Thema: Besuch in der Ukraine
T-online schreibt:
Steinmeier trifft die Machtlosen
12.05.2014, 20:58 Uhr | Von Severin Weiland, Spiegel Online
Außenminister Steinmeier eilt erneut in die Ukraine, um mit der
Übergangsregierung zu verhandeln. Die Lage im Land ist verworren - den
deutschen Vermittlern ist oft nicht klar, wer in Kiew das Sagen hat.
Es war eine skurrile Szene: Als der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier im März in Kiew den ukrainischen Übergangspräsidenten Alexander Turtschinow traf, sah ihn sein Gastgeber kaum an. Stattdessen betrachtete der bullige Mann fast unentwegt seine Schuhspitzen und ließ seinen Gast kaum zu Wort kommen.
Steinmeier und die deutsche Delegation verließen irritiert das Parlamentsgebäude. Turtschinow, Weggefährte der Präsidentschaftskandidatin Julija Tymoschenko, hatte einen sonderbaren Eindruck hinterlassen.
Steinmeier reist am Dienstag wieder in die Ukraine, wo russische Separatisten im Osten ihr Referendum durchführten. Ein Votum, das ohne internationale Kontrolle und ohne Wählerverzeichnisse stattfand - und von der Bundesregierung wie auch anderen Staaten des Westens nicht anerkannt wird.
Trotz aller Bekundungen für die staatliche Souveränität der Ukraine - in Kiew ist die Lage für die deutschen Außenpolitiker nur schwer zu handhaben. Wer hat dort wirklich das Sagen? Zwar gilt Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk in Berlin als vertrauenswürdige Person - ein Treffen Steinmeiers mit ihm ist sehr wahrscheinlich. Doch sein Einfluss scheint begrenzt - wie jüngst im Fall der von russischen Separatisten festgehaltenen OSZE-Militärbeobachter.
Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Niels Annen, sagte "Spiegel Online": "Dass Übergangspräsident Turtschinow trotz der Geiselnahme in Slowjansk eine Offensive angeordnet hat, obwohl Premier Jazenjuk Zurückhaltung zugesagt hatte, zeigt, dass die politischen Verhältnisse in Kiew dringend geklärt werden müssen." Die Präsidentenwahl am 25. Mai sei auch deswegen wichtig. Denn: "Wir brauchen einen eindeutig legitimierten Ansprechpartner in Kiew", sagte er.
Ischinger wird Kovorsitzender am Runden Tisch
In der Union wird die Lage ähnlich gesehen. Karl-Georg Wellmann, der Ukraine-Beauftragter seiner Bundestagsfraktion und seit Kurzem auch Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe ist, traf erst vor wenigen Tagen in Kiew mit Jazenjuk zusammen. Von ihm hat auch er einen positiven Eindruck. Über das irritierende Verhalten des Übergangspräsidenten Turtschinow, den Wellmann beim Besuch Steinmeiers in Kiew selbst erlebte, will er nicht den Stab brechen. Man müsse der Übergangsregierung in Kiew und dem neu zu wählenden Präsidenten "eine faire Chance geben, die Lage in den Griff zu bekommen", sagte er "Spiegel Online".
Klar ist: Die Verantwortlichen in Kiew haben die Lage in weiten Teilen des Ostens nicht mehr unter Kontrolle; die Gefahr eines Bürgerkriegs ist nicht gebannt. Eine Hoffnung verbindet sich mit dem Plan der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), an dem Steinmeier beharrlich arbeitete und der mit Zustimmung Moskaus umgesetzt werden soll - unter anderem in der Form eines Runden Tisches. Daran soll auch die russische Mehrheit aus dem Osten und aus dem Süden der Ukraine beteiligt werden.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat die deutsche Idee, die ihm Kanzlerin Angela Merkel jüngst übermittelte, beim Besuch des Schweizer OSZE-Präsidenten Didier Burkhalter in Moskau öffentlich unterstützt. Bereits an diesem Mittwoch soll der Runde Tisch erstmals tagen - Vorbild sind die Runden Tische 1989 in Polen und 1989/90 in der DDR. Ein ehrgeiziger Zeitplan angesichts der unsicheren Situation im Lande. Von ukrainischer Seite sind unter anderem zwei Exstaatspräsidenten des Landes für den Vorsitz im Gespräch: Leonid Krawtschuk und Leonid Kutschma. Beide sind allerdings umstritten.
Dass Deutschland eine führende Rolle bei einer friedlichen Lösung der Krise spielt, zeigt sich nicht nur an den Bemühungen Steinmeiers und der Kanzlerin, sondern auch an einer wichtigen Personalie, die am Montag bekannt wurde: Als Komoderator am Runden Tisch wurde der frühere deutsche Spitzendiplomat Wolfgang Ischinger von der OSZE benannt.
Ischinger gilt in der vertrackten Lage als Idealbesetzung. Er war Botschafter der Bundesrepublik in den USA, genießt aber auch Vertrauen in Moskau. So wurde er unter der Regierung des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder Mitglied einer deutsch-russischen Arbeitsgruppe, die sich um die Verbesserung der bilateralen Beziehungen kümmerte. Präsident in Moskau war zur damaligen Zeit der Mann, der auch heute regiert und von dessen Handeln das Schicksal der Ukraine abhängt - Putin.
Quelle: T-online
Abonnieren
Kommentare zum Post
(
Atom
)
Keine Kommentare :
Kommentar veröffentlichen
Der Kommentar erscheint manchmal erst nach Freigabe