Samstag, 23. November 2013

Große Koalition hebelt Grundgesetz aus: Super-Ausschuss statt Regierung

Thema: Demokratie

Noch nie hat die Bildung einer Regierung in der Bundesrepublik so lange gedauert. SPD und Union verweigern die Einrichtung der regulären Ausschüsse des Bundestags. Statt dessen ersetzen sie die verfassungsmäßigen Gremien durch einen so genannten Super-Ausschuss. Dieses Vorgehen ist im Grundgesetz nicht vorgesehen.


Union und SPD verfügen im Bundestag über 80 Prozent der Mandate. Mit dem Super-Ausschuss soll die Macht der Opposition weiter beschnitten werden. (Foto: dpa)
Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik wird ein provisorischer so genannter Super-Ausschuss eingerichtet. Er soll alle anderen Fachausschüsse des Bundestags ersetzen, bis sich Union und SPD darüber geeinigt haben, wer in der künftigen Regierung welches Ministerium bekommt. Noch nie hat eine Regierungsbildung in der Bundesrepublik so lange gedauert.

Am Donnerstag nächster Woche soll der Super-Ausschuss eingesetzt werden. Etwa 40 Politiker aller Parteien des Parlaments sollen in das Gremium einziehen. Die Idee dazu kam von Union und SPD. „Der jetzt gefundene Weg erscheint mir ein vertretbarer und auch zumutbarer“, zitiert Die Welt Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU).

Seit Juni ist der Bundestag nur zu seiner konstituierenden Sitzung nach der Bundestagwahl und zu Sondersitzungen zusammengekommen. Die übliche Parlamentsarbeit ist nicht möglich.

Acht Wochen nach der Bundestagwahl gibt es noch immer keine neue Regierung. Daher werden auch die Fachausschüsse nicht berufen. Einzige Ausnahme ist das parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste, das in seiner bisherigen Form bestehen bleibt.

In den mehr als 20 Ausschüssen des Bundestags prüfen Fachpolitiker Gesetzesvorlagen und geben dann dem Plenum üblicherweise eine Abstimmungsempfehlung. Da der künftige Ministerien-Zuschnitt aber noch nicht klar ist, haben Union und SPD die Berufung von Fachausschüssen bisher verhindert.

Der Super-Ausschuss soll zunächst bis zum Jahreswechsel arbeiten. Die Wiederwahl von Angela Merkel zur Bundeskanzlerin wird für den 17. Dezember erwartet. Der reguläre Parlamentsbetrieb in den Fachausschüssen wird voraussichtlich erst Anfang Januar starten.

Der Linken-Fraktionschef und künftige Oppositionsführer Gregor Gysi kritisierte das Vorgehen von Union und SPD. Die Wähler hätten „ein Recht darauf, dass ihre Volksvertretung arbeitet“, zitiert ihn die SZ.

Am Montag scheiterte die Linkspartei mit einem Antrag auf Einsetzung von neun Bundestagsausschüssen, berichtet Abgeordnetenwatch. Union und SPD stimmten dagegen.

Da es keine Ausschüsse gibt, steckt etwa der Antrag der Grünen über die Aufnahme von Edward Snowden in Deutschland fest. Rund 7.500 Petitionen von Bürgern warten auf Bearbeitung. Denn es gibt derzeit keinen Petitionsausschuss, der sich darum kümmern könnte.

Doch auch ohne funktionierende Ausschüsse kann der Bundestag Entscheidungen treffen. Über die Einführung von je einem zweiten Vizepräsidentenposten wurde ohne Verzögerung abgestimmt.

Einen Super-Ausschuss kennt weder das Grundgesetz noch die Geschäftsordnung des Bundestags. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, sagte, Union und SPD machten „das Parlament zum Abnick-Verein, statt ordentliche parlamentarische Beratung zu ermöglichen“. Statt des Super-Ausschuss müsse „mindestens die im Grundgesetz vorgesehenen Ausschüsse“ eingesetzt werden.

Union und SPD verfügen im Bundestag über 80 Prozent der Mandate.

Mit freundlicher Genehmigung von DEUTSCHE WIRTSCHAFTS NACHRICHTEN


Kommentare

» der Kommentar des Blogschreibers «
Was verlangen wir von unserem Ensemble der
Regierungsdarsteller?
Die sonst in Fachkreisen zweiter Wahl bewährte Methode: "... und wenn ich nicht mehr weiter weiss, dann bild' ich einen Arbeitskreis", klappt hier nicht.

Hauptsache sie trauern der "gelben Furunkel am Gesäss des Bösen" (Georg Schramm) nicht nach. Die haben lange genug ihre Rolle überzogen, oft genug hat der Schwanz mit dem Hund gewedelt. Sogar kurze Zeit gab es Einen, der meinte er sei der Kapitän, der alles zu regeln hätte, doch der wurde ziemlich schnell von seiner eigenen Mannschaft zurückgepfiffen.

Jetzt, wo die Truppe neu zusammengestellt werden soll, gibt es Probleme.
"Der Wähler" hat der Rettungs- Klima- und Bildungskanzlerin einen Strich durch ihr Drehbuch gemacht.
Obwohl die Diva meint, sie habe mit 41% der Stimmen beinahe die Mehrheit erhalten, traut sie sich mit den ihr Gewogenen keinen Alleingang zu. Nein, alleinige Verantwortung übernehmen will sie nicht, das ist nicht ihr Ding und das hat sie nicht gelernt.
Nun, bei rechtem Licht betrachtet wollen 70% des Volkes sie nicht haben, sonst hätten sie sie doch gewählt, oder?
http://politikparadox.blogspot.de/2013/09/vorlaufiges-ergebnis-der-bundestagswahl.html


Da im Augenblick der Regisseur aus Übersee seine eigenen Probleme hat, spielen sie auf der Bühne im Zirkus Bundestag das Stück "gemeinsam Abnicken auf Zuruf."
Die Rolle könnten allerdings auch Statisten spielen, die dem Steuerzahler keine üppige Gagen kosten und ihm vor allem nicht auch noch als Rentner auf der Tasche liegen.
 

Was wird wohl länger andauern?
Das Drama "Europäischen Union", das Drama "Euro" oder das Drama "Regierungszusammenstellung" aus zweitklassigen Darstellern mit Kompetenzstreitigkeiten, Machtgeilheit, Selbstüberschätzung und grenzenlosem Neid auf die jeweils andere Rolle.

AndreasHofer2013 sagt:
und warum soll der Bürger dann noch Recht und Gesetz anerkennen , wenn Ihm solche Willkür in Bundestag und EU vorgelebt wird ? Die Deutschen sind schon ein sehr dankbares Volk -Obrigkeitshörig und unterwürfig .Wir müssen uns ein paar Franzosen ausleihen…

Ekkehardt Fritz Beyer sagt:
Wenn man diesen Artikel liest, könnte man meinen, dass alles schon in Sack und Tüten wäre. Offenbar geht man seitens der SPD-Führung davon aus, die Zustimmung der Mitglieder für dieses Konstrukt schon zu haben!
Doch wenn die Spitzenvertreter dieser Parteien das Grundgesetz schon in den Koalitionsverhandlungen ignorieren: Wie soll es dann erst in einer gemeinsamen Regierung aussehen?

Rumpel sagt:
Dann sollte man auch die Bezüge aussetzen.
http://beta.abgeordnetenwatch.de/blog/2013-11-20/bundestag-beschliesst-arbeitsverweigerung

Veda1966 sagt:
Seit wann kümmert diesen Alimentierungsverein das Grundgesetz? Und worüber die Aufregung? 70% der Gesetze werden von der nicht gewählten EU-Kommission und seinem Abnickparlament vorgegeben.
Bis zur nächsten Sitzung und der unausweichlichen Erhöhung der Diäten kann also noch genug Zeit vergehen, ohne dass diesem “Land” ein Schaden entsteht.



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