Martin ist ein Flüchtling aus Afghanistan. Seit fast sieben Jahren lebt er in Deutschland. Er kam als Waise hierher und fand bei uns in der Familie ein neues Zuhause und ein neues Leben.
Martin gehört zur Minderheit der Hazara, die von den Taliban verfolgt und unterdrückt werden. Er verlor seine gesamte Familie bei einem Massaker in seinem Dorf, als er gerade sechs Jahre alt war.
Danach lebte er bis zu seinem zwölften Lebensjahr bei einem Onkel, bei
dem er für seinen Lebensunterhalt hart arbeiten musste. Doch auch dieser
geriet ins Visier der Taliban. Die Situation war so bedrohlich, dass
Martin seine Heimat verlassen musste.
Vier
Jahre war Martin allein auf der Flucht, war als „Illegaler” in vielen
Ländern inhaftiert. Als er 15 Jahre alt war, wurde er in Deutschland
aufgegriffen und für vier Monate nach Hannover-Langenhagen ins Gefängnis
gebracht. Dort wurde er als 15jähriger ohne Anwalt und ohne Vormund mit erwachsenen Straftätern inhaftiert.
Die Behörden versuchten ihn in dieser Zeit zwei Mal (!) abzuschieben.
Doch die Piloten weigerten sich, den völlig panischen und weinenden
Jugendlichen mitzunehmen.
Erst
ein auch in Langenhagen einsitzender Drogendealer sammelte unter den
Gefangenen Geld für einen Anwalt, der Martin schließlich aus dem
Gefängnis holte.
Seit
fast sieben Jahren lebt Martin nun in unserer Familie. Endlich konnte
er zum ersten Mal in seinem Leben eine Schule besuchen und
Freundschaften schließen. Mit einem unglaublichen Ehrgeiz saugte er alles Neue auf. Er lernte sehr gut Deutsch und ist dieses Jahr zum Abitur angetreten.
Im
April 2014 hat Martin bei der Stadt Oldenburg einen Antrag auf
Einbürgerung gestellt. Doch die deutsche Staatsangehörigkeit wird ihm
bis heute verweigert! Denn Martin kann nicht beweisen, dass „Qassemi”
sein richtiger Nachname ist. Das einzige offizielle Dokument, das er je
bessen hat, ist eine Abstammungsurkunde, in nur sein Vorname und die
Namen seiner Eltern und Großeltern auftauchen. Das ist bei afghanischen
Urkunden nicht unüblich.
Die Behörde machte ihm daraufhin einen irrwitzigen Vorschlag:
Er solle in seinen Geburtsort in Afghanistan reisen, um nach Bekannten
zu suchen, die seine Identität bestätigen. Dabei enthält der für Martin
ausgestellte Flüchtlingsausweis den Vermerk: „berechtigt nicht zur Einreise nach Afghanistan.”
Auch der aktuelle Vorschlag der Behörde, Martin solle sich einen Anwalt
in Kabul suchen, ist völlig unrealistisch. Denn auch ein Anwalt kann
keine Dokumente auftreiben, die es nie gegeben hat. Dabei ist die
Richtigkeit seines Nachnames bisher nie angezweifelt worden.
Wir
haben Martin tief in unser Herz geschlossen und wollen, dass ihm in der
Zukunft alle Chancen offen stehen. Doch die Stadt Oldenburg stellt sich
seinen Träumen in den Weg. Denn sie beharrt noch immer auf
diesen Identitätsnachweis. Dabei könnte sie von dem im
Staatsbürgerschaftsgesetz festgelegten Ermessensspielraum Gebrauch
machen!
Die Entscheidung gegen eine Einbürgerung hat für Martin ganz konkrete Folgen: Er wird ohne Staatsangehörigkeit leben müssen. Seinen Wunsch, eine Ausbildung bei der Polizei zu beginnen, müsste er begraben.
Er könnte z.B. auch nie ein Auslandssemester machen, nie heiraten und
kein Haus bauen - all’ die Dinge, die für uns selbstverständlich sind.
Martin
hat sich hier perfekt integriert, er hat hier Freunde und eine Familie
und - das ist das wichtigste - er fühlt sich als Deutscher und möchte
auch offiziell zu dieser Gesellschaft gehören und hier anerkannt sein. Er möchte endlich das Gefühl haben, irgendwo hinzugehören und endgültig angekommen und akzeptiert zu sein.
Es gibt bereits erste Presseberichte über Martins Geschichte:
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