Dienstag, 10. November 2015

Die Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien über die ARD

Thema: ARD-Berichterstattung

Deutschland
Russlandberichterstattung von ARD-aktuell – Eine Untersuchung

Die Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien hat über einen Monat lang auf der Grundlage der Programmrichtlinien des NDR-Staatsvertrages die Russlandberichterstattung der ARD umfassend untersucht. Fazit: Einseitige und vielmals tatsachenwidrige Nachrichten mit russophober Gesamtausrichtung und Betonung von Stereotypen bestimmen die Berichterstattung. Eine Einhaltung der staatsvertraglichen Verpflichtung zu Völkerverständigung, Objektivität und Wahrheit sei nicht zu erkennen

Bild: Screenshot

In fast allen eingereichten Programmbeschwerden gegenüber ARD-aktuell war festzustellen, dass die Programmverantwortlichen (Rundfunkrat und Intendant) keinen Anlass zur Selbstkritik sahen und sehen. Selbst als der ARD-Programmbeirat Mängel und Unzulänglichkeiten der Berichterstattung über Russland und die Ukraine kritisierte, waren weder Einsicht noch Änderungen erkennbar. Glaubwürdigkeitsverluste („Lügenpresse“) nahm man unbeeindruckt hin. Vorbei sind die Zeiten eines professionellen NDR, als Namen wie Eggebrecht, Gütt, Friedrichs, Lehmann, Krone-Schmalz die Berichterstattung bestimmten.

Im eigenen Selbstverständnis der Journalisten der ARD heisst es, man wolle möglichst gute journalistische Arbeit leisten und alle Aspekte des behandelten Themas angemessen beleuchten. Bei ihrer Arbeit verfolgten sie als oberstes Ziel, gründlich zu recherchieren, Fakten zu erhärten und sie verständlich darzustellen. Bei der Auswahl der Themen orientierten sich die Redaktionen an journalistischen Nachrichtenkriterien. Die Grundlage der journalistischen Arbeit ergibt sich aus den „Programmrichtlinien des NDR-Staatsvertrages“

Danach muss die Berichterstattung objektiv, vorurteils-unverdächtig, fair, ausgewogen und friedensfördernd sein. Wir haben uns die Mühe gemacht, nach diesen Kriterien die Russlandberichtersttatung über einen Monat (Juli 2015) zu beobachten und zu verifizieren.

Das Ergebnis:

Ein verschwindend kleiner Prozentsatz (10%) der Berichterstattung setzt sich mit innenpolitischen Themen Russlands auseinander. Sie ist beliebig, ohne Konstanz und Kontinuität und geprägt nach den bekannten jahrelang gepflegten Propaganda-Stereotypen: Militarisierung und Repression im russischen Alltag.

In der Außenpolitik spielt der Abschuss der MH17 quantitativ eine überragende Rolle, obwohl die Ursachen für das Unglück bisher nicht geklärt sind und wesentliche Fakten und Erkenntnisse von der „Westlichen Wertegemeinschaft“ offensichtlich verschwiegen werden (daran hat sich auch nach der Veröffentlichung des Berichtes im Oktober nichts geändert). Die Jubiläumsausführungen zu den Russland-Sanktionen sind von Mutmaßungen gefärbt und stellen Russland dar als zurecht vom Bestrafungsregimes der EU und USA erfasst. Die Schäden der Sanktionen in Westeuropa und die für die USA daraus entstandenen Handelsvorteile werden dagegen ausgeblendet.

Bis auf 6 neutrale Meldungen sind alle 40 Informationen im Bezug auf Russland negativ akzentuiert und von dem Stereotyp bestimmt:

Russland ist innenpolitisch abgefeimt undemokratisch, wirkt nach außen bedrohlich und ist in der Welt isoliert.

72 % der Nachrichten befassen sich mit der Außenpolitik Russlands. Davon sind über 90% antirussisch ausgerichtet, 41 % suggerieren eine militärische oder ökonomische Bedrohung, 55% erwecken den Eindruck, Russland befände sich in einer außenpolitisch isolierten Position. Es gab keine einzige positiv ausgerichtete Nachricht.

Das lässt nur den Schluss zu:

Die ARD- aktuell -Berichterstattung über Russland ist einseitig und vielfach tatsachenwidrig. Die russophobe Gesamtausrichtung wird mit vielen bereits bekannten Stereotypen verstärkt. Nicht zu erkennen ist die staatsvertragliche Verpflichtung zur Völkerverständigung, Objektivität und Wahrheit.

Die Russlandberichterstattung von ARD-Aktuell im Juli 2015

Die deutschen Medien konzentrieren sich in ihrer Russlandberichterstattung bereits seit Jahren und mit bemerkenswerter Einäugigkeit auf Aspekte wie das angeblich besorgniserregende Defizit an Demokratie, zensierte und gesteuerte Medien, Einflussnahme und Pressionen auf die unmittelbaren Nachbarländer Russlands und auf vermeintlich manipulative Einflussnahme auf die europäische Energieversorgung. Der Ukraine-Konflikt dient seit mehr als einem Jahr dazu, Russlands Politik zudem als destabilisierend, militärisch aggressiv und als friedensgefährdend darzustellen. Präsident Wladimir Putin, und darin zeigt sich die propagandistische und desinformative Zielsetzung dieser Berichterstattung deutlich, wird dämonisiert und mit Inbrunst als der russische Bösewicht schlechthin dargestellt.

In den Rahmen dieser Desinformationsarbeit gehört das Verschweigen von geopolitischen Fakten und Kontexten. Die Frage, wer eigentlich wen in dieser Welt bedroht, wird mit „natürlich Russland uns alle“ als etwas längst abschließend Beantwortetes behandelt, das nicht mehr gefragt werden muss und nicht geprüft zu werden braucht. Permanent ausgeblendet bleibt dabei, dass das Militärbudget der USA mit ca. 600 Mrd. Dollar mindestens achtmal so groß ist wie Russlands 80-Mrd.-Militärhaushalt. Die immense US-Überlegenheit erscheint noch einmal gesteigert bei Betrachtung der 400 Mrd. Dollar in den Kriegskassen der übrigen NATO-Staaten. Die USA unterhalten rund um den Globus 8oo Militärbasen, Flotten- und Luftwaffenstützpunkte, und mindesten in einigen davon wird bekanntlich auch schon mal gefoltert; in Deutschland sind darüber hinaus zur Zeit 179 militärische Einrichtungen der USA verzeichnet, darunter das Atomwaffenlager in Büchel.

Zur Antwort auf die Frage, wer in unserer Welt wen bedroht, gehören auch diese Feststellungen: Seit 1990 hat es unter der Führung und der Hauptverantwortung der USA 4 Mio tote Zivilisten (im „Krieg gegen den Terror“) gegeben. Seit dem Zweiten Weltkrieg haben die USA bei ihrem vorgeblichen Kampf für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie mindestens 20 Mio. Menschenleben geopfert, andere Schätzungen sprechen sogar von 30 Mio. Allein diese Zahlenvergleiche zeigen, wem die Krone des global agierenden Aggressors zusteht: den Russen jedenfalls nicht.

Die Tagesschau und andere meinungsbildende Nachrichtenprogramme der öffentlich-rechtlichen Medien haben sich trotz dieser Gegebenheiten an der Prägung des Feindbild Russland beteiligt, sie sind dabei sogar federführend Medien-Mainstream. Und das, obwohl sie gesetzlich dazu angehalten sind, wahrheitsgemäß, objektiv und der Völkerverständigung dienlich zu berichten.

Die gängigen negativen Attribute, mit denen Nachrichten über Russland aufgefüllt werden – Demokratiegefährdung, Willkür-Justiz, Unterdrückung der Opposition, kriegsbereite Aggressivität etc. – haben gemein, Furcht vor Russland zu erzeugen und eine Bedrohung von dort zu suggerieren.

Es erscheint in diesen „Nachrichten“ bereits als gefährlich, in Russland zu leben, und eine allgegenwärtige Bedrohung wirke vehement über die Staatsgrenzen hinaus bis in die „westliche Wertegemeinschaft“ hinein. Die immanente „Botschaft“ dieser Berichterstattung ist die von einer Gefahr für unser liberales Sein. Berichte über Ereignisse, die zur Kolorierung der angeblichen Bedrohlichkeit Russlands dienen, sind zwar im Einzelfall nicht immer erfunden (wie in vielen anderen Staaten auch). Sie nicht als Mosaiksteinchen, sondern als Mosaik darzustellen, verzerrt aber das Bild von der russischen Realität. Mit Absicht, und wie schon zu Sowjetzeiten üblich und bekannt. Die Stereotypie dient dem Ziel, das deutsche Publikum glauben zu machen, die Menschen in Russland lebten unter unerträglichen Bedingungen, im Gegensatz zum vermeintlich positiven Lebenszuschnitt in unserer „demokratischen Wertegemeinschaft“.

Eine Stereotypisierung zielt auf die Struktur der Berichterstattung. Die kann auch dann verzerrt sein, wenn sie kein einziges Stereotyp verwendet bzw. kein entsprechendes Vorurteil enthält. Die manipulative Wirkung ist nur wenig auffällig. Sie wirkt aufs Unterbewusste. Ständige Wiederholungen über einen längeren Zeitraum hinweg verstärken die Beeinflussung nachhaltig; es ist das sattsam bekannte Goebbelssche Propaganda-Rezept, das dabei Anwendung findet.

Stereotype Berichterstattung in o.g. Sinne lässt sich in der Russlandberichterstattung relativ einfach nachweisen, da sie sich auf wenige Negativspots beschränkt. „Demokratiegefährdung“, „Menschenrechtsdefizit“ u. dgl. bestimmen viele Nachrichteninhalte. Je häufiger solche Schlagworte in der Berichterstattung vorkommen bzw. darin assoziiert werden, desto deutlicher ist von einer stereotypisierten und einseitigen Berichterstattung auszugehen.

Themen und Nachrichten

Die notorische Auftragsverfehlung und Rechtsverletzung der ARD-Tagesschau-Macher und ihrer Programmverantwortlichen – unter dem Aspekt des Programmauftrags und der Programmrichtlinien, die im Rundfunkstaatsvertrag festgelegt sind – wird im Folgenden empirisch ermittelt und statistisch dargestellt. Ausgewertet wurden dazu die Tagesschau-Mitteilungen eines vollen Monats, hier des Juli 2015, auf www.tagesschau.de. Von der Auswertung erfasst sind auch die auf dieser Internetseite veröffentlichten Audios und Videos. Berücksichtigt sind nur solche Beiträge, die sich unmittelbar auf die russische Innen- bzw. Außenpolitik beziehen. Ausgewählt wurden die Beiträge mit der TS-Suchfunktion, und einzeln wurden sie ausgewertet.

Insgesamt gab es im untersuchten Monat 40 Beiträge zu/über Russland. Hier gegliedert in:
  • 7 Berichte über Unglücksfälle
  • 29 international orientierte Beiträge, davon
  • 11 zu Abschuss der MH17
  • 7 zu BRICS (gemeint: Staatengruppe Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika)
  • 2 zu Gaslieferungen an Ukraine
  • 2 zu Russland-UNO-Veto Sebrenica
  • 7 zu Jahrestag der antirussischen Sanktionen
  • 4 Beiträge Russische Innenpolitik, davon
  • 1 zu Militarismus
  • 3 zu Menschenrechte
Im Einzelnen:

Unglücksmeldungen

Drei Ereignisse im Juli veranlassten ARD-aktuell, darüber 7 Unglücks-Meldungen zu produzieren, in denen Russland erwähnt wurde, bei denen es aber letztlich nur um simple Unglücksfälle ging:

Die Berichte über die fast gescheiterte Versorgung der ISS-Station und das Kasernenunglück in Sibirien mit 23 Toten behandelten keine russenspezifischen Ereignisse, sondern gehörten in den Rahmen der üblichen sensationslüsternen Unglücksberichterstattung der ARD und ihrer Pendants in der westlicher Medienwelt.

Der Grund für die redaktionelle Beliebtheit dieses Nachrichten-Genres besteht darin, dass der Erfolg des jeweiligen Senders an den Einschaltquoten gemessen wird, also lediglich quantitativ definiert ist. Medien – auch die öffentlich-rechtlichen – bedienen mit Unglücks- und Katastrophenmeldungen die Faszinationswünsche des Publikums, sie knüpfen an Angstpotentiale und Sensationsbedürfnisse gleichermaßen an und erwecken damit Aufmerksamkeit. Sie erzeugen eine „Spirale der medial-öffentlichen Erregung“, nützlich zur Steigerung von Einschaltquoten und damit verbunden der Werbeeinahmen sowie der gesellschaftlichen Relevanz des Senders. Dass es bei solchen Meldungen nur um oberflächliche Effekthascherei geht, wird z.B. daran deutlich, dass ARD-aktuell über Opfer des Kasernenunglücks und deren Angehörige kein Wort verlor; kein Wort z.B. darüber, dass der Staat den Hinterbliebenen jeweils 3,5 Mio Rubel (50 000 €) Soforthilfe gezahlt hat.

Die Nachricht über ein gesunkenes U-Boot in der Ostsee ließ sich zunächst dazu nutzen, sich der Stereotype „militärische Aggression Russlands“ zu bedienen. Ohne sorgfältige Recherche und Faktensicherheit berichtete man über ein „U-Boot mit kyrillischer Schrift“ und erzeugte damit das déjà-vu: Russisches Militär wieder einmal in westlichen Gewässern.
Erst nach Stunden erfolgte eine Klarstellung: Das U-Boot war bereits vor rund 100 Jahren in der Ostsee gesunken.

Von diesen Unglücksmeldungen sind 5 neutral, 2 negativ besetzt („militärische Bedrohung“)

Innenpolitische Themen

Dass innenpolitische Gegner in Russland der staatlichen Gewalt und systematischer Repression ausgesetzt seien, gehört ebenfalls zu den wiederkehrenden Stereotypen der westlichen Berichterstattung. ARD-aktuell setzte diese Propaganda-Tradition im Juli 2015 mit zwei Personalien fort.

Der russische Abgeordnete Ponomarjow hatte 2014 als einziger Politiker in der Duma gegen die Krim-Sezession gestimmt. Im Herbst vorigen Jahres wechselte er ins Ausland. Im März 2015 begannen strafrechtlichen Ermittlungen wegen Unterschlagung gegen ihn, und im Juli 2015 erließen die Justizbehörden Haftbefehl und schrieben ihn zur Fahndung aus. Noch vor jeder Sachaufklärung suggerierte der ARD-Bericht, dass der Beschuldigte vor allem wegen seines Abstimmverhaltens Opfer staatlicher Repression sei, Beweise dafür wurden nicht benannt.

Über den Fall Litwinenko berichtete die ARD-aktuell gleich in zwei Beiträgen (davon ein Video). Offensichtlich handelt es sich um ein TS-Lieblingsthema, da es in den anderen Leitmedien hierzu keine vergleichbaren Meldungen gab. Der Ex-KGB Spion starb 2006 in London unter ungeklärten Umständen an einer Polonium-210-Vergiftung. Das angerufene britische Gericht in London hat die Untersuchungen über den Tod zwar abgeschlossen, aber bisher keine Untersuchungsergebnisse bekanntgegeben. Dennoch wird in beiden Berichten die Verantwortung Putins suggeriert, im gleichen Modus wie in den Meldungen über die Ermordung des Wirtschaftsmagnaten Nemzow: der Staatspräsident als Mordauftraggeber…

Der Beitrag über eine Marineveranstaltung mit über 300jähriger Tradition in Kaliningrad („Putins Marineshow vor Kaliningrad“) mit 2000 Soldaten erscheint auf dem ersten Blick relativ sachlich. Aber die Diktion der Überschrift und die abschließende Frage, warum Putin auf einer derartigen Veranstaltung erscheine, gab die Intention des Berichtes zu erkennen: Russland unter der Führung Putins huldigt dem Militarismus; Russland ist gefährlich.

Bezeichnend für die ARD-Berichterstattung ist das Ausblenden einer Reihe anderer interessanter Themen der russischen Innenpolitik, die offensichtlich nicht in die gewohnten stereotypen Muster passen: Das russische Import-Verbot für Blumen, der Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 4,1% (in Deutschland: 6,3%) , das Verbot der US-amerikanischen NGO NED, die jahrelange Beobachtung Putins durch den amerikanischen Geheimdienst, die Diskussionen über die Anhebung des Rentenalters von derzeit 60 Jahren für Männer und 55 Jahre für Frauen, die Ermittlungen der USA wegen Tätigkeiten der Deutschen Bank in Moskau.

Die innenpolitischen Themen zählen zur Stereotype „Innenpolitische Repression“ und „Militarisierung“, sie sind alle „negativ“ konnotiert.

Außenpolitische Themen

Ende Juni scheiterten die Gespräche zwischen der Ukraine und Russland wegen der von der Ukraine geforderten Gaspreissenkung.

Die Tagesschau berichtete: „Russland liefert Ukraine kein Gas mehr. Russland hat seine Gaslieferungen an die Ukraine gestoppt. Als Grund nannte der russische Energiekonzern Gazprom eine unbezahlte Rechnung.“

Es wird mit diesen Formulierungen suggeriert, dass der Lieferstopp auf eine einzige unbezahlte Rechnung der Ukraine zurückzuführen sei. Damit entsteht der Eindruck, Russland nutze seine energiewirtschaftlichen Handelsvorteile einseitig aus. Motto: „Russischer Bär beißt kleine Kinder“.

Verschwiegen wird in der Meldung, dass die Ukraine einen Tag zuvor wegen der bis dahin ergebnislosen Preisverhandlungen einseitig die Erdgaskäufe ausgesetzt hatte. Russland hatte seine Gaslieferung also aufgrund des von der Ukraine bewirkten Wegfalls der Geschäftsgrundlage gestoppt.

Die turnusmäßigen Verhandlungen der BRICS-Staaten in Ufa am 8.7.2015 nutzte die Tagesschau mit drei Beiträgen (davon ein audio) im üblichen Russland-Häme-Stil zu falschen Behauptungen: „Treffen der BRICS-Staaten – Putins neue Freunde.

Die G7 haben Russlands Präsident Putin wegen seiner Ukraine-Politik ausgeschlossen, jetzt sucht er neue Verbündete: Auf Putins Einladung versammeln sich fünf Schwellenländer – die BRICS-Staaten – zum zweitägigen Gipfel…“

Es ist unsinnig, die BRICS-Staaten Brasilien, Indien, China und Südafrika als „neue Freunde Putins“ zu bezeichnen. Der Zusammenschluss der fünf großen Schwellenländer war mit dem Beitritt Südafrikas 2010 abgeschlossen, jährliche Treffen gibt es seit 2009, seit einer Zeit also, als Russland noch zu den G-8-Ländern zählte. Mit faktenwidrigen Behauptungen wie hier versucht die Tagesschau den Eindruck zu erwecken, als habe Russland sich im Ukraine-Konflikt weltweit isoliert und bemühe sich nun intensiv darum, international neue Verbündete zu finden oder gar eine „neue Weltordnung“ zu initiieren. Das i-Tüpfelchen auf dieser stereotypisierten und luschigen Berichterstattung: Die Höhe der Beitragszahlungen der BRICS-Staaten war verwechselt und falsch angegeben worden, eine Korrektor erfolgte erst nach einigen Stunden.

Über die gescheiterte UN-Resolution zu Srebrenica wusste die Tagesschau zu berichten: „Russland lässt UN-Resolution platzen. Das Massaker von Srebrenica wird vom UN-Sicherheitsrat nicht als Völkermord verurteilt. Schuld daran ist Russland, das als einziges Land ein Veto einlegte.

Der Grund: Die Resolution gehe nicht genug auf Opfer auf serbischer Seite ein….“

Zum 20 jährigen Gedenktag des Massakers von Srebrenica, bei dem angeblich 8000 Männer und Jungen ermordet wurden (die Zahlengabe ist bis heute umstritten, viele Beobachter halten sie für stark übertrieben) hatte Großbritannien einen UN-Resolutionsantrag eingebracht, um das Massaker als Völkermord zu verurteilen. Der Resolutionsentwurf hatte in den Wochen zuvor für große Aufregung in Belgrad und unter den bosnischen Serben gesorgt. Serbien betrachtete den Entwurf als gegen das ganze Volk gerichtet. Alle Serben würden so des Völkermordes bezichtigt, hieß es in Belgrad. Die Regierung wandte sich mit einem Protest auch (erfolglos) an die britische Königin Elizabeth II.

Der russische UNO-Botschafter Witali Tschurkin hatte vor der Abstimmung gewarnt, eine Annahme dieser Resolution sei kontraproduktiv. Der britische Entwurf würde Konflikte auslösen, da darin nur eine Seite beschuldigt werde. Dies sei dem Versöhnungsprozess in Bosnien-Herzegowina nicht dienlich. Aus diesem Grund legte Russland sein Veto ein und verhinderte damit die Resolution. Der Deeskalationsversuch reichte aus, Russland zu verdächtigen, Völkermorde marginalisieren zu wollen. Zu erinnern ist allerdings daran, dass Russland – im Gegensatz zu den USA und den NATO-Mächten inklusive Deutschland – an dem völkerrechtswidrigen Mordgeschehen und am Krieg auf dem Balkan nicht beteiligt war.

In der zweiten Monatshälfte befasste die Tagesschau sich in 11 Meldungen (Videos und Berichte) mit dem Abschuss der MH 17 am 17.7.2014. Pünktlich zum Jahrestag war – sicherlich zeitlich nicht zufällig – eine UNO-Resolution eingebracht worden (u.a. auch von der beteiligten Ukraine), mit der ein internationales Tribunal zur Bestrafung der für den Abschuss verantwortlichen Täter verlangt wurde. Russland hielt ein Tribunal zum gewählten Zeitpunkt für nicht gerechtfertigt, weil bis heute weder die Umstände des Abschusses geklärt sind noch ein Bericht von der schon seit über ein Jahr untersuchenden Kommission unter Vorsitz der Niederlande vorgelegt wurde.

In einem Zwischenbericht vom September 2014 hieß es lediglich, dass die Passagiermaschine „von einer Vielzahl hochenergetischer Objekte“ getroffen worden und in der Luft auseinandergebrochen sei. Seitdem herrscht das große Schweigen. Mehr Informationen gelangten bis heute nicht an die Öffentlichkeit. Die untersuchenden Behörden mauern unverändert und halten wesentliche Untersuchungsergebnisse unter Verschluss.

Kritiker vermuten, dass die Ergebnisse schon längst veröffentlichten worden wären, wenn diese beweisfest Russland als Schuldigen brandmarken könnten. Da es dafür keine Beweise gebe, werde die Bekanntgabe des Untersuchungsergebnisses auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben.

Wie der niederländische Sender RTL News berichtete, werden 147 Ermittlungsdokumente zum Absturz von MH17 Malaysia Airlines geheim gehalten. Wesentliche Passagen wurden geschwärzt, so dass sich die naheliegende Frage stellt: Was wollen die Behörden verschweigen?

„569 Dokumente sind teilweise veröffentlicht worden, aber wichtige Informationen sind darin unleserlich gemacht. 147 Dokumente werden geheim gehalten“, heißt es in der Mitteilung. Bis heute wurden zudem die Cockpitgespräche nicht veröffentlicht. Auch dafür wurde kein Grund genannt. RTL-News beabsichtigt nun, eine Klage auf Herausgabe von Informationen zu erheben. Das alles spielt aus der Sicht der „Tagesschau“ keine Rolle. Für sie standen im Vordergrund der Berichterstattung die russische Ablehnung der UN-Resolution und die fast folkloristischen Trauereinzelheiten am Unglücksort.

Es wurde zwar nicht direkt behauptet, Russland sei verantwortlich für den Abschuss der MH17. Durch die ständige Wiederholung der ablehnenden Haltung Russlands zur UN-Resolution und parallel dazu das völlige Ausblenden und Verschweigen der Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Tätigkeit der MH17-Untersuchungskommission, entsteht der Eindruck, Russland wolle eine Mitverantwortung an dem Abschuss verschleiern.

Moskau-Korrespondent Karl-Hermann Krause äußert es dann auch ziemlich unverblümt: „Ein Jahr ist seit dem Abschuss von MH17 vergangen – und noch immer setzt Russland alles daran, die Suche nach den Verantwortlichen zu behindern.“ Der Eindruck entstehe, man habe etwas zu verbergen. Die Argumente der russischen Regierung seien kaum nachzuvollziehen. Vor dem Hintergrund der schleppenden Untersuchung in den Niederlanden wird damit faktenwidrig Russland für das Aufklärungs-Fiasko verantwortlich gemacht.

Nur ein einziger Versuch objektiver Berichterstattung war im Sammelsurium der ARD-MH17-Show auszumachen. Murad Bayraktar (WDR) wies am 16.7.2015 in einem Beitrag auf die Merkwürdigkeiten der Untersuchungskommission hin, als er einen Niederländer zitierte: „Ich denke die niederländische Regierung spricht nicht deutlich aus, wer … die Schuld hat.“

Gustav Le Bon wusste es schon vor fast hundert Jahren: „Das Wiederholte befestigt sich so sehr in den Köpfen, dass es schließlich als eine bewiesene Wahrheit angenommen wird.“

Zum einjährigen Jahrestag der Verhängung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland gab es auf tagesschau.de am 30. und 31. 7. 2015 sieben Berichte: Tenor: Die Sanktionen sind richtig, aber sie nützen dem Westen nur wenig. Putin habe seinen Rückhalt in der russischen Bevölkerung ausgebaut, auch wenn die Versorgungslage sich für die Bevölkerung verschlechtert habe (so ARD-Korrespondentin Golineh Atai auf Basis von Gesprächen mit einigen russischen Bürgern). Auch der Stefan Meister räumt ein, dass die Sanktionen nur begrenzt wirksam seien, aber immerhin hätten sie – so sein spekulativer Hinweis – ein weiteres militärisches Vordringen Russlands in die Ukraine verhindert. Dennoch müssten die Maßnahmen aufrechterhalten werden, weil Moskau bisher noch zu keinen Zugeständnissen bereit sei.

Man sieht: Mutmaßungen und Kaffeesatz-Lesen bestimmen den unqualifizierten politischen Journalismus der ARD. Eine informative Auseinandersetzung darüber, ob und wie die Sanktionen der deutschen Wirtschaft geschadet haben könnten, fehlt im Jubiläums-Potpourri ohnehin.

Alle außenpolitischen Themen vermitteln der Eindruck von einer russischen Bedrohung und der Isoliertheit des Landes. Sie sind, bis auf eine Ausnahme negativ ausgerichtet.

Fazit:

Ein verschwindend kleiner Prozentsatz der Berichterstattung setzt sich mit innenpolitischen Themen Russlands auseinander. Sie ist beliebig, ohne Kontinuität und geprägt von bekannten, jahrelang gepflegten Propaganda-Stereotypen: Militarisierung und Repression im russischen Alltag.

In der Außenpolitik spielt der Abschuss der MH17 eine überragende Rolle, obwohl die Ursachen für das Unglück bisher nicht geklärt sind und wesentliche Fakten und Erkenntnisse von der „Westlichen Wertegemeinschaft“ offensichtlich verschwiegen werden (daran hat sich auch nach der Veröffentlichung eines Vorberichtes im Oktober nichts geändert). Die Jubiläumsausführungen zu den Russland-Sanktionen sind von Mutmaßungen gefärbt und stellen Russland dar als zurecht vom Bestrafungsregime der EU und USA erfasst. Die Schäden der Sanktionen in Westeuropa und die für die USA daraus entstandenen Handelsvorteile werden dagegen ausgeblendet.

Bis auf 6 neutrale Meldungen sind alle 40 Informationen im Bezug auf Russland negativ akzentuiert und von dem Stereotyp bestimmt: Russland ist innenpolitisch abgefeimt undemokratisch, wirkt nach außen bedrohlich und ist in der Welt isoliert.

Nur 10% der Meldungen betreffen innenpolitische Themen. Verwendet werden dabei ausschließlich die Stereotypen „ Militarisierung der Gesellschaft“ und „Unrechtsstaat“. Alle Nachrichten sind negativ tenoriert.

72 % der Nachrichten befassen sich mit der Außenpolitik Russlands. Davon sind über 90% antirussisch ausgerichtet, 41 % suggerieren eine militärische oder ökonomische Bedrohung, 55% erwecken den Eindruck, Russland befinde sich in einer außenpolitisch isolierten Position.

Das Genre „Katastrophen/Unglücksmeldungen“ wird mit 17% aller Meldungen unangemessen hoch bedient. Ein besonderer Erkenntniswert ist dabei nicht ersichtlich.

Ergebnis:

Die ARD- aktuell -Berichterstattung über Russland ist einseitig und vielmals tatsachenwidrig. Die russophobe Gesamtausrichtung wird mit vielen bereits bekannten Stereotypen verstärkt. Nicht zu erkennen ist die staatsvertragliche Verpflichtung der Nachrichtenredaktion ARD-aktuell zur Völkerverständigung, Objektivität und Wahrheit.

Quelle: RT-Deutsch

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