Sehr geehrter Herr Präsident,
in den letzten Tagen erhielt die deutsche Öffentlichkeit Informationen über den sehr ernsten Störfall im Atomkraftwerk Fessenheim der sich bereits am 9. April 2014
gegen 17 Uhr ereignet hat. Infolge einer Überflutung wurden die
elektrischen Schaltschränke in der Steuerungszentrale für den
Atomreaktor unter Wasser gesetzt.
Durch
die Kurzschlüsse sind die Systeme zur Reaktorschnellabschaltung
ausgefallen. Der verzweifelte Versuch der Techniker den Reaktor
ordnungsgemäß herunterzufahren misslang, die Steuerstäbe ließen sich
durch den Stromausfall nicht bewegen. Der Reaktorkern mit den
Brennelementen aus angereichertem Uran wurde nicht mehr ausreichend
gekühlt und erreichte nach mehr als drei Minuten bereits kritische
Temperaturen. Die Situation drohte zu eskalieren und eine
Kernschmelze war zu befürchten. Die Techniker mussten in dieser
kritischen Situation den Reaktor "blind fahren". Sie hatten keine
Kontrolle mehr über die Abläufe im Reaktordruckgefäß. Nur gücklichen
Umständen ist es zu verdanken, dass das elektrische Pumpensystem für die
Zugabe von Bor noch funktionierte.
Es drohte die
Überhitzung der Kernbrennstäbe und eine Kernschmelze, vergleichbar mit
den gravierenden Folgen des Super-Gau in Tschernobyl und der
explodierenden Reaktoren in Fukushima. Die Städte Freiburg (18
Kilometer Luftlinie von Fessenheim) Basel (35 Kilometer Luftlinie),
Straßburg (60 Kilometer Luftlinie) sowie der Großteil der Trinationalen
Monopolregion Oberrhein (TMO) mit mehr als 2.500.000 Einwohnern drohten
radioaktiv verseucht zu werden. In dieser dramatischen Situation gelang
es dem Krisenstab mit einer sehr ungewöhnlichen Maßnahme durch eine
glücklicherweise noch funktionierende Pumpe eine größere Mengen Bor in
den Reaktordruckbehälter zu pumpen. Buchstäblich in letzter
Minute gelang es damit die Kettenreaktion mit der bereits begonnenen
Überhitzung im Reaktordruckgefäß zu stoppen und damit die Kernschmelze
zu verhindern.
In
einem internen Bericht eines Mitarbeiters vom Atomkraftwerk Fessenheim,
der in der Zeitschrift Journal de l’Energie veröffentlicht wurde, wird
darüber informiert, dass sich in zahlreichen französischen
Atomkraftwerken, darunter auch Fessenheim, die Notdieselgeneratoren, die
die Kühlung des Reaktors sichern sollen, in einem "inakzeptablen"
Zustand befinden.
Die
nicht nur für die Menschen in den drei Ländern am Oberrhein sehr
gravierende Havarie wurde von der Atomaufsicht ASN und vom Betreiber des
Atomkraftwerks der EDF über fast zwei Jahre hinweg vertuscht.
Mit
dieser Havarie und der anschließende Vertuschung über fast zwei Jahre
hinweg haben die Betreiber( EDF) und die Atomaufsicht vom Atomkraftwerk
Fessenheim (ASN) das bereits sehr strapazierte Vertrauen in Ihre
Zuverlässigkeit restlos verspielt. Seit vielen Jahren wird unsere Gesundheit und die Gesundheit unserer Kinder und Enkel aufs Spiel gesetzt.
Die
EDF erzielt eine Jahresgewinn von 400.000.000 Euro aus dem Betrieb von
Fessenheim, die Gemeinde Fessenheim erhält pro Jahr 5.500.000 Euro
Gewerbesteuer.
Die
Gesundheit und das Leben von mehr als 2.200.000 Menschen sind mehr wert
als alles Geld, das in dem Atomreaktor Fessenheim erwirtschaftet wird!
Beim
Bau des Atomreaktors Fessenheim (Baugenehmigung 1967, Inbetriebnahme
1977) wurden die Fundamente mit 1,5 m Stärke ausgeführt. Nach der
Katastrophe von Fukushima wurde neben weiteren 40 Auflagen im Rahmen der
3. 10-Jahres Revision vom Atomkraftwerk Fessenheim beschlossen auch die
Fundamente zu verstärken.
Das
Atomkraftwerk Fessenheim wurde über dem Oberrhein-Aquifer errichtet.
Der Oberrhein-Aquifer ist mit einem Volumen von geschätzten 45
Milliarden Kubikmetern einer der bedeutendsten Grundwasserleiter
Mitteleuropas und versorgt viele Millionen Menschen mit frischem
Trinkwasser.
Die
Fundamente von Atomreaktor Fessenheim wurden um 50 Zentimeter! im Jahr
2013 verstärkt und erreichten dann die Stärke von 2 m.
Zum
Vergleich: Die Fundamente unter den Atomreaktoren in Fukushima sind 7m
stark und konnten die Kernschmelze nicht aufhalten! Die Temperaturen bei
einer Kernschmelze liegen weit über 3000 Grad!
Bei
der möglich gewordenen Havarie vom Atomkraftwerk Fessenheim am 9.
April 2014 wäre nicht nur die gesamte Region radioaktiv verseucht und
für Generationen unbewohnbar geworden, sondern auch die große
europäische Trinkwasserader, der Oberrhein- Aquifer wäre radioaktiv
verseucht worden.
Sehr
geehrter Herr Präsident, wir fordern Sie im Interesse der Bürgerschaft
im Dreiländereck dringlich auf, den von Ihnen im Herbst 2012
eingesetzten Stilllegungsbeauftragten zu ermächtigen das Atomkraftwerk
Fessenheim unverzüglich abzuschalten.
Wir haben kein Vertrauen mehr in die EDF und auch nicht in die Aufsichtsbehörde für die französischen Atomkraftwerke ASN.
Mit freundlichen Grüßen,
Karl-Heinz Koob
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