Samstag, 16. Juni 2012

Abbruch von Bundestagssitzung, Opposition führt Merkels Truppe vor


ESM Stoppen • Jetzt am Protest beteiligen • Der Countdown läuft

So titelte Spiegel-Online am 15.06.2012

und weiter:
Berlin - Der Freitag einer Sitzungswoche ist meist ein gemächlicher Tag. Viele Bundestagsabgeordnete sind auf den Weg in die Heimat, mit dem Auto, der Bahn, dem Flugzeug. Oft warten im Wahlkreis Abendtermine, die ein oder andere Abstimmung lässt man dafür sausen. Auch an diesem Freitag war Routine angesagt. Das umstrittene Betreuungsgeld ist zwar ein Zündstoff-Thema, angesetzt waren aber nur erste Beratungen, die sogenannte Erste Lesung. Anwesenheit war nicht so wichtig, dachten viele. Zu viele.“

Dadurch war die Zahl der angemeldeten Abgeordneten wohl doch erheblich größer als die Zahl der tatsächlich Anwesenden. Ähnlich wie in Brüssel die Europaabgeordneten - morgens noch schnell anmelden und Sitzungsgeld für den Tag kassieren aber sofort ab ins Wochenende - wird es wohl auch im Bundestag zugehen. Eine Blamage ohne Ende.

„Denn durch einen simplen Trick der Geschäftsordnung haben es die Oppositionsfraktionen geschafft, Merkels Truppe so richtig vorzuführen. Mit einer Finte hat die Opposition die Beratung des Betreuungsgeldes verhindert. Sie hat die Beschlussunfähigkeit des Parlaments provoziert - so sieht es die Koalition. Die Opposition hingegen argumentiert: Die Koalition hat selbst dafür zu sorgen, dass sie ihre Mehrheiten organisiert und dass genügend Abgeordnete anwesend sind.
Ob nun eine geplante Aktion von rot-grünen Betreuungsgeld-Gegnern dahinter steckt oder nicht: Da die Union keine Sondersitzung beantragen will, kann das umstrittene Gesetz nicht mehr wie geplant vor der Sommerpause verabschiedet werden. Schwarz-Gelb ist blamiert, die CSU schäumt.
Sitzung abgebrochen: Verwirrung im Plenarsaal“.

Dazu passt genau dieser Kommentar der ARD:

„Kein Mitleid - selber schuld
Von Michael Götschenberg, MDR, ARD-Hauptstadtstudio Berlin
CDU, CSU und FDP schreien "Zeter und Mordio!" Im Bundestag war richtig Feuer unterm Dach. Geschäftsordnungstricks, Parlamentsboykott, schmutzige Tricksereien - was musste sich die Opposition nicht alles anhören. Die Empörung war deshalb so groß, weil die schwarz-gelbe Koalition bis auf die Knochen blamiert war.
Hat die Koalition gepennt?
Den Schuh muss sie sich allerdings selber anziehen. Schwarz-Gelb hat gepennt und die Opposition hat die Koalition einfach nach allen Regeln der Kunst über den Tisch gezogen. Worum ging es? Der Bundestag ist nur dann beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist.Wird festgestellt, dass das nicht der Fall ist, dann ist die Sitzung beendet. Und genau das festzustellen, hatte die Opposition heute beantragt.
Warum? Um auf diese Weise dafür zu sorgen, dass die anschließende Debatte um das Betreuungsgeld ins Wasser fällt. Was wiederum heißt: Der Zeitplan für das Betreuungsgeld ist jetzt Makulatur. Mit dem Gesetz wird es vor der Sommerpause nichts mehr.

Das Fraktionsmanagement hat sich vorführen lassen
Natürlich war das ein Trick, aber will man der Opposition allen Ernstes vorwerfen, dass sie die Regierung am Nasenring durch die Arena führt, wenn sie die Gelegenheit dazu hat? Wohl kaum. Kein Thema eignet sich dafür besser als das Betreuungsgeld. Seit Wochen wird leidenschaftlich darüber gestritten, und zwar nicht nur zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien, sondern auch innerhalb der schwarz-gelben Koalition selbst.
Auch vielen Abgeordneten bei CDU und FDP geht das CSU-Projekt gegen den Strich. Viele tragen es nur widerwillig mit. Und den ein oder anderen sah man deshalb heute auch still in sich hinein grinsen. Bei der Gemengelage wäre das Fraktionsmanagement bei Schwarz-Gelb wohl gut beraten gewesen, heute auf "Nummer sicher" zu gehen, anstatt sich so vorführen zu lassen - kein Mitleid, selber schuld.“

Ist das nun Politik oder Politikparadox? Das ist unsere „selbsternannte Elite“?
Ausgerechnet Dobrindt (CSU), einer der größten Dummschwätzer und Betreuungsgeldbefürworter, ist es der am lautesten kräht und es ein kleines "Dreckiges Foulspiel von SPD und Grünen“ nennt. Kein Wort zu den zu früh ins Wochenende gereisten Abgeordneten der eigenen Regierungsparteien! Ja merkt der noch was?

Danke Walter Neumann, Ergänzung um 16:23 Uhr
aus der Stuttgarter Zeitung:
"Die Opposition kehrt hingegen den Spieß um. SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann verweist auf die Absenz von 126 Abgeordneten aus dem Regierungslager. Das sei ein „stummer Protest“ gegen das auch bei der FDP und bis weit in die CDU hinein ungeliebte Betreuungsgeld. „Es ist Aufgabe der Mehrheit, für Mehrheiten zu sorgen“, sagt der Grüne Volker Beck. Er verteidigt die Obstruktionspolitik seiner Kollegen. Die Entscheidung, an Abstimmungen teilzunehmen oder auch nicht, unterliege der grundgesetzlich garantierten Freiheit des Abgeordneten. Beck widerspricht dem Verdacht, es handle sich um ein gezieltes Manöver der Opposition. „Es gab keine Weisungen“, versichert er und fügt hinzu: „Wir waren von der Situation selbst überrascht.“
Auch Familienministerin Kristina Schröder höchstpersönlich hat die Abstimmung verpasst, die zum Abbruch der Bundestagssitzung geführt hat.

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