Mia san mia – Uli Hoeneß und die Moral der Mächtigen
Vom Vorbild zum Scheinheiligen und schließlich zum Politikum: Im "Fall Uli Hoeneß" geht es nicht mehr nur um Steuern, sondern um die ganz großen Themen – Moral und Macht, Arm und Reich. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück warnt gar vor einem "Zerfall der Gesellschaft" und kritisiert fehlende Verantwortung und Solidarität bei Deutschlands Eliten.
mein Beitrag #111 : bayerische Moral?
Gewiss, schon seit Generationen ist überliefert, dass Gott selbst die Bayern schuf, auch dass in Bayern tatsächlich alles ein klein wenig anders ist - die Sonne scheint heller, das Gras ist grüner, das Wetter ist besser … die Gesetze werden großzügiger ausgelegt…
aber irgendwann kommt es dann knüppeldick:
Der CSU-Abgeordnete Georg Schmidt hatte seine Frau für monatlich 5000 Euro beschäftigt, sein Parteigenosse Georg Winter, seit Ende 2000 seine beiden damals 13- und 14- jährigen Söhne unter Vertrag genommen - als dies gerade noch erlaubt war.
Wie bitte? Arbeitsvertrag für 13-jährigen?
Mit anderen Worten: "Abzocken wo eben möglich."
Man konnte es der Presse entnehmen.
Von Uli Hoeneß konnte man am 24.05.2003 schon lesen: "Wer jetzt mauert, verlängert die Wirtschaftskrise!" Letzter Spieltag: Bayern-Manager unterstützt Reform-Aktion der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft
http://www.presseportal.de/pm/39474/...bayern-manager
Auch hier sollte über so Einiges hinweg gesehen werden: Uli Hoeneß will Sonderregeln für den FC Bayern
http://duckhome.de/tb/archives/779-U...FC-Bayern.html
Natürlich ist das nicht auf Bayern beschränkt, zeigt aber schon deutlich, je höher die vermeintliche Stellung in der Gesellschaft, desto niedriger die Moral.
mein Beitrag #116 : Kavaliersdelikt
Zitat von MeinerEiner
Über „die da oben” zu schimpfen ist natürlich ein wohlfeiler Quotenbringer. Mich stört dabei die Heuchelei manches „kleinen Mannes”, denn dem Staat etwas abzuluchsen, gilt in s e i n e n Kreisen oft als Kavaliersdelikt. Aber wenn „Besserverdienende” das gleiche tun, werden sie vom Stammtisch lautstark an den Pranger gestellt.Na Sie „Besserverdiener“,
als was gilt Steuerhinterziehung denn in Ihren Kreisen?
Was meinen Sie denn wohl, wieviele „kleine Männer“ es braucht um etwa die Größenordnung eines Hoeneß oder Zumwinkels an hinterzogenen Steuern zu erreichen? […]
Nach der Sendung
schrieb Gabriele Fladrich in #559
„Herzlichen Glückwunsch, Herr Hoeneß,
Sie sind die Oberliga, wir ja nur die kleinen Lichter!
Es gab vor einiger Zeit bei uns das Vorbeikommen der Abteilung Flankenschutz, um unsere Einkünfte und unsere Anlagen zu überprüfen.
Dabei stellte sich heraus, dass wir noch über alte Sparbücher verfügten, deren Zinseinkünfte nicht in unserer Steuererklärung nicht angegeben haben. Diese Überprüfung ergab, dass wir insgesamt 1,37 Euro nach deklarierten mussten. Also, ich verstehe absolut, dass eine solche Abteilung ihre Berechtigung hat, aber wie können dann diese "großen" Fische durch das Netz gehen?
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Fladrich“
und Greta antwortete in #649:
Wir haben wirklich mal vergessen, innerhalb 14 Tagen eine Steuernachzahlung von 12,50Euro vorzunehmen. Nach weiteren 14 Tagen kam sofort eine Androhung mit Fristsetzung! Auch wir fragen uns, warum hier sofort geprüft wird, aber die Großen davonkommen. Und warum erhalten jetzt Rentner in Bayern Steuerforderungen von 2010 und 2011 auf bereits versteuerte Renten? Ein Schelm wer Böses dabei denkt ......
Kommentar der FAZ vom 29.04.2013 in Auszügen:
Jauch beschäftigte sich unter dem Titel „Mia san mia – Uli Hoeneß und die Moral der Mächtigen“ abermals mit dem Präsidenten des FC Bayern München und seiner eingestandenen Steuerhinterziehung. Immerhin machte Jauch gegenüber der vergangenen Sendung Fortschritte. Er verzichtete auf Oliver Pocher und beschränkte sich auf vier Gäste. Das machte die Debatte für den Zuschauer überschaubarer - und ermöglichte den Gästen sogar die Chance, Argumente zu entwickeln, anstatt bloß Schlagworte in die Runde zu werfen.
Was ist der Unterschied zwischen einer Dokumentation und einer Talk-Show? In einer Dokumentation geht es primär um die Aufklärung eines Sachverhalts. Interviews dienen dazu, dem Zuschauer eine Einordnung der geschilderten Tatbestände zu ermöglichen. In Talk-Shows werden dagegen Meinungen sogar über ungeklärte Sachverhalte geäußert. Daher ist in Dokumentationen auch nur selten der warnende Hinweis von Ehefrauen nötig, man könne sich dort um „Kopf und Kragen reden“. Nun wird zum Glück in zivilisierten Gesellschaften niemandem mehr der Kopf abgeschlagen. So konnte Thomas Gottschalk am Sonntagabend bei Günther Jauch erhobenen Hauptes das Studio verlassen, trotz der entsprechenden Warnung seiner Ehefrau. Gottschalks Teilnahme war nämlich unverzichtbar.
Mit Hilfe von Heribert Prantl, Ressortleiter Innenpolitik bei der „Süddeutschen Zeitung“, versuchte Jauch das Dickicht um die Steuerhinterziehung des Uli Hoeneß zu entwirren. Kurz gesagt: Prantl diagnostizierte auf Basis der ihm offenkundig möglichen Einsicht in die entsprechenden Unterlagen eine Steuerschuld von 3,2 Millionen Euro auf das Vermögen, das sich auf einem Schweizer Bankkonto befindet. Ob die Selbstanzeige zur Aufhebung der Strafbarkeit führen wird, vermochte Prantl nicht zu sagen.
So werden sich wahrscheinlich mehr notorische ÖPNV-„Schwarzfahrer“ in deutschen Gefängnissen befinden als Steuerhinterzieher. Der Grund liegt vor allem in jenem Unikat namens „Selbstanzeige“ in der Strafrechtsordnung. Ein Schwarzfahrer kann nämlich nicht durch Selbstanzeige Straffreiheit erlangen. Das ist nur bei Steuerdelikten möglich. Schwarzfahrer sollten sich also nicht erwischen lassen. Steuerhinterzieher können dagegen vor Gericht darüber streiten, ob sie denn schon erwischt worden sind. Ein kleiner Unterschied – mit großen Folgen.
Selbstvergessenheit und Realitätsverlust
„Mia san mia“: Dieser Grundsatz sollte bei Uli Hoeneß immer bayerisches Selbstbewusstsein ausdrücken. Tatsächlich zeigt sein Fall etwas anderes: Selbstvergessenheit und Realitätsverlust. Etwa dass es sich als Millionär in Deutschland nicht lohne zu arbeiten. Es ging ihnen in Wirklichkeit noch so so gut wie heute. Ob sich Thomas Gottschalk um „Kopf und Kragen“ geredet hat, wie es seine Ehefrau vor der Sendung befürchtete? Keineswegs. Er konnte erhobenen Hauptes aus der Sendung gehen. An ihm wurde nämlich deutlich, was schief läuft in Deutschland.
Lesen Sie den ganzen Artikel HIER Was ist der Unterschied zwischen einer Dokumentation und einer Talk-Show? In einer Dokumentation geht es primär um die Aufklärung eines Sachverhalts. Interviews dienen dazu, dem Zuschauer eine Einordnung der geschilderten Tatbestände zu ermöglichen. In Talk-Shows werden dagegen Meinungen sogar über ungeklärte Sachverhalte geäußert. Daher ist in Dokumentationen auch nur selten der warnende Hinweis von Ehefrauen nötig, man könne sich dort um „Kopf und Kragen reden“. Nun wird zum Glück in zivilisierten Gesellschaften niemandem mehr der Kopf abgeschlagen. So konnte Thomas Gottschalk am Sonntagabend bei Günther Jauch erhobenen Hauptes das Studio verlassen, trotz der entsprechenden Warnung seiner Ehefrau. Gottschalks Teilnahme war nämlich unverzichtbar.
Mit Hilfe von Heribert Prantl, Ressortleiter Innenpolitik bei der „Süddeutschen Zeitung“, versuchte Jauch das Dickicht um die Steuerhinterziehung des Uli Hoeneß zu entwirren. Kurz gesagt: Prantl diagnostizierte auf Basis der ihm offenkundig möglichen Einsicht in die entsprechenden Unterlagen eine Steuerschuld von 3,2 Millionen Euro auf das Vermögen, das sich auf einem Schweizer Bankkonto befindet. Ob die Selbstanzeige zur Aufhebung der Strafbarkeit führen wird, vermochte Prantl nicht zu sagen.
So werden sich wahrscheinlich mehr notorische ÖPNV-„Schwarzfahrer“ in deutschen Gefängnissen befinden als Steuerhinterzieher. Der Grund liegt vor allem in jenem Unikat namens „Selbstanzeige“ in der Strafrechtsordnung. Ein Schwarzfahrer kann nämlich nicht durch Selbstanzeige Straffreiheit erlangen. Das ist nur bei Steuerdelikten möglich. Schwarzfahrer sollten sich also nicht erwischen lassen. Steuerhinterzieher können dagegen vor Gericht darüber streiten, ob sie denn schon erwischt worden sind. Ein kleiner Unterschied – mit großen Folgen.
Selbstvergessenheit und Realitätsverlust
„Mia san mia“: Dieser Grundsatz sollte bei Uli Hoeneß immer bayerisches Selbstbewusstsein ausdrücken. Tatsächlich zeigt sein Fall etwas anderes: Selbstvergessenheit und Realitätsverlust. Etwa dass es sich als Millionär in Deutschland nicht lohne zu arbeiten. Es ging ihnen in Wirklichkeit noch so so gut wie heute. Ob sich Thomas Gottschalk um „Kopf und Kragen“ geredet hat, wie es seine Ehefrau vor der Sendung befürchtete? Keineswegs. Er konnte erhobenen Hauptes aus der Sendung gehen. An ihm wurde nämlich deutlich, was schief läuft in Deutschland.
Leider schreibt die FAZ nichts davon, dass sich Huber wie ein Aal wand als die typisch bayerische Überheblichkeit von CSU, Abgeordneten und Oberschicht vor den Augen der Öffentlichkeit aufgezeigt wurde.
Steinbrück bereitete es sichtlich Vergnügen, ihn auf die politisch gewollten Personaldefizite in allen Bereichen des bayerischen Finanzwesens hinzuweisen.
Da nutzte es Huber am Ende nichts mehr zu betonen, dass Betriebsprüfer in Bayern erfolgreicher seien als Anderswo, denn damit bestätigte er nur, dass in bayerischen Betrieben oberflächlich gearbeitet wird, ansonsten gäbe es nicht viel zu beanstanden.
Bitte beachten Sie den Kommentar
Keine Kommentare :
Kommentar veröffentlichen
Der Kommentar erscheint manchmal erst nach Freigabe