Aus dem Archiv der Berliner Zeitung vom 1.10.2008
Lärm aus Moschee ärgerte die Eigentümergemeinschaft
Cem Özdemir klagt Kurden aus seinem Wohnhaus
Von Marlies Emmerich, Andreas Kopietz
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Der designierte Chef der Bundesgrünen und Europa-Politiker will gemeinsam mit den anderen Eigentümern der neun Wohnungen im Haus die Moschee samt einem Café nicht länger dulden. Hauptgrund ist, dass die Gebetsrufe im ganzen Haus zu hören sind und dass die Moschee beim Verfassungsschutz als PKK-nah gilt.
Bereits Mitte September hat Özdemir mit den anderen Eigentümern eine Räumungsklage erfolgreich vor Gericht durchgesetzt. Demnach muss der Moschee-Verein als einziger Mieter im Haus die Räume bis Ende März kommenden Jahres aufgeben. Auch das Café soll bis dahin geräumt werden.
Die Auseinandersetzung zwischen den Eigentümern und den kurdischen Mietern dauert bereits zwei Jahre. Zuletzt hatten die Eigentümer Unterschriften gesammelt.
Özdemir hat vor etwa drei Jahren eine Dachgeschosswohnung in dem ehemals besetzten Haus gekauft und war dort mit Frau und Kind vergangenes Jahr eingezogen.
Mit Knüppeln gegen Özdemir
Der Politiker steht als Europa-Abgeordneter seit längerem unter Polizeischutz. Nachdem aufgebrachte Kurden versucht hatten, am 28. Oktober vergangenen Jahres seine Wohnung zu stürmen, ist der Schutz verstärkt worden. Damals war nach einer Demonstration von türkischen Nationalisten in Neukölln und Kreuzberg die Gewalt zwischen Türken und Kurden eskaliert. Türken hatten sich an jenem Abend aufgemacht, um "Kurden zu klatschen". Doch auch Gruppen von Kurden waren zum Teil mit Knüppeln bewaffnet unterwegs, um Türken zu verprügeln. Nur knapp konnten Polizisten damals verhindern, dass auch Özdemirs Wohnung gestürmt wurde. Seitdem seien Objektschützer und Zivilbeamte verstärkt an der Wohnung präsent, heißt es aus der Polizei.
Die Mieter der Moschee sind die Auseinandersetzung inzwischen leid. So schnell wie möglich wollen die gläubigen kurdischen Muslime einen neuen Platz für ihr Gotteshaus finden. Als neuer Standort ist das Gelände eines alten Fabrikgebäudes in der Kreuzberger Boppstraße 10 im Gespräch. Der Makler hat sich bereits am Montag mit Gemeindevertretern getroffen.
Zu voll und zu laut
"Die alten Räume in der Kottbusser Straße sind nicht günstig. Es ist ständig bei Gottesdiensten - nicht nur wie gestern beim Zuckerfest - zu voll und zu laut", sagt Riza Baran von der Kurdisch-Demokratischen Gemeinde. Die Selahaddin-Eyyubi-Moschee befindet sich seit 13 Jahren in einem ganz normalen Altbau, direkt oberhalb eines Cafés, das viele Kurden besuchen.
Baran ist über einen möglichen Auszug nicht unzufrieden: "Mir liegt daran, dass der Konflikt bald vorbei ist." Vor allem aber will das Vorstandsmitglied der kurdischen Gemeinde, dass in dem Zusammenhang nicht ständig politisiert wird.
In einem Gastbeitrag bei "spiegel online" hatte Cem Özdemir schon vor fast zwei Jahren die Moschee "quasi als Domizil der in Deutschland als terroristisch verbotenen Organisation PKK" bezeichnet. Dies scheine in Berlin niemanden so richtig zu stören - "auch nicht die Polizei und die Behörden", hieß es in dem Beitrag. Sein Büro teilte gestern mit, dass Özdemir derzeit zu dem Konflikt mit dem Moschee-Verein keine Stellungnahmen mehr abgeben möchte. Der Linken-Abgeordnete Giyasettin Sayan, selbst kurdischer Herkunft, weist die PKK-Vorwürfe empört zurück. In Berlin gebe es für die schätzungsweise 60 000 Kurden 17 Vereine. In vielen seien vereinzelt PKK-Anhänger anzutreffen, aber noch deutlich mehr Leute, die gläubige Muslime seien beziehungsweise für demokratische Rechte eintreten würden. Nur ganz wenigen Vereinen könne man eine generelle PKK-Nähe nachsagen. "Der Moschee-Verein mit einem ganz liberalen Imam gehört definitiv nicht dazu", so Sayan.
Der Moschee-Verein soll jedoch, wie es heißt, vom Verfassungsschutz beobachtet werden.
Quelle: Berliner Zeitung
Danke Klaus für den Link
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