Smartphone:
Warum sind Mobilfunk-Tarife in Deutschland so teuer?
Kehl in Deutschland und Strasbourg in Frankreich – dazwischen liegt nur der Rhein. Beim Thema Handytarife liegen zwischen beiden Städten Welten. Denn in Frankreich bekommen Mobilfunkkunden deutlich mehr geboten, und das auch noch für weniger Geld. Und die Deutschen sind die Dummen. Wie kann das sein?
Wir beginnen in Kehl. "Plusminus" macht hier einen Selbstversuch. Wir wollen einen Handyvertrag, mit dem wir natürlich telefonieren können. Aber vor allem möchten wir möglichst viel Datenvolumen zum Surfen im Internet. Doch was braucht man heutzutage eigentlich? Wir fragen beim BR-Netz-Experten Florian Regensburger nach. "Jemand, der die neuen Medien oft und gerne nutzt, der mit Smartphone und Apps im Internet unterwegs ist, der Videos über das Netz schaut, der bei Facebook unterwegs ist, der sollte meiner Meinung nach kein Tarif wählen, bei dem er weniger als 6 Gigabyte im Monat zur Verfügung hat."
1 Gigabyte in Deutschland
|
Für die uns angebotenen Smartphone-Verträge würden wir also in Deutschland zwischen 25 und 30 Euro zahlen und dafür nur 1 Gigabyte Datenvolumen bekommen.
50 Gigabyte in Frankreich
Jetzt der Blick über die nahe Grenze. Wir sind in Straßburg. Mit einem Gigabyte lassen sich die Franzosen von ihren Netzbetreibern nicht abspeisen. Die meisten haben hier rund 20 Gigabyte Datenvolumen. Und was kostet das? Bei Bouygues Telekom, einem der vier französischen Netzbetreiber, zahlt man für einen Mobilfunkvertrag mit 20 Gigabyte einen Preis von 29,99 Euro pro Monat. Soviel also wie bei uns für 1 Gigabyte.
Doch es wird noch besser: Bei Free, dem jüngsten französischen Netzbetreiber, der den Markt mit Kampfpreisen aufmischt, bekommen wir sogar 50 Gigabyte angeboten. Und das zu einem Preis von 19,99 Euro. Das heißt: 50 Gigabyte in Frankreich sind billiger als 1 Gigabyte in Deutschland.
Abzocke in Deutschand?
Werden die Deutschen abgezockt? Oder welche Erklärung gibt es für die großen Preisunterschiede? An der Universität Duisburg-Essen hat man das untersucht. Ein wesentlicher Grund: In Deutschland gibt es weniger Konkurrenz, erklärt Prof. Dr. Torsten J. Gerpott: "Der deutsche Mobilfunkmarkt hat ja jetzt nur noch drei Anbieter seitdem im Jahre 2014 formal der Zusammenschluss von Telefonica und E-Plus vollzogen worden ist. Und das hat dem Wettbewerb nicht so gut getan. Wir sind im internationalen Vergleich zwar führend was den Ausbau mit neuen Netzen angeht, aber wir sind auch führend, was hohe Preise angeht."
Hohe Preise – wenig Wettbewerb. Das zeigt auch der Blick auf die Marktanteile. Die sind nahezu gleich groß. Jeder der drei Anbieter hat rund ein Drittel. Und offensichtlich tut kein Netzbetreiber dem anderen weh.
Alles anders in Österreich
|
Wir lassen uns bei DREI beraten, dem jüngsten Netzbetreiber in Österreich, der ähnlich wie Free in Frankreich den Markt aufmischt. Hier gibt es für 31,20 Euro sage und schreibe 39 Gigabyte.
Schnäppchenpreise in Italien
Wir fahren noch ein Land weiter – nach Italien. Mindestens 3 Gigabyte bekommen wir für 30 Euro überall. Und am meisten geboten wird uns bei Tre Italia. Hier gibt es 30 Gigabyte für nur 15 Euro.
Das Ergebnis unserer Recherche-Reise:1 Gigabyte in Deutschland, 39 in Österreich, 30 in Italien und sogar 50 in Frankreich – und das zum Teil sogar für weniger Geld. Viel krasser können die Unterschiede kaum sein.
Besserung in Sicht?
Doch wird es künftig besser? Schließlich sollen ab Sommer 2017 die sogenannten Roaming-Gebühren wegfallen – also die Aufschläge für die Nutzung im Ausland. Kann man dann die günstigeren Tarife aus den Nachbarländern auch bei uns dauerhaft nutzen können? Die klare Antwort: nein. Einen Anbieter aus dem Ausland wird man auch künftig nicht nutzen können. Und das will die EU-Kommission derzeit auch gar nicht.
Gegenüber "Plusminus" bestätigt sie, dass das kostenlose Roaming nur für Reisende gedacht ist: "Die von der Kommission vorgeschlagenen Entwürfe für faire Nutzungsregeln beruhen auf dem Grundsatz des Wohnsitzes oder der stabilen Verbindung, den europäische Verbraucher mit jedem EU-Mitgliedsstaat haben können." Im Klartext: Einen europaweiten Wettbewerb auf dem Mobilfunkmarkt soll es gar nicht geben.
Bericht: Johannes Thürmer, Martina Schuster
Quelle: plusminus
Keine Kommentare :
Kommentar veröffentlichen
Der Kommentar erscheint manchmal erst nach Freigabe