Alle sechs Wochen schreibt die WeMove Europe-Geschäftsführerin eine Rundmail wie diese, um Geschichten und Einblicke zu teilen: woran wir arbeiten, wo jede*r von uns eine Rolle spielen kann. Es ist kein Aktionsaufruf. Keine Spendenaufforderung. Nur eine Geschichte.
Liebe Leser,
ich spiele in einer Band hier in Belgien, die nie berühmt werden wird. Aber wir haben Spaß und das reicht uns. Es gibt einen Song, den ich mit der Band seit Langem gerne covern würde: “I'll be your mirror” von The Velvet Underground & Nico.
Eine Stelle daraus geht so:
“I'll be your mirror, reflect who you are, in case you don't know” (frei übersetzt: “Ich werde dein Spiegel sein und zeigen, wer du bist, falls du es nicht weißt”). [1]
Als ich neulich einige Leute anrief, kam mir diese Passage wieder in den Sinn. Es waren Leute, die sich wie Sie als Teil der WeMove Europe-Bewegung für verschiedenste Anliegen einsetzen. Dabei stellte sich heraus, dass viele gern mehr erfahren würden über all die anderen, die auch dabei sind. Lassen Sie mich also für einen kurzen Moment Ihr Spiegel sein und Ihnen einen Teil der Freude und Energie unserer Bewegung zeigen.
Eine der ersten Personen, mit der ich sprach, war Ursula. Sie lebt in der Nähe von Hannover in Deutschland. Ursula erzählte mir, dass ihr WeMove Europe gefällt, weil wir die Wünsche von Menschen in ganz Europa zusammenbringen und auf diese Weise die Dinge voran. Sie freut sich, dass wir uns auf Nachhaltigkeit konzentrieren, aber auch wirtschaftliche Interessen und Nationalismus adressieren. Sie möchte sich als Teil von etwas fühlen, das größer als sie selbst und ihre lokale Gemeinschaft ist - und genau das sind wir für sie. Am Ende des Gesprächs sagte sie etwas Erstaunliches: “Tun Sie mir einen Gefallen: Wenn Sie die nächste Person anrufen, grüßen Sie sie von Ursula. Und setzen Sie das fort. Schaffen Sie so eine Gruppe von Menschen, die alle spüren, dass sie nicht allein sind.” Das ist genau das, was ich jetzt tue.
Inge in Belgien fand das “Hallo” von Ursula toll. Und sie sagte: “Ich unterstütze WeMove, weil im nächsten Jahrzehnt harte Zeiten auf uns zukommen und wir dringend etwas unternehmen müssen. Falls das nicht klar ist: Ich meine den Klimawandel!”
Fredo in den Niederlanden erzählte mir, dass er lange Zeit einen eigenen Verlag leitete, bis er von größeren aus dem Markt gedrängt wurde. Jetzt leitet er eine Bürgerinitiative in seiner Heimatstadt Deventer. Die Initiative baut bezahlbare Wohnungen und versucht Antworten auf die Frage zu finden: Wie wollen Menschen im Jahr 2030 in dieser Gemeinde leben? Das machte mir klar, dass wir viele Gemeinsamkeiten haben. Denn das ist genau die Frage, die wir als WeMove-Gemeinschaft beantworten wollen: "Wie wollen wir in Europa leben?" Fredo sagte, er würde sich freuen, wenn WeMove mehr tun würde, um Menschen zusammenzubringen, Gespräche und Austausch zu fördern und damit mehr Demokratie zu ermöglichen. Es fehle der Dialog, und das führte zu mehr Spaltungen.
Dann sprach ich mit Vicki aus Großbritannien, die direkt an der walisisch-englischen Grenze lebt. Von Vicki konnte ich in kurzer Zeit so viel lernen. Sie engagiert sich bei Extinction Rebellion und leitet Treffen, die auf den Ideen von "Active Hope" (aktive Hoffnung) und "Work that reconnects" (Arbeit, die uns verbindet) von Joanna Macy basieren. [2] Der Brexit hat Vicki motiviert Organisationen zu helfen, die für Veränderungen auf europäischer Ebene kämpfen. Es hat mich gefreut, das zu hören. Ich frage mich, ob andere dort genauso denken? Auch wenn das Vereinigte Königreich offiziell die EU verlassen hat, ist Vicki immer noch Europäerin. Wir werden sie und den britischen Teil unserer Bewegung nicht zurücklassen.
Denn die Sache ist die: Es passiert so viel mehr in Europa, als in den Mainstream-Medien berichtet wird. In Europa finden sich viele Menschen zusammen, um die Welt nach eigenen Vorstellungen umzugestalten. Sie wissen, dass es Antworten auf die Frage, wie wir leben wollen, da draußen bereits gibt. Ob das erschwingliche Wohnungsbauprojekte sind, die Fredo in den Niederlanden auf die Beine stellt, oder die "Active Hope"- Treffen, die Vicki in Großbritannien organisiert - oder junge Aktivist*innen, die ihre Schulen und Gemeinden klimaneutral gestalten. Sie alle engagieren sich nicht nur lokal, sondern sie wollen auch Europa und die Welt dauerhaft zu einem besseren Ort machen und zugrunde liegende Systeme verändern.
Wir sehen Europa oft als etwas Negatives oder reduzieren es auf
bürokratische Entscheidungen, die in Brüssel getroffen werden. Aber
Europa ist viel mehr als das. Hier sind so viele Menschen, die die Dinge
zum Besseren verändern. Das lässt mich wieder an das eingangs erwähnte
Lied denken:
“When you think the night has seen your mind. That inside you’re
twisted and unkind. Let me stand to show that you are blind. Please put
down your hands, cause I see you.”
(wieder frei übersetzt: “Wenn du denkst, die Nacht hat dein wahres
Ich gesehen. Dein Inneres, verdorben und hart. Lass mich dir zeigen,
dass du blind bist. Bitte lass deine Hände sinken, denn ich sehe dich.”)
Ich sehe dich, Europa. Du bist weder verdorben noch hart. Aber blind, weil dir der richtige Spiegel fehlt. Es gibt so viele inspirierende Ideen, Menschen, Bewegungen, Lösungen zum Besseren!
Am Ende des Lieds heißt es:
“I find it hard to believe you don't know the beauty you are. But if
you don’t, let me be your eyes, a hand in your darkness, so you won't
be afraid.”
(“Es ist schwer zu glauben, dass du nicht weißt, wie schön du bist.
Aber wenn das so ist, lass mich deine Augen sein, eine Hand in deiner
Dunkelheit, damit du keine Angst hast.")
In diesem Sinn: Die Schönheit Europas, das sind Menschen wie Sie. Ihr Wille, die Stimme zu erheben und aktiv zu werden. Ihre Geschichten, die noch viel zu selten erzählt werden. Wir werden unsere Anrufe fortsetzen, um mehr zu erfahren und diese Geschichten zu spiegeln. Würden Sie sich über einen Anruf freuen?
Laura Sullivan
Geschäftsführerin der WeMove Europe
Referenzen
[1] https://www.youtube.com/watch?v=WXETLPCogao
[2] https://www.joannamacy.net/
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