Samstag, 6. Mai 2017

Sachsensumpf - Morast der Unschuld

Thema: Ein "Paradebeispiel 'Westlicher Werte'"

Neuer Prozess zum »Sachsensumpf« gestartet:
Verfassungsschützerin und Kriminalist sollen hohe Justizbeamte zu Unrecht verdächtigt haben

Von Susan Bonath

Menschenhandel, Zwangsprostitution Minderjähriger, kriminelle Immobiliengeschäfte: Zehn Jahre nach dem Auftauchen geheimer Akten des sächsischen Verfassungsschutzes startete am Dienstag ein neuer Prozess zum sogenannten Sachsensumpf. Vor dem Landgericht Dresden müssen sich aber keine möglichen Mittäter verantworten. Angeklagt sind die Ex-Verfassungsschützerin Simone H. und der Kriminalbeamte Georg W. H. soll Unschuldige verfolgt, W. Beihilfe geleistet haben. Zudem wirft die Staatsanwaltschaft beiden vor, 2008 und 2009 vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss gelogen zu haben.

Bei den »Unschuldigen« handelt es sich um hohe Polizei- und Justizbeamte. Die Verfassungsschutzakten enthielten Erkenntnisse zu kriminellen Netzwerken, in die womöglich auch Polizei- und Justizbeamte verstrickt waren. Unter anderem tauchten die Namen des damaligen Richters Jürgen N. sowie des früheren Vizechefs der Leipziger Staatsanwaltschaft, Norbert R., darin auf. Letzterer leitet heute das Landgericht Leipzig. Jürgen N., heute als Anwalt in München tätig, hatte 1994 als Richter selbst den Prozess gegen den Bordellbetreiber Martin K. geführt. Sein ungewöhnlich mildes Urteil – vier Jahre und zwei Monate Haft wegen Menschenhandels, Zuhälterei und Missbrauchs Minderjähriger – erregte damals Aufsehen.

Auch zwei Opfer wollten die hochrangigen Juristen als Kunden des Kinderbordells »Jasmin« wiedererkannt haben. Ermittlungen gegen die mutmaßlichen Täter stellte die Justiz jedoch bald ein. Statt dessen fanden sich die Missbrauchsopfer wegen angeblicher Verleumdung vor Gericht wieder. Erst 2013, fünf Jahre nach der Anklage, stellte es das Verfahren vorläufig ein. Abgeschlossen ist es noch nicht, denn der Grund war eine attestierte dauerhafte Verhandlungsunfähigkeit. Über eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft Dresden hat das Gericht nach jW-Informationen bisher nicht entschieden.

Auf der Anklagebank waren auch zwei Journalisten gelandet. Sie hatten 2007 über die Verfassungsschutzerkenntnisse berichtet. 2010 verurteilte das Amtsgericht Dresden sie wegen übler Nachrede zu Geldstrafen im vierstelligen Bereich. Das Landgericht hob den Richterspruch 2012 auf, eine Revision hatte keinen Erfolg.

Die beschuldigte frühere Chefin des sächsischen Verfassungsschutzreferats »Organisierte Kriminalität« (OK), Simone H., soll in den Akten einen Anfangsverdacht unter anderem gegen die beiden Juristen formuliert haben. Einen von ihnen habe sie als Schlüsselfigur erwähnt. Die Beschuldigungen, so die Staatsanwaltschaft, habe H. aber vor allem aus Vermutungen und Gerüchten abgeleitet. Der mitangeklagte Kriminalhauptkommissar Georg W. soll ihr die Informationen dazu geliefert haben. Sein Motiv sei vermutlich Rache, so die Ankläger. Denn einer der verdächtigten Juristen habe W. Jahre zuvor für eine zentrale Gestalt bei Ermittlungen gegen Leipziger Polizisten gehalten.

Die Strafverfolgung gegen beide schleppt sich seit Jahren hin. Bereits Ende 2010 hatte die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Erst im März 2016 ließ das Dresdner Landgericht diese zu, auch, damit die Vorwürfe nicht verjährten. Offiziell begründete das Gericht die Verzögerung mit Überlastung. Bis Mitte Dezember hat es nun 25 Verhandlungstermine festgesetzt.

Der Verteidiger von H., Thomas Gießen, bestritt gegenüber der Freien Presse (Onlineausgabe vom 27. April), dass man eine Referatsleiterin des Verfassungsschutzes überhaupt wegen »Verfolgung Unschuldiger« verurteilen könne. Ähnlich sieht es Klaus Bartl von der Linksfraktion im Sächsischen Landtag. Er leitete den Untersuchungsausschuss, wo H. falsch ausgesagt haben soll. Sie habe sich schon dort damit verteidigt, dass das Sammeln von Anhaltspunkten ihre Aufgabe gewesen sei, so Bartl.

H. hatte vor dem Ausschuss 2013 als Zeugin erklärt, es gebe Hinweise auf Zusammenwirken fester behördlicher Netzwerke und organisierter Kriminalität. Ziel sei vor allem gewesen, Beamte und Politiker in Abhängigkeitsverhältnisse zu bringen. Externe Prüfer der Sächsischen Regierung hatten die Ausführungen jedoch verworfen. Die Geheimdienstakten seien bewusst aufgebauscht worden.

Quelle: Facebook
Danke Klaus für den Hinweis

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