Sendung am 7. Mai 2014 | 23:10 Uhr Steuerungerechtigkeit mit System - Warum werden nur die Reichen immer reicher? |
© Will Media Fotograf Wolfgang Borrs/Marijan Murat | Die Gäste im Studio
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Weltweit sorgen die Thesen des französischen Kapitalismuskritikers Thomas Piketty für Furore. Er warnt: Die Schere zwischen Arm und Reich werde immer größer. Das gefährde unsere Demokratie und unsere Werte. Auch in der Wohlstandsrepublik Deutschland stoßen die Aussagen von Piketty auf Resonanz. Laut einer aktuellen DIW-Studie sind in keinem Euro-Land die Vermögen so ungleich verteilt wie hierzulande. Warum wird Arbeit höher besteuert als Kapitalerträge? Führt eine höhere Kapitalsteuer zu mehr Gerechtigkeit? Und wie gefährlich ist die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich für unsere Demokratie? Link zur Sendungsseite: (hier) Link zum Anne-Will-Blog: (hier) |
Kommentare aus dem Blog
Peter Fischer6. Mai 2014 um 15:15
Das Thema ist gut und meiner Meinung nach wirklich wichtig. Allerdings stellt sich mir die Frage: Warum erst jetzt? Die These von Thomas Piketty, dass unregulierter Kapitalismus unweigerlich zur Vermögenskonzentration führt, wurde hier im Blog, vor allen von den Foristen wolf, Paulus, Hans Olaf 27 und meiner Wenigkeit nachweisbar seit 2008 vertreten und mit belegbaren Fakten untermauert. Aber auch diese von mir benannten Foristen waren nicht die Ersten, die das bemerkten. Es gab da einen Deutschen, der diesen Nachweis bereits vor über 100 Jahren geführt hat. Sein Name dürfte auch der Redaktion bekannt sein. Karl Marx war es, der diesen Nachweis bereits lange vor Thomas Piketty führte. Warum dann erst jetzt die Beschäftigung mit dem längst überfälligen Thema?
Niklas
6. Mai 2014 um 17:00
Frage der Redaktion: “Und wie gefährlich ist die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich für unsere Demokratie?” Die wachsende Kluft ist ungefährlich, weil es in diesem Land keine Demokratie gibt. Hätten wir eine Demokratie, dann gäbe es die Kluft erst gar nicht. Systeme, die Ungerechtigkeit, Verarmung und Verelendung für normal erklären, sind bestenfalls Scheindemokratien. Da alle Herrschaft vom Geld ausgeht, handelt es sich, genauer gesagt, um eine Plutokratie. Da das System die Menschen weltweit, vom Westen ausgehend, unterjocht, ist es imperialistisch. Diese unsere “Demokratie” besteht nur aus Worten – sie ist ein einziger Euphemismus. Aufgabe der Medien bleibt es auch weiterhin, zu ignorieren, schönzureden und abzuwiegeln. Darauf wird auch dieser Talk hinauslaufen. Allen noch eine schöne Woche!
Walter Neumann
6. Mai 2014 um 19:05
Steuerungerechtigkeit ist immer dann vorhanden, wenn man es den Akteuren zulässt, nach dem freien Spiel der Kräfte verfahren zu können. Es ist auch im Wirtschaftsleben in etwa wie im Pokerspiel. Wer mehr einsetzen kann, kann alle anderen Akteure solange überbieten, bis er die ganzen Einsätze für sich alleine hat. Das erleben wir doch dauernd auch in unserem Wirtschaftsleben. Nur durch die Vielzahl an Unternehmen ist es noch nicht so weit, dass alles nur bei einem Player gelandet ist. Aber die ganzen Zusammenschlüsse, die ganzen Rationalisierungen gehen doch alle in eine gemeinsame Richtung. Überall verschinden Konkurrenten und die Wirtschaftsmacht wird gebündelt. Dies befördert alleine schon die Ungerechtigkeit, wie viel Steuer gezahlt werden.
Dazu kommt dann noch unser Staat, welcher die Steuergesetze vorgibt und dabei so viele Möglichkeiten der Steuervermeidung anbietet, die immer besser genutzt werden können, je größer eine Firma ist. Auch da spielt Finanzgröße, Umsatzgröße, eine wichtige Rolle, um alle Möglichkeiten der Steuervermeidung zu erkennen, zu erarbeiten und durchzuführen.
Steuergerechtigkeit kann es nur dann ansatzweise geben, wenn unser Staat sich um diese Gerechtigkeit bemüht. Wenn er die Fehler im System erkennt und willens ist, diese zu beseitigen. Aber Steuergerechtigkeit alleine ist es noch nicht, es muss auch unbedingt die soziale Gerechtigkeit hinzukommen. Ohne soziale Gerechtigkeit ist auch eine Steuergerechtigkeit eine Ungerechtigkeit!
Leider hält unser Staat nicht viel von Steuergerechtigkeit und von sozialer Gerechtigkeit wohl noch weniger.
Peter Fischer
6. Mai 2014 um 23:14
Immer wieder lese ich sinngemäß, wenn der Staat die “Reichen” höher besteuern würde, würde es allen anderen besser gehen. Oder der Staat ist zum Schutz der “Schwachen” da. Der Staat jedoch wird weder das Eine noch das Andere tun, denn das ist nicht sein Bestimmungszweck. Der Staat ist immer das Machtinstrument der herrschenden Klasse und drei mal darf geraten werden, welche Klasse im Kapitalismus herrscht? Ein kleiner Tipp von mir: Die “Schwachen” sind das ganz sicher nicht. Als Treppenwitz der Geschichte darf allerdings der Fakt angesehen werden, dass ausgerechnet die “Schwachen” glauben, der Staat würde Gesetze zu deren Schutz oder in deren Interesse verfassen. Natürlich habe ich jetzt maßlos übertrieben. Das kann ja gar nicht sein, denn wir haben ja Demokratie, “höre” ich schon die Zwischenrufe. Kann das wirklich nicht sein?
Dann schauen wir uns mal ein Beispiel genauer an.
Wozu benötigt denn eigentlich ein Staat, der wirklich im Interesse seiner Bürger handeln würde, Wasserwerfer? Es sind die “Schwachen” die sogar für die Kosten der Wasserwerfer aufkommen. Für das “Gute” kann nichts zu teuer sein. Und dann ist der Aufschrei auf einmal groß. Da wurden doch die Wasserwerfer tatsächlich in Stuttgart gegen das Volk und für die Interessen der Kapitaleigner eingesetzt. Wer wurde da beschützt? Die “Schwachen”?
Nein, Aufgabe des Staates ist es, die “Investitionen” und den Ertrag zu schützen. Eine Aufgabe, die der “Kapitalist” allein gar nicht bewältigen könnte. Und das Spiel wird solange so weiter gehen, bis die Menschen in der Mehrzahl den tatsächlichen Sachverhalt erkennen und endgültig beseitigen.
U.B. Kant
7. Mai 2014 um 12:13
Bleibt die Frage “wann ist jemand ein Reicher oder Armer”
Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen beiden: Ein Reicher hat eine andere Einkommensstruktur, wird also von Arbeitslosigkeit etwas weniger betroffen sein.
Ute Maul
7. Mai 2014 um 20:06
Ich werde im Juli 72 Jahre alt, habe eine Rente von 840,19 € und verdiene mir 1.091,07 € (netto) dazu. Jetzt soll ich rückwirkend ab 2010 eine Einkommensteuererklärung abgeben bzw. jährlich ca. 1.300,– € nachzahlen. Da ich weder Ersparnisse oder sonstiges Vermögen habe, bat ich um vierteljährliche Ratenzahlung (250,00 €). Das muss mit einer Erklärung nach § 222 AO begründet werden, was einem Offenbarungseid gleichkommt. Es gibt jede Menge Leute, die wirklich ein Einkommen und Vermögen haben, die locker ein bißchen mehr Steuern zahlern könnten. Aber an die traut sich ja in diesem unserem Land keiner ran. Das ist bestimmt auch ein Grund, warum die Reichen immer reicher werden. Ich frage mich aber auch, ob man sich wirklich alles gefallen lassen muss. Es kann doch nicht sein, dass nur ich betroffen bin.
Paulus
8. Mai 2014 um 14:00
Die Diskussion in der Sendung verlief recht enttäuschend, den größten Anteil am flachenden Verlauf der Diskussion hatte Herr Kampeter. Er versuchte mit hektischem ohne Punkt und Komma vorgetragenen, sinnfreiem Redeschwall zu punkten Motto: Wenn ich rede egal welchen Quatsch, kommen die kritischen Stimmen nicht zu Wort. Das wäre im Falle von Frau Kipping auch zu verschmerzen gewesen. Sie versuchte in erster Linie durch sorgenvoll aufgesetztes Minenspiel ihre Hilflosigkeit in der Sache zu kaschieren.
Rainer Hank, der sich nach seinem Studium (Philosophie, Theologie und Literaturwissenschaft) zu einem Apostel des Kapitalismus und der Ungleichverteilung (von Einkommen und Vermögen) entwickelt hat, ist während seiner Beschäftigung mit der Ökonomie wohl klar geworden, dass ein deutliches Votum für den Kapitalismus nur eine Glaubensentscheidung sein kann, die allerdings keinen Zweifel kennt. Jedenfalls hat er gar nicht erst versucht, wie der rustikal agierende Staatssekretär Kampeter, über den evidenten Sachverhalt – einer ständig wachsenden Ungleichheit von Einkommen und Vermögen – hinweg zu schwadronieren. Die politische Bewertung der Vermögensungleichheit in der Diskussion ist viel zu kurz gekommen, denn diese berührt das Menschenbild, das in der Befürwortung der wachsenden sozialen Ungleichheit zum Ausdruck kommt. Denn Unterschiede in der Leistung ( = Arbeit in der Zeit) führen nicht mehr zu den gravierenden Unterschieden in der Vermögensbildung sondern Herkunft, Abstammung – wie im Feudalismus. Oder man wird Günstling, Hofschranze (wie z. B. Prof. Hüther) oder ein Publikumsliebling der für eine Stabilisierung der Macht des neuen Hochadels einsetzbar wird. Ebenso evident ist die Tatsache, dass die Durchlässigkeit der Gesellschaft “nach oben” beständig abnimmt. Entgegen der naiven These einiger Foristen, mit einem Uni-Examen in der Hand und genügend Fleiß und Ausdauer könne es ein jeder hier zu leidlichem Wohlstand bringen. Genau das trifft nicht mehr zu oder wird zu immer seltener werdenden Einzelfällen.
Diese Ungleichheit, die sich in einer Rückkehr zu einer Vermögensverteilung in der Gesellschaft zeigt, wie sie für den Feudalismus in Europa typisch war, ist mit einer Steuersystematik allein ohnehin nicht durchgreifend zu korrigieren. Es könnte nur dies Geschwindigkeit der Ungleichverteilung ein wenig drosseln. Das Rechtsinstitut Eigentum im BGB in seiner bestehenden Ausgestaltung und in Verbindung mit einem ungezügelten Schuldgeldsystem setzen die unüberwindlichen Schranken. Diese schmerzliche Erfahrung musste auch die früher einmal ehrwürdige SPD (als eine Schutzmacht der keinen Leute) machen. Sie wollte ihre Schutzmachtfunktion auf den Staat übertragen und ist damit gescheitert. Gerhard Schröder hat ganz offen die Preisgabe dieser Hoffnung verkündet. Der Niedergang der SPD hat sich seither rasant beschleunigt – ihre gänzliche politische Bedeutungslosigkeit wird absehbar.
Gruß Paulus
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