Samstag, 8. Juli 2017

Das Drum und Dran des G20 Gipfels aus Sicht einer schweizer Zeitung

Thema: G20 Gipfel

Blut, Protest und Schnaps –
20 Fakten zum G20

Der G20-Gipfel hält Hamburg nicht nur an den Tagen des eigentlichen Kongresses auf Trab. Einige Fakten.

Was lässt sich Hamburg den G20-Gipfel kosten? Warum trinken plötzlich alle Tomaten-Schnaps? Und was hat ein Kriegsschiff im Hamburger Hafen zu suchen?

Die Teilnehmer des G-20-Gipfels in Hamburg sind die Staats- und Regierungschefs von Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Südafrika, Südkorea, der Türkei, den USA, Grossbritannien und der Europäischen Union.

Seine Teilnahme abgesagt hat der saudische König Salman. Stattdessen wird Staatsminister Ibrahim al-Assaf die Delegation beim G20-Treffen leiten. Offiziell sind die Gründe für die Absage unbekannt, Hintergrund dürfte aber die aktuelle Krise zwischen dem Emirat und anderen Golfstaaten sein. Brasiliens Staatschef Michel Temer, der eigentlich abgesagt hatte, kommt hingegen doch

König Salmans Absage dürfte das Hotel Vier Jahreszeiten ärgern. Dem «Hamburger Abendblatt» zufolge hatte er alle 156 Zimmer und Suiten gebucht. Seine Delegation sollte mehrere hundert Personen umfassen, weshalb der König weitere Zimmer im Westin in der Elbphilharmonie und im Sofitel dazugemietet hatte. König Salman hätte auch seine eigene Küchencrew dabei gehabt. Auf dem Speiseplan hätten etwa dreissig gegrillte Lämmer gestanden.

Im Vier Jahreszeiten wollte eigentlich auch US-Präsident Donald Trump absteigen, kam mit seiner Anfrage aber zu spät. Laut «Hamburger Abendblatt» steigt Trump nun im Gästehaus des Senats am Feenteich ab. Zum 1868 gebauten Gebäude sind vor dem Gipfel fünfzig neue Digitalleitungen verlegt worden.

Die Hamburger Hotelbranche (im Bild: das Grand Elysée Hotel) macht mit dem G20-Gipfel ein gutes Geschäft. Zwischen dem 6. und dem 9. Juli werden rund 9000 Zimmer benötigt. Viele Unterkünfte sind längst ausgebucht.

Wer Trump nicht mag, sich aber lieber an den Tresen statt demonstrierend auf die Strasse stellt, kann mit Schnaps gegen den US-Präsidenten aufbegehren. Linke Barbetreiber haben aus Korn, Tomatensaft, Tabasco, Pfeffer und Salz den sogenannten Soli-Mexikaner gemischt. Der Erlös des Tomatenshots geht an die Anti-G20-Gruppen. Den Mexikaner kann man bereits in 140 Bars weltweit bestellen, zitiert der «Weser Kurier» die Erfinder.

Für die Hamburger Spitäler wie etwa das Universitätsklinikum Eppendorf bedeutet der G20-Gipfel vor allem Extraschichten. Auf den Notfallstationen sind mehr Ärzte als sonst im Einsatz, weitere schieben Pikettdienst.

Für grössere Notfälle gewappnet ist auch das Zentralinstitut für Transfusionsmedizin. Dort wird für die Gipfel-Zeit etwa die doppelte Menge an Blutkonserven bereitgehalten. «Schmerzmittel, Infusionen und Antibiotika werden ebenfalls in grossen Mengen bevorratet», so der Sprecher der Asklepios-Kliniken Franz Jürgen Schell zur «Bild»-Zeitung.

Der Gipfel zieht ob der mehr als hundert Flugzeuge der Staatsgäste auch viele Planespotter an. Eines der Highlights ist die Air Force One des US-Präsidenten. Insgesamt dürfte die US-Delegation mit fünf bis sieben grossen Boeings in Hamburg eintreffen, sagt ein Planespotter zum «Handelsblatt». Die Polizei empfiehlt den Flugzeugfans den Aussichtspunkt an der Holtkoppel.

Rund um den G20-Gipfel geben sich zahlreiche Künstler die Klinke in die Hand: Am Vorabend des Treffens treten Coldplay, Shakira, Ellie Goulding, Pharrell Williams und Herbert Grönemeyer beim Global Citizen Festival auf.

Schlechte Nachricht gab es allerdings für die Hamburger Fans von Elton John: Der Popstar hat sein für Samstag geplantes Konzert wegen der Auswirkungen des G20-Gipfels verschoben. Angesichts der am Hamburger Flughafen geltenden Beschränkungen habe das Tourneeflugzeug zunächst keine Landegenehmigung erhalten, so der Konzertveranstalter.

Gegen das Treffen der Mächtigen finden ausserdem Ausstellungen, Perfomances und andere Aktionen statt. Eine Hamburger Galerie stellt etwa Bilder des syrischen Malers Abdalla Al Omari aus, der Staatsoberhäupter des 21. Jahrhunderts als Vertriebene darstellt (20 Minuten berichtete). Am 5. Juli gingen Protestler bereits als graue «1000 Gestalten» auf die Strasse.

Für die Partner der G20-Staatschefs geht es in Hamburg auf Sightseeing-Tour: Melania Trump und Konsorten begeben sich auf eine Hafenrundfahrt, besichtigen das Rathaus und hören ein Konzert in der Elbphilharmonie. Zudem besuchen die Partner auf Wunsch von Angela-Merkel-Gatte Joachim Sauer auch das Deutsche Klimarechenzentrum. Vielleicht berichtet Melania Trump ja dem US-Präsidenten, einem Klimaskeptiker, davon.

Bis zum Ende des G20-Treffens sind mehr als dreissig Kundgebungen und Protestzüge angekündigt. Es werden mehr als 100'000 Gegendemonstranten erwartet – darunter bis zu 8000 gewaltbereite. Aus der Schweiz fährt am Mittwoch ein Sonderzug mit Demonstranten ab Basel ab.

Für die Hamburger Polizei bedeutet der G20-Gipfel den grössten Einsatz ihrer Geschichte. Mehr als 19'000 Polizisten, 120 Polizeitaucher, über 150 Hunde, 110 Pferde (mit eigenem Veterinär und Hufschmied), elf Helikopter, 3000 Fahrzeuge, darunter 40 Wasserwerfer, mehr als 60 Boote und eine Drohne mit Kameras sorgen für die Sicherheit der über 6500 Gipfelteilnehmer.

«Wir werden die gesamte bundesdeutsche Polizei hier in Hamburg haben, eigentlich mit allem, was Polizeien so besitzen, sowohl an Technik als auch an anderem Equipment», sagte Einsatzleiter Hartmut Dudde dem NDR. Insgesamt seien rund 4,5 Millionen Euro für neue Polizeiausrüstung ausgegeben worden.

Während des Gipfels ist ausserdem ein Kriegsschiff der Marine im Hamburger Hafen stationiert. Es soll die Regierungschefs etwa im Falle eines Terroranschlags Richtung Nordsee evakuieren, bezieht sich der «Focus» auf hochrangige Sicherheitskreise der Bundesregierung. An Bord gibt es auch eine moderne Krankenstation samt Operationsräumen. Offiziell liegt das Schiff allerdings wegen fehlender Ersatzteile vor Hamburg. Der Vorwand soll dem Bericht zufolge eine Debatte über den Einsatz der Bundeswehr im Inneren vermeiden.

Die Bundeswehr hat einem «Spiegel»-Bericht zufolge die Soldaten im Raum Hamburg aufgefordert, zum Schutz vor Übergriffen während des G20-Gipfels keine Uniform zu tragen. Es müsse damit gerechnet werden, dass Soldaten in Uniform während der angekündigten Proteste angegriffen werden könnten, heisst es in einem internen Papier der Bundeswehr.

Während sich grosse Läden und Einkaufzentren in der Hamburger Innenstadt ihre Schaufenster mit Holzplatten verbarrikadieren, setzen kleinere Geschäfte im Schanzenviertel auch auf ein Plakat: «No G20, spare our store!» (deutsch: Verschont unseren Laden), steht darauf. Linksaktivisten hätten das Schild verteilt, schreibt der «Spiegel». Nicht ganz klar sei, ob nur ausgewählte Läden, in den Augen der Aktivisten «die Guten», das Plakat erhalten hätten.

Die meisten Geschäfte sind an den beiden Gipfeltagen zwar von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Wegen der erwarteten Demonstrationen und des massiven Sicherheitsaufgebots sind aber viele Strassen abgesperrt und der ADAC prognostiziert in ganz Hamburg ein Verkehrschaos – was viele Kunden abschrecken dürfte. City-Managerin Brigitte Engler geht allein für den Bereich ums Gipfelgelände von Umsatzeinbussen in der Höhe von 15 Millionen Euro aus, sagt sie dem «Spiegel».

Schon Tage vor dem Gipfel ist die Polizei gegen linke Protest-Camps vorgegangen, wobei es zu Auseinandersetzungen kam. Nachdem das Verwaltungsgericht den Aufbau von Schlafzelten oder Duschen untersagt hatte,

... übernachteten rund drei Dutzend Aktivisten im Foyer des Schauspielhauses, wie ein Mitarbeiter gegenüber der Nachrichtenagentur DPA bestätigte. Als weiteres Zeichen des Protests hängten sie die Fassade des Schauspielhauses mit Plakaten teilweise zu. Neben dem Eingang klebten Parolen wie «Bühne frei für Isomatten» und «Protest is not a crime». Laut NDR bieten auch einige Kirchen G20-Gegnern einen Schlafplatz. Man erlaube die Übernachtungen nicht, dulde sie aber, so der Pastor der St. Pauli Kirche.

Im Stadtteil Harburg richtete die Polizei eine sogenannte zentrale Gefangenensammelstelle ein. Dort stehen in einem Containerdorf 120 Einzel- und Sammelzellen für bis 400 Festgenommene bereit. Es gibt auch Container für Anwaltsgespräche und Vernehmungen.

Direkt daneben ist zeitweise eine Aussenstelle des Amtsgerichts geöffnet. In einem Dreischichtenbetrieb entscheiden hier Richter rund um die Uhr im Eilverfahren, ob ein Festgenommener in U-Haft muss. Total stehen mehr als 130 Richter und rund 140 Staatsanwälte im Einsatz.

Die zweitägige Veranstaltung geht ordentlich ins Geld. Derzeit rechnet man mit Gesamtkosten von rund 130 Millionen Euro. Davon trägt der Bund als Gastgeber einen Grossteil der Kosten. Kritiker befürchten ein Total von 400 Millionen Euro, weil Umsatzeinbussen in der aktuellen Rechnung nicht aufgeführt würden, so der «Stern».

Dass die Kosten explodieren können, zeigt der G20-Gipfel von 2010 in Toronto. Dieser war mit 179 Millionen Euro veranschlagt und kostete am Ende fast eine Milliarde. Aber: «Die tatsächlichen Kosten des G20-Gipfels stehen noch nicht fest», hält die Stadt Hamburg fest.

Mit freundlicher Genehmigung von 20min.ch

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