Sonntag, 12. Juni 2022

Marktwirtschaft ist kein Naturgesetz

Marktwirtschaft ist kein Naturgesetz Gute Christen sind kapitalistisch
Bibel
Foto: Pixabay

Denn das Gebot "Du sollst nicht stehlen" setzt die Rechtmässigkeit privaten Eigentums voraus, welches eine Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise ist, die durch das Privateigentum an Produktionsmitteln gekennzeichnet ist.

Friedrich von Hayeks "Zwei Welten-Theorem" folgend, ist allerdings die ideale christliche Gemeinschaft nicht der Staat, sondern die Familie. In dieser können Liebe, Mitgefühl und soziale Verantwortung statt Macht und Hierarchie als Bindeglieder dienen. Hier kommt die Sozialnatur des Menschen zum Ausdruck, hier kann sogar Kommunismus herrschen, nicht dagegen in einer Stadt oder einem ganzen Land.

Die Sichtweise von Hayek ist sehr einseitig und schöngefärbt. Die existierende Marktwirtschaft gründet auf Akkumulation von Besitz, also auf einem bestehenden und beständigen Ungleichgewicht. Wenn Sie das "freiwillige, friedliche Übereinkünfte" nennen, so ist das eine Romantisierung der Zwänge, denen die menschlichen Handlungen (und auch jeglicher Handel) unterliegen.

Es bestehen Grundbedürfnisse, die befriedigt werden müssen und deshalb können die Besitzenden stets die Handlungen der Bedürftigen steuern, sprich Geld- oder Arbeitsleistung verlangen, bevor es Brot gibt. Dadurch sind es de facto Herrschaftsverhältnisse. Das mag alles friedlich und freiwillig aussehen, aber es sind dennoch Herrschafts- und Ungleichheitsverhältnisse, die dahinterstehen.

Dass es in unserer Gesellschaft zumeist friedlich abläuft, liegt an einem Deckmantel der Verhaltenssteuerung und des Gewaltmonopols. Dass die Gewalt aber schnell hervorbricht können wir doch fortlaufend beobachten.

Im Kapitalismus wurde das Eigentum nicht immer rechtmäßig erworben. Es wurde aufgrund von Gesetzen legal erworben (manchmal auch nicht), aber das kapitalistische System ist eine zwangsläufige Umverteilung von vielen Armen zu wenigen Reichen.

Und wenn die Reichen, die im ungeregelten Kapitalismus zwangsläufig einen immer größeren Anteil der verfügbaren Ressourcen (meist in Form von Kapital) auf sich konzentrieren, keine Lust haben freiwillig einen ausreichenden Betrag abzugeben, dann werden sich die Armen, von denen es im ungerelgelten Kapitalismus Massen gibt, zusammen tun und sich von den Reichen holen, was sie zum Leben brauchen. Ob die Reichen solche ungeregelten Umverteilungen dann überleben, ist, schaut man in die Vergangenheit, eher unwahrscheinlich.

Die von ihnen so hoch gelobten Märkte regeln nur sehr wenig, wenn man ihnen keine Regeln auferlegt. Das zeigt schon das heutige System, das Reiche extrem bevorzugt. http://meta.tagesschau.de/id/119217/neujahrsmesse-papst-warnt-vor-egoismus-und-einsamkeit eine historische Einmaligkeit, mit der es aber bald zu Ende sein könnte. Seit den 80er-Jahren wurde v.a. in den USA und UK die Besteuerung von hohen Einkommen, Vermögen und Erbschaften schrittweise reduziert.

Folgerichtig explodiert seitdem die Vermögenskonzentration wieder und droht schlimmere Ausmaße anzunehmen als vor dem Ersten Weltkrieg. Auch in Kontinentaleuropa gibt es diese Tendenzen, die EU-Staaten unterbieten sich in einem irrwitzigen Steuerwettbewerb geradezu um die Gunst der Vermögen und Megakonzerne, am Ende auf Kosten der 99%. Das führt gezwungenermaßen zum Abbau des Sozialstaates, zu einer Erosion der Mittelschicht und dazu, dass wenige Prozent praktisch alles besitzen und der Rest quasi nichts. Eine Finanzoligarchie ist im Entstehen, man erkennt ja bereits die Anfänge. Wie lässt sich sonst erklären, dass Brausehersteller oder Ölscheichs F1-Teams, Airlines, Fußballmannschaften und Ländereien besitzen, die Politik vor sich hertreiben und für einen brasilianischen Ballkünstler 222 Mio. € ausgeben können? Das ist 7.400mal das europäische Durchschnittsgehalt! Da ist irgendetwas aus den Fugen geraten.


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