Thema:
Deutschland
Leipziger Trinkwassernetz geleast an US-Unternehmen:
Geschichte eines finanziellen Reinfalls
Die Stadt Leipzig zahlt 40 Millionen Euro für etwas, das den Bürgern sowieso gehört: das Leipziger Trinkwassernetz. Vor über zehn Jahren schlossen die Wasserbetriebe der Stadt einen Cross-Border-Leasing-Vertrag für das Leipziger Trinkwassernetz. Dabei wurde die Wasserversorgung der Stadt vertraglich einem US-Unternehmen zum Eigentum übertragen. Sie konnte diese jedoch als Leasingnehmer weiter nutzen. Damals hielten die Stadtkämmerer diesen juristischen Kniff für einen Goldesel.
Eingefädelt hatte den Deal der frühere Wasserwerke-Chef Klaus Heininger gemeinsam mit den beiden Finanzberatern Jürgen B. und Berthold S. – alle drei sitzen derzeit wegen etlicher Delikte im Gefängnis.
Am vergangenen Mittwoch verkündete Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), die Stadt habe den Vertrag erfolgreich aufgelöst. Die gute Nachricht: Leipzig ist nun wieder Eigentümer des Netzes im Wert von 600 Millionen Euro. Die schlechte: Der Ausstieg aus dem CBL kostet reichlich 40 Millionen Euro.
Im März 2003 hatte der Stadtrat gegen die energischen Proteste der Linken, damals noch PDS, beschlossen, das Leipziger Trinkwassernetz für 99 Jahre an den US-Telekommunikationskonzern Verizon zu verleasen. Gleichzeitig wurde es zurückgemietet. Über das Geschäft wollte Verizon in den USA Steuern sparen. Leipzig erhielt einen Barwertvorteil von 14,1 Millionen Euro ausbezahlt. Dieses Geld floss zurück an die Kommunalen Wasserwerke. Nur 1,8 Millionen Euro landeten im städtischen Haushalt.
Der kleine Schönheitsfehler: Um das Geschäft nach 30 Jahren wieder auflösen zu können, hätte die Stadt am 2. Januar 2033 an Verizon 250 Millionen US-Dollar zahlen müssen. Um diese Summe zusammen zu bekommen, spekulierten die Stadtväter mit Anleihen beim New Yorker Versicherungsriesen MBIA. Doch nach der Finanzkrise im Jahr 2008 platzte das Geschäft.
Da dürfte es die Zocker gefreut haben, dass ihnen Verizon im vergangenen Jahr das rettende Angebot machte, das Trinkwasser-CBL schon am 22. Dezember 2015 zu beenden. Bedingungen: eine Auflösungsprämie von 96 Millionen US-Dollar sowie die Übernahme aller Transaktionskosten durch die Stadt.
So schnell wie möglich verkaufte Leipzig die MBIA-Anleihen. Allerdings erhielt der Steuerzahler dafür nur 31 Millionen US-Dollar, also nur etwa die Hälfte des Preises von vor 13 Jahren. Leipzig hat bei dem Geschäft insgesamt 41,1 Millionen Euro eingebüßt. Die Auflösungsprämie für Verizon muss die Stadt zudem über Kredite finanzieren, für die nochmals neue Zinsen anfallen.
Aber das ist noch nicht alles. Das gleiche Spiel hatten die Regierenden auch schon mit dem US-Leasing der Leipziger Verkehrbetriebe (LVB) gespielt. Auch dieser Vertrag ist inzwischen aufgelöst. Allein bei einem CBL zum Straßenbahn-Gleisnetz lag dort das ein Risiko von 1,4 Milliarden US-Dollar.
Weitere CBL-Verträge schlossen die Stadtoberen im Gesundheitsbereich, dem Klinikum St. Georg und dem Leipziger Abwassernetz. Weitere sechs laufende CBL betreffen die Leipziger Messe. Am Mittwoch dankte jedenfalls Bürgermeister Jung den Stadträten, dass sie die Sache „so unkompliziert unterstützt“ hätten.
Quelle: RT-Deutsch
Der aktuelle Stand:
AntwortenLöschenDer Stadt Leipzig droht durch seine Taten noch immer ein Schaden von bis zu einer halben Milliarde Euro – doch für Klaus Heininger hat soeben ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Bereits am 21. Januar 2016 wurde der zu einer Haftstrafe von sieben Jahren und fünf Monaten verurteilte frühere Finanzgeschäftsführer der Kommunalen Wasserwerke Leipzig (KWL) aus einer Haftanstalt in Brandenburg entlassen. Er musste nur knapp die Hälfte der Zeit absitzen.
Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Falls Heininger in dieser Zeit umzieht, müsse er das bei Gericht melden. Ansonsten würden für den 55-Jährigen nur zwei Auflagen gelten: Er dürfe nicht erneut straffällig werden, und er müsse weiterhin daran mitwirken, dass das von ihm im Fürstentum Liechtenstein versteckte Bestechungsgeld an die KWL ausbezahlt werden kann. Nach aktuellen Währungskursen handelt es sich dabei um vier Millionen Euro, die Heininger in den Jahren 2005 und 2006 „zur Altersvorsorge“ von den Finanzarrangeuren Jürgen B. und Berthold S. erhalten hatte (Zinsen nicht mitgerechnet). Der Freistaat Sachsen konnte nur einen Teil davon (3,25 Millionen Dollar) beschlagnahmen.
Zeitnah zu den Schmiergeldzahlungen hatte Heininger in London auf eigene Faust Finanzwetten zu Lasten der Wasserwerke abgeschlossen. Sie gingen schief. Die internationale Großbank UBS fordert deshalb bis heute von den KWL rund 300 Millionen Euro. Durch Zinsen, Anwalts- und Prozesskosten hat sich der Schaden mittlerweile sogar auf etwa 400 Millionen Euro erhöht.
Quelle LVZ
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