Thema:
Frankreich
Historische Wahl
Macrons Sieg führt Frankreich in neue Ära
Es ist ein dramatischer Neuanfang für Frankreich: Die Wahl zur Nationalversammlung zementiert die Macht von Präsident Macron. Er hat nun beste Karten, um sein Reformprogramm anzugehen. Doch das Ergebnis ist nicht eitel Sonnenschein.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat bei der Parlamentswahl eine klare Mehrheit für seine Politik gewonnen, aber deutlich schwächer abgeschnitten als erwartet. Der sozialliberale Staatschef sicherte sich in der entscheidenden Abstimmungsrunde am Sonntag eine komfortable Machtbasis für seine Reformen, mit denen er Frankreich international wieder konkurrenzfähig machen will.
Laut Hochrechnungen kam Macrons Lager aus dem Stand auf 355 bis 365 der 577 Sitze in der Nationalversammlung. Meinungsforscher hatten zuvor bis zu 470 Mandate für möglich gehalten. Die absolute Mehrheit liegt bei 289 Sitzen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gratulierte Macron zum Wahlerfolg. Regierungssprecher Steffen Seibert twitterte: "Kanzlerin #Merkel: Glückwunsch, @EmmanuelMacron, zur klaren parlamentarischen Mehrheit +auf weiter gute Zusammenarbeit für DEU, FRA, Europa." Merkel und Macron wollen in der Europapolitik zusammenarbeiten und nach Informationen aus dem Élyséepalst schon zum kommenden EU-Gipfel einen gemeinsamen Beitrag leisten.
Der Triumph für Macrons erst vor gut einem Jahr gegründete Mitte-Partei La République en Marche und ihre Verbündeten bestätigt eine historische Zäsur für die französische Politik. Die traditionellen Regierungsparteien der bürgerlichen Rechten und der Sozialisten mussten eine weitere herbe Niederlage einstecken. Der Rechtspopulistin Marine Le Pen gelang erstmals der Einzug ins französische Parlament.
Die Wahlbeteiligung stürzte auf einen neuen historische Tiefpunkt. Sie lag laut Hochrechnungen um die 43 Prozent, noch deutlich niedriger als im ersten Wahlgang eine Woche zuvor. Das könnte auf eine geringere Zustimmung in der Bevölkerung für den Kurs des neuen Präsidenten hindeuten, als die Sitzverteilung in der ersten Parlamentskammer vermuten lässt. "Unser Volk ist bei dieser Wahl in eine Form des staatsbürgerlichen Generalstreiks getreten", meinte der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon.
Erneute Niederlage für Hollande
Der Triumph für Macrons erst vor gut einem Jahr gegründete Mitte-Partei La République en Marche und ihre Verbündeten bestätigt eine historische Zäsur für die französische Politik. Die traditionellen Regierungsparteien der bürgerlichen Rechten und der Sozialisten mussten eine weitere herbe Niederlage einstecken.
Laut den Meinungsforschungsinstituten Kantar Public-Onepoint, Ipsos und Elabe kommen die konservative Republikaner-Partei und ihre Verbündeten auf 97 bis 133 Sitze. Die Sozialisten von Macrons Vorgänger François Hollande, die in den vergangen fünf Jahren den Ton in der Nationalversammlung angegeben hatten, stürzten ab. Insgesamt dürften die moderate Linke und die Grünen zusammen nur noch mit 29 bis 49 Sitzen vertreten sein.
Die radikale Linke mit Jean-Luc Mélenchon kann 12 bis 30 Abgeordnete erwarten. Die Front National der Rechtspopulistin Marine Le Pen könnte ihre Rolle im Parlament leicht stärken, sie kommt laut den Hochrechnungen aber trotzdem nur auf 4 bis 8 Sitze. Bislang waren es 2. Bei der Präsidentenwahl hatte Le Pen im ersten Wahlgang landesweit noch 21,3 Prozent der Stimmen bekommen.
Freie Hand für Gesetze
Mit der klaren Mehrheit in der Nationalversammlung hat Macron nun weitgehend freie Hand für seine Gesetzespläne. Bremsen könnte allenfalls der Senat, die zweite Parlamentskammer wird von der bürgerlichen Rechten dominiert. Allerdings sitzt die Nationalversammlung bei der Verabschiedung von Gesetzen am längeren Hebel. Vor allem bei der geplanten Arbeitsmarktreform sind außerdem Protestkundgebungen von Gewerkschaften zu erwarten.
Frankreich leidet schon lange unter einer hohen Arbeitslosigkeit, sie lag zuletzt bei 9,5 Prozent. Das Wirtschaftswachstum hinkte in den vergangenen Jahren der Eurozone hinterher, die Staatsschulden liegen bei 96 Prozent der Wirtschaftskraft - deutlich mehr als in Deutschland.
Nach der Wahl könnten Macron und sein Premierminister Edouard Philippe wie in Frankreich üblich ihre Regierungsmannschaft nachjustieren. Eine größere Kabinettsumbildung gilt angesichts des Ergebnisses allerdings als unwahrscheinlich. Am Mittwoch will das Kabinett die geplante Verlängerung des Ausnahmezustands auf den Weg bringen, der seit den Pariser Terroranschlägen vom November 2015 in Kraft ist. Die teils umstrittenen Sonderregeln für Behörden sollen bis Anfang November verlängert werden. Außerdem soll ein neues Sicherheitsgesetz beraten werden.
Jüngster Präsident
Macron war vor sechs Wochen als jüngster französischer Präsident aller Zeiten in den Élyséepalast gewählt worden. Der 39-Jährige will noch in diesem Monat eine umstrittene Lockerung des Arbeitsrechts und ein neues Anti-Terror-Gesetz auf den Weg bringen. Außerdem strebt er in der vom angekündigten Austritt Großbritanniens verunsicherten Europäischen Union weitreichende Reformen an und hofft dabei auf eine enge Zusammenarbeit mit Deutschland. Schon zum am Donnerstag beginnenden EU-Gipfel wollen Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Informationen aus dem Élyséepalst einen gemeinsamen Beitrag leisten.
Quelle: T-Online.de
Kommentare
Stones98
Nur 42 % gingen zur Wahl....die nicht zu Unrecht politikverdrossenen Franzosen werden sich demnächst wundern, wenn dieser lupenreine Neoliberale den Sozialstaat demontiert und die kleinen Leute die Zeche zahlen. Bravo !
ausbeuter-zertreten
Ein menschenverachtendes Hartz-Regime,ist mit den Franzosen sicher nicht zu machen. Dieses Bübchen,hat die Rechnung ohne sein Land gemacht.
toussaint2016
43 % Wahlbeteiligung, davon ca. 60% für Macron. Am Ende irgendwo 25% direkt für ihn....klingt eher nach instabiler Minderheitsregierung. Das Volk hat resigniert, in diesem Moment....und was wenn wieder einer kommt, auf irgendeine Gemüsekiste steigt und die anderen 75% holt...was dann?... tout était déjà là
RUDEL.
Sowas wie Le Pen braucht kein Mensch - die Franzosen haben es begriffen. Jetzt kommt Macron und er wird (wie unser Schröder) den Franzosen sagen, das es so nicht weitergeht mit dem Rundumsorglos-Paket. Nicht fragen was das Land für mich tun kann, sondern fragen was ich für mein Land tun kann!!
opahanser
Ein Jüngling der keine Ahnung hat und nun als Diktator regieren kann. Aber es sind ja mit seiner Frau und der Angela, zwei machtbesessene Frauen da, die den richtigen Kurs schon vorgeben werden. Armes Frankreich.
brikan1
die ersten Streiks sind vorprogrammiert. Vive La France.
» der Kommentar des Blogschreibers «
Es ist schon sehr blamabel und verräterisch, wenn man bei der Auswertung statt über eine Stimmenverteilung zu sprechen, sofort zur Sitzverteilung übergehen muss, damit die Ablehnung des Kandidaten nicht direkt ins Auge fällt.
Nicht viele jubeln über das Ergebnis. Natürlich die deutschen Hofberichterstatter, wie lange wohl?
Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man über unsere neoliberalen Vertreter von der Einheitspartei CDU/CSU/SPD/ GRÜNE nur noch lachen.
AntwortenLöschenFür wie blöd hält diese abgehobene Sippe überhaupt das Volk, wenn diese " Volksvertreter"über den grandiosen Wahlerfolg von Macron jubilieren.
Eine Hoffnung bleibt, man kann die Franzosen nicht mit Deutschen vergleichen.
Der Deutsche schluckt, regt sich auf und resigniert. Der Franzose geht auf die Straße.
Warum wohl will Macron den Ausnahmezustand auf unbestimmte Zeit verlängern?
Doch nicht nur wegen des Krieges, der offiziell Terror heißt.
Es ist doch in Wirklichkeit ein Krieg mit anderen Waffen.
Ein überwältigendes Mandat für Macron?
AntwortenLöschenhttp://www.nachdenkseiten.de/?p=38812
13,4% der Wähler stimmten für diese "neue (neo)liberale Partei".
Der Versuch einer Revolution von Oben, die hoffentlich scheitert.
Aus der Französichen Verfassung:
ARTIKEL 3. Die nationale Souveränität liegt beim Volke, das sie durch seine Vertreter und durch Volksentscheid ausübt.
Weder ein Teil des Volkes noch eine Einzelperson kann ihre Ausübung für sich in Anspruch nehmen.
Die Wahl kann unmittelbar oder mittelbar unter den in der Verfassung vorgesehenen Bedingungen erfolgen. Sie ist immer allgemein, gleich und geheim.
Wahlberechtigt sind nach Maßgabe des Gesetzes alle volljährigen französischen Staatsangehörigen beiderlei Geschlechts, die im Besitz ihrer bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte sind.
Sind nun 13,4% eine Mehrheit im Sinne der Verfassung?
P.S. Ralf,
das Programm, man sollte besser Plan sagen, der Macron Partei ist sicherlich bekannt. Sozialstaat schleifen plus Euros aus D.
Da sind Merkels Worte von heute: "Kein Reformbedarf bei Renten bis 2030!" (vor der Wirtschaft)einfach...