Dienstag, 26. März 2013

Zypern - eine Warnung an die Banken, ein Testballon

Freigeschaltet 26.03.2013, 08:42 Uhr | Ergänzung: 12:25 |

T-Online schrieb:

Warnung an die Banken - "Zypern war ein Testballon"
25.03.2013, 18:39 Uhr | t-online.de - Frank Lansky, mit dapd, dpa

Schrecken bei Anlegern am Frankfurter Aktienmarkt: Die Bankenpläne für Zypern sollten nach Einschätzung von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem zum Vorbild für die Eurozone werden. Die Rettung von Zypern sei ein Einschnitt im Kampf gegen die Schuldenkrise gewesen, sagte der niederländische Finanzminister der "Financial Times". Die Aussagen versenkten den DAX und vor allem die Bankaktien. Börsianer befürchten nun auch in anderen Ländern einen Zugriff auf das Geld Bankkunden, was auch die deutschen Kleinsparer nicht kalt lassen dürfte. Dies alles könnte einen Ansturm auf die Kreditinstitute in der Eurozone auslösen - was letztlich die Krisenstaaten destabilisieren würde. Doch ein Experte beruhigt.

Warnschuss vor den Bug der Banken
Der bisherige Ansatz, die Risiken vom Finanzsektor zu nehmen und dem öffentlichen Sektor aufzuladen, sei der falsche Weg, sagte der Niederländer, der auch niederländischer Finanzminister ist. In Zypern werden Großanleger, Eigentümer und Gläubiger der beiden größten Banken der Insel zu ihrer Rettung herangezogen. Die zweitgrößte Bank, Laiki, soll aufgespalten werden und am Ende de facto vom Markt verschwinden. Kunden mit Einlagen von mehr als 100.000 Euro müssten mit erheblichen Verlusten rechnen. Bei der Bank of Cyprus wird es ebenfalls einen Haircut geben.
Länder der Eurozone mit großem Banken-Sektor wie Luxemburg, Malta und Slowenien sollten eine Verkleinerung prüfen, forderte Dijsselbloem in dem Interview. Ziel müsse es sein, Risiken vom öffentlichen Sektor fernzuhalten. Eine direkte Rekapitalisierung der Banken durch den Rettungsmechanismus ESM sei nicht die Lösung für Länder mit Bankenproblemen. Künftig soll geprüft werden, inwieweit Aktionäre, Anleihegläubiger und auch die Kunden einer Bank herangezogen werden, so der Chef der Eurogruppe.

Zypern als Testballon für künftige Krisen
Börsianer sprachen nach der Aussage des Eurogruppen-Chefs davon, dass die Eurogruppe offenbar teste, wie weit sie gehen könne. Nun sei auch in den anderen Euro-Peripherieländern eine Kapitalflucht zu befürchten.
Wolfgang Duwe, Aktienstratege bei der Bremer Landesbank, zeigte sich nicht angetan von der Reaktion der Märkte – er hatte nach der Zypern-Einigung ein Allzeithoch im DAX erwartet. "Die Aussage von Jeroen Dijsselbloem war wohl kein Versprecher – sondern tatsächlich eher ein ‘Testballon‘ der Eurogruppe." Inhaltlich sei ein solches Vorgehen künftig durchaus denkbar, ergänzte Duwe im Gespräch mit t-online.de.

Experte beruhigt deutsche Kleinsparer
Allerdings müssten Kleinsparer in Deutschland nicht zittern – "ganz im Gegenteil. Das Vorgehen in den vergangenen Tagen hat die Kleinanleger eher gestärkt. Denn die Zypern-Verhandlungen haben die Summe von 100.000 Euro nun als Grenze eingezogen," erläuterte Duwe.
Vor der Einigung vom Wochenende sahen das die Bürger anders: Obwohl die Bundesregierung garantierte, dass alle deutschenSpareinlagen sicher sind, drückte die Euro-Kriseauf die Stimmung der Deutschen. Laut dem ARD-"Deutschlandtrend" machte sich jeder Zweite (48 Prozent) Sorgen um seine Ersparnisse. Auch die Leser von t-online.de glauben an eine mögliche Teilenteignung, wie die Umfrage oben rechts belegt.

Optimismus für die Eurozone
Einen lang anhaltenden Vertrauensverlust für die Eurozone sieht der Experte der Bremer Landesbank durch den offensichtlichen Testballon durch die Eurogruppe nicht. "Der Rücksetzer am Montag an der Börse und die Verluste bei Bankaktien renken sich wieder ein."
Auch für den Euro zeigte sich der Experte optimistisch: Die Gemeinschaftswährung werde sich festigen, nachdem sie zuletzt wegen Zypern abgeschwächt hatte. "Insgesamt zeigte die Eurozone Handlungsfähigkeit, auch wenn alles viel zu lange gedauert hat."

Oligarchen-Geld auf Zypern
Duwe hält ansonsten die Teilenteignung von Großanlegern bei Banken in Zypern für Richtig – schließlich hätten sie über höhere Zinsen und die wahrscheinlich nicht erfolgte Versteuerung vom zwielichtigen Geschäftsmodell profitiert.
Tatsächlich ist Zypern bislang ein sicherer Hort für zwielichtiges Kapital aus Osteuropa gewesen. Der Bundesnachrichtendienst geht lauteiner Studie vom November 2012 von 26 Milliarden Dollar an russischen Geldern aus. Zudem warnte der deutsche Auslandsgeheimdienst, 80 russische Oligarchen hätten die zyprische Staatsangehörigkeit angenommen – damit hätten sie die Niederlassungsfreiheit in der EU erhalten.

Hans-Henning Schröder, Professor beider Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, sagte jüngst im Gespräch mit t-online.de, warum sich Russland so vehement engagiert hat, sei klar: Viele Freunde von Präsident Wladimir Putin hätten eine Menge Geld verloren.
Der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew kritisierte den Zypern-Rettungsplan derweil scharf. Die geplanten saftigen Abgaben auf Bankguthaben über 100.000 Euro verurteilte er als "Plünderung". Das könne Auswirkungen auf den Bankensektor weltweit haben, sagte er russischen Medienberichten zufolge. Russland werde die Konsequenzen des Rettungsplans sorgfältig bedenken müssen.
Quelle: t-online.de - Frank Lansky, mit dapd, dpa

… und so sieht man das in Russland:
Putin verfügt Umstrukturierung russischen Kredits an Zypern

Thema: Einmal-Steuer-Entscheidung in Zypern
16:52 25/03/2013
MOSKAU, 25. März (RIA Novosti)
Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Regierung und das Finanzministerium beauftragt, eine Umstrukturierung des Zypern im Jahr 2011 eingeräumten Kredits zu durchdenken, wie Putins Sprecher Dmitri Peskow am Montag in Nowo-Ogarjowo, der Vorstadtresidenz des Präsidenten bei Moskau, mitteilte.

„Im Hinblick auf die von der Eurogruppe gefällten Entscheidungen hält es Putin für möglich, die Anstrengungen des zyprischen Präsidenten und der EU-Kommission zur Überwindung der Krise in der Wirtschaft und im Finanz- und Bankensystem dieses Landes zu unterstützen. Putin beauftragte die Regierung und das Finanzministerium, mit den Partnern die Bedingungen für eine Umstrukturierung des früher an Zypern gewährten Kredits durchzuarbeiten“, so Peskow. 

Russland hatte der Inselrepublik 2011 einen Kredit in Höhe von 2,5 Milliarden Euro mit einer Laufzeit von 4,5 Jahren gewährt. Anfang dieses Jahres bat Zypern, die Tilgungsfrist um weitere fünf Jahre zu strecken.

Zypern saniert sich auf Kosten Russlands
Thema: Einmal-Steuer-Entscheidung in Zypern
13:02 26/03/2013
MOSKAU, 26. März (RIA Novosti).
Die zyprische Regierung hat sich Sonntagnacht mit den Geldgebern auf einen neuen Rettungsplan geeinigt, schreibt die Zeitung „Wedomosti“ am Dienstag.
Damit wendete Zypern in letzter Minute die Staatspleite ab. Die 17 Finanzminister der Eurozone unterzeichneten eine vorläufige Vereinbarung. Die Kunden der beiden größten zyprischen Banken, der Bank of Cyprus und der Laiki Bank (Cyprus Popular Bank), werden jedoch Geld verlieren. Die Bank of Cyprus wird verkleinert. Auf Guthaben von mehr als 100.000 Euro wird eine Zwangsabgabe von 30 Prozent erhoben. Die Laiki Bank wird komplett zerschlagen. Faule Einlagen werden in einer „Bad“ Bank ausgelagert, die anderen Guthaben werden in der Bank of Cyprus deponiert. Konten mit Beträgen bis zu 100.000 Euro bleiben in der Bank of Cyprus.
Dieser Beschluss muss nicht vom zyprischen Parlament gebilligt werden, weil keine neue Steuer eingeführt, sondern die Banken restrukturiert werden. Das Gesetz über die Insolvenz der Banken war bereits am Freitag verabschiedet worden.
Was mit den anderen Bankguthaben geschieht, ist nach wie vor ungewiss. Experten zufolge gibt es Befürchtungen, dass Laiki-Bank-Kunden mit Guthaben von mehr als 100.000 Euro ihr ganzes Geld verlieren.
Mit dem neuen Rettungsplan werden vor allem die zyprischen und britischen Rentner abgesichert. Der neue Beschluss wird vor allem einige russischen Unternehmen treffen. Doch auch ein großer Teil der russischen Unternehmen mit Kapital in Zypern ist nicht von der Zwangsabgabe betroffen. Viele russische Firmen besitzen Konten bei der in dem Inselstaat ansässigen Russian Commercial Bank (Russki Kommertscheski Bank), einer Tochter von Russlands zweitgrößter Bank VTB Group, deren Einlagen mit keiner Sonderabgabe belegt werden.
Wie der Jurist Pawel Romanenko sagte, war die Laiki Bank bei russischen Kunden sehr beliebt, weil diese von Moskau aus problemlos ein Konto eröffnen konnten.
Die Eurogruppe beschloss zudem Einschränkungen für Abhebungen, um den Abzug von Kapital zu verhindern.
Russlands Vizepremier Igor Schuwalow konnte am Montag keine konkreten Zahlen über die Verluste der russischen Investoren benennen. „Erstens handelt es sich um Geld, das aus Russland ausgeführt wurde, um Steuerzahlungen zu umgehen. Meines Erachtens ist der Anteil dieses Geldes nicht hoch. Die meisten russischen Finanzmittel befinden sich absolut legal in Zypern“, sagte Schuwalow.


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