Prozent spöttisch "Wiederwahlbonus".
Und Rik Steinheuer, Chef des Bundes der Steuerzahler NRW, nannte das Gesetz überzogen und unzeitgemäß. Wie jeder andere sollten auch Bürgermeister ihre Pension erst mit Vollendung des gesetzlichen Renteneintrittsalters erhalten und nicht bereits mit Vollendung des 45. Lebensjahres (also 22 Jahre früher) eine Pension beanspruchen können.
Insgesamt steigt das "Krawattengeld", je nach Einwohnerzahl der Gemeinde von monatlich 223 bis 524 Euro auf 787 bis 1.411 Euro. Im Falle einer Wiederwahl bekommen die Bürgermeister acht Prozent Zuschlag auf ihre Grundbezüge, rückwirkend zum 1. Januar 2020. Außerdem können Bürgermeister im Ruhestand, nach wie vor, bereits mit Vollendung des 45. Lebensjahres eine Pension beanspruchen.
Diese Privilegien gelten auch für die Direktoren der Landschaftsverbände und die Regionaldirektorin des Regionalverbandes Ruhr.

NRW-Kommunalministerin. Ina Scharrenbach (CDU) verteldlgte das Gesetz. Es sei in schwierigen Zeiten „Ausdruck einer Wertschätzung“ gegenüber Bürgermeistern und Landräten. Henning Höne (FDP) lobte die Wahlbeamten als „politische Zehnkämpfer“.
Rik Steinheuer, Chef des Bundes der Steuerzahler NRW meint, die Gesetzesänderung werde „im Windschatten von Corona durchs Parlament gebracht.“

Nur sollte er doch wissen, dass in der Politik übliche Praxis ist, solche oder ähnliche Entscheidungen immer dann zu treffen, wenn die Öffentlichkeit abgelenkt ist.

Quelle: Westfalenpost 02.04.2020

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