Dienstag, 17. Juli 2018

Das Fazit der Fußball-Weltmeisterschaft aus der Sicht eines Hofberichterstatters

Thema: Fußball-WM

Die Fußball-Weltmeisterschaft aus der Sicht eines Hofberichterstatters

Der Beitrag für t-online.de stammt von Luis Reiß und Benjamin Zurmühl
Sie schreiben:
"Freiheit nach Schlagloch-Prinzip – wie Putins WM-Plan nicht aufging"
eben genauso, wie das am Hof einer Staatsratsvorsitzenden gerne gelesen wird.
und weiter:
Emotionen, Höchstleistungen und Gastfreundschaft haben die WM geprägt und vieles verdeckt. Doch Putins Plan ist nicht komplett aufgegangen.

Für viele Besucher der WM werden diese Bilder wohl für ewig in Erinnerung bleiben:

Die feiernden Fans aus den verschiedensten Ländern auf der Moskauer Nikolskaya Straße oder am Strand von Sotschi.

Der unfassbare Jubel der Außenseiter, die für einige Überraschungen sorgten. Ganz vorne dabei: Die russischen Gastgeber, die ihr Team bis ins Viertelfinale brüllten. Oder die Spieler Panamas, die ihren Treffer beim 1:6 gegen England wie den WM-Sieg feierten.

Die sportlichen Gänsehaut-Momente. Wie sich Kroatien mit drei Siegen in Verlängerung beziehungsweise Elfmeterschießen ins Finale kämpfte. Wie der 19 Jahre alte Kylian Mbappé mit seinen Sprints und Dribblings endgültig zum Weltstar aufstieg.

Es gibt aber auch noch eine andere Sichtweise auf die WM. Viele Besucher des Turniers in Russland werden sie wohl erst Wochen später erfahren. Wenn überhaupt. Freiheit nach dem Schlagloch-Prinzip

Das beste Symbol dafür ist ein Schlagloch in Nischni Nowgorod, einer der kleineren WM-Städte. Es war so groß, dass sich Anhänger von Kroatien und Argentinien am Spieltag darin fotografieren ließen. Am nächsten Tag war das Schlagloch provisorisch verschlossen worden.

In den Spielorten der WM wurde vieles nach dem Schlagloch-Prinzip vorübergehend geregelt. Freiheiten, die in den russischen WM-Städten in den vergangenen Wochen galten, waren bloß eine Ausnahme. Normalerweise darf in der Öffentlichkeit kein Alkohol getrunken werden. Normalerweise dürfen Menschen nicht in größeren Gruppen durch die Städte ziehen und vor allem keine Transparente oder Flaggen dabei zeigen, wie es Fans aller Nationen bei der WM getan haben. Der Normalzustand dürfte schon am Tag nach dem Finale wieder aufbrechen wie ein notdürftig verschlossenes Schlagloch.

Putin nutzt WM für umstrittene Reformen

Wer die Innenstädte der Spielorte verlassen hat, bekam ein anderes Russland zu sehen. Eins, in dem die Menschen nicht weniger gastfreundlich sind, ihre Lebensbedingungen aber deutlich bescheidener und die Infrastruktur marode ist. Dort trifft man auf Taxi-Fahrer, die nach ihrer normalen Schicht noch auf eigene Rechnung weiterfahren müssen, um genug Geld zum Leben zu verdienen. Oder alte Frauen, die im Laden für wenige Rubel einen Strauß Blumen kaufen und diesen an Metro-Stationen am Moskauer Stadtrand für einen kleinen Gewinn weiterverkaufen wollen. Not macht erfinderisch.

Vieles bei dieser WM war Schein, eine ablenkende Fassade, die Russlands Machthaber Wladimir Putin mit seiner Partei Einiges Russland für umstrittene Reformen genutzt hat. Das Renteneintrittsalter ist während des Turniers drastisch angehoben worden, für Männer wird es von 60 schrittweise auf zukünftig 65 Jahre angehoben. Die Lebenserwartung der russischen Männer liegt aber aktuell bei gerade einmal 66 Jahren – und sie steigt deutlich langsamer als nun das Renteneintrittsalter erhöht wird. Für viele Russen heißt das: Arbeit bis zum Tod.

Mehr Krieg und totale Überwachung

Zum 1. Juli ist die seit zwei Jahren beschlossene Vorratsdatenspeicherung in Russland in Kraft getreten. Nachrichten, Fotos, besuchte Webseiten – einfach alle Daten der Internetnutzer müssen künftig für sechs Monate gespeichert werden, ohne Begründung oder Anordnung eines Richters. In Deutschland war ein entsprechendes Gesetz ebenfalls geplant, wurde aber von Gerichten als verfassungswidrig eingestuft.

War die WM ein Erfolg? Das Pro und Kontra

Die Kriege in Syrien und der Ukraine hat Putin während der WM ungehindert fortgesetzt, manche Experten sagen sogar: er hat sie intensiviert.

Putins Plan geht nicht auf

International wurde alldem weniger Beachtung geschenkt als üblich, WM-Besucher bekamen es nur selten mit. Sind all die positiven Eindrücke und Erinnerungen deshalb nichts mehr wert?

Nein, es ist der große Widerspruch dieser WM, dass sie politisch benutzt wurde, gleichzeitig aber für sportlich historische Bilder gesorgt hat. Sie hat vielen Russen in den großen Städten und Ballungsräumen das Misstrauen gegenüber Fremden zudem ein Stück weit genommen. Die Gastfreundschaft und Sorgfältigkeit mit der viele Russen für einen reibungslosen Ablauf der WM gesorgt haben, hat umgekehrt das Bild des Landes in der Welt verbessert.

Politische Veränderung sind deshalb aber nicht zu erwarten. Andrej Kolesnikow vom Carnegie-Zentrum in Moskau glaubt, dass die WM keinen langfristigen politischen Effekt haben wird. „Dies ist nur Fußball, es bringt kein demokratisches Denken“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Dies ist das Land, das das potemkinsche Dorf erfunden hat“, sagte er in Anspielung auf die Geschichte, wonach in Russland marode Häuser hinter hübschen Fassaden vor dem Blick des Herrschers versteckt wurden.

Trotzdem ist Putins Plan nicht aufgegangen. Denn seine Landsleute haben sich in ihrer Meinung trotz der WM-Euphorie kaum beeinflussen lassen. Putins Beliebtheitswerte sinken weiter. Der russische Präsident war nur selten im Stadion zu sehen, wohl auch aus Angst vor Misserfolgen des eigenen Teams. So verbinden ihn die Menschen kaum mit dem WM-Erfolg. Laut einer Umfrage des unabhängigen Forschungsinstituts Levada glauben zudem 42 Prozent der Russen, dass das Land sich in die falsche Richtung entwickelt.

Quelle: t-online.de

Ganz anders sehen das die "normalen" Zuschauer.

Kommentare

Schulz
ganz ehrlich... Klasse WM ...Dank PUTIN... diese Miesmacherei gegenüber Russland, ich kanns nicht mehr hören.... allen Russen mit denen ich sprechen durfte, mögen Putin, weil er sein Land voran bringt....

cebbcfabea
das ist typisch t-online-Berichterstattung. Ich bin der Meinung, dass diese WM eine WM war, die für Putin aufging. Sicherlich mit einem Desaster für die Mannschaft von J. Löw, die keine Mannschaft war.
Den letzten Platz in der Gruppenphase und somit den letzten Platz der WM sollte einen Rücktritt zur Folge haben, wenn man dafür verantwortlich zeichnet. Wie bei den Argentiniern. Am Stuhl festgeklebt, kann ich da nur feststellen.

Dirk59
Resümee ist, es war eine tolle WM, leider nicht für Deutschland aber dies kann keiner Putin anlasten.

monaco
Erst mal eigene Schlaglöcher (nicht nur die auf der Straße!)schließen, da haben wir genug.
Ein großes internationales Ereigniss ist immer zuerst für die Menschen. Was kann daran schlecht sein, ihnen ein wenig Ablenkung zu verschaffen vom täglichen Überlebenskampf? Als die Olympiade 1972 nach München kam, wurde ein immer noch von Bombenkratern und Schuttbergen des 2.Weltkrieges geprägter Stadtteil zu einem glanzvollen Olympiapark ausgebaut, von dem die Menschen heute noch profitieren. Ebenso hat dieses Ereignis den Menschen die dringend benötigte U-Bahn gebracht. Und was wäre der Westpark ohne die IGA 1983? Dort waren bis dahin ebenfalls noch die "Schlaglöcher" des 2. Weltkrieges, riesige Bombenkrater in denen die Kinder spielten. An "blühenden Landschaften", wie sie Altbundeskanzler Kohl den Ostländern versprochen hat, arbeiten wir heute noch und werden dies noch viele Jahre tun müssen. Lasst den Russen den Schwung mitnehmen und an einer positiven Entwicklung weiterarbeiten.

jujachei
Meine Söhne sind gerade ganz begeistert von 14 Tagen in Russland zurückgekommen und wenn sich hier mal wieder die Medien wie üblich im Schlechtmachen breitmachen, das kennt man ja schon und nimmt keiner mehr für voll. Vor allem kritisieren diese, die vielen Sicherheitsleute, na und, das kann allen Touristen und Besuchern ja nur recht sein,
oder??

    horstb
    Mist! Kein Dopingskandal -zumindest bis jetzt- keine Hooligan-Szene und nicht einmal Bengalos in den Stadien.

lalulo
Die WM kam gut und reibungslos rüber. Gut gemachte Organisation. Auch die Übertragungen waren im Sinne des Sports. Wobei ich nicht alle Reporter damit meine. Hinter den Kulissen mag es überall anders aussehen, wenn ein solches Großereignis stattfindet. Ich finde auch, das es gelungen ist, sich der westlichen Welt noch mehr zu öffnen, um Vorurteile abzubauen, das mag es Russland wert gewesen zu sein, die gigantischen Kosten dafür zu stemmen. Das ist ist nicht nur Putin. Das ist ein riesiges Volk das auch mit seinen Fußballern feierte.

» der Kommentar des Blogschreibers «

Ich kann mich nicht erinnern, dass bei der WM in Brasilien überhaupt die Politik in der Berichterstattung eine Rolle gespielt hat. Aber das war sicher gaaanz was anderes. Propaganda und Hetze gegen Russland, auch bei Veranstaltungen, die mit Politik überhaupt nichts zu tun haben, ist anscheinend bei den deutschen, regierungsnahen Medien erst seit der "Machtübernahme" des US-gesteuerten Merkelclans angesagt. [*1]
In anderen europäischen Medien liest man sowas nicht, obwohl die von den gleichen Veranstaltungen berichten.

Ganz anders schreibt auch die Hessische Niedersächsische Allgemeine (Kassel)
zu Putin:

Die WM ist auch ein Erfolg für den Mann, der Russland seit 18 jahren regiert. Wladimir Putin ist es gelungen, dem Land neues Selbstbewusstsein zu vermitteln und es wirtschaftlich zu stabilisieren. Dass er heute auf Augenhöhe mit US-Präsident Trump spricht, dass beide Verächter der westlichen Wertegemeinschaft sind, erfüllt viele Russen mit Genugtuung und das alte Europa, mit großen Sorgen.

eben keine Zeitung aus dem erlauchten Kreis der Hofberichterstatter.
Gut so!

*1 Ok, seit Trump scheint die Steuerung nicht mehr zu funktionieren, dafür lief es unter George dabbelju und Obama aber wie geschmiert.

2 Kommentare :

  1. Was blieb von der WM 78 in Argentinien übrig? Dass diese unter einer Militärdikatur stattfand?! Nein, sondern die großartigen Spiele. Und wie schwärmten all die Journalisten VOR ORT von diesen Spielen?! Da gab es wohl noch keine Richtlinien zur Berichterstattung?!
    Mal sehen, wie es in 4 Jahren (sofern ich diese WM auch noch erlebe, wär dann die 18.te die ich selbst erlebe) in Katar aussehen wird. Ob man wieder VOR ORT berichten darf und wird? Ob das ÖRF auch dort bei jedem Spiel über die Umstände des Zustandekommens dieser WM berichten wird? Die Zeit hat man schon mal verschoben. Anpassung ist einfach wichtig. LOL

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  2. Liest man die Kommentarseiten auf den Gästebüchern der Medien, stellt man fest, dass die meisten Kommentare in den Gästebüchern genau das Gegenteil beschreiben, egal ob es sich um derartige Beiträge, oder Sendeinhalte bei politischen Sendungen handelt

    Öffentlich wird das dann als nicht repräsentativ genannt, also die nächste Fake News.


    Sinnlos überhaupt auf solche" Spaßvögel", wie Luis Reiß und Benjamin Zurmühl, die sich Journalisten nennen, einzugehen.


    Früher gab es ein mal ein Qualitätsanspruch, man nannte es Berufsehre.


    Nach der WM, gibt es ja neuen Gesprächsstoff für die "Qualitätsmedien", nämlich Trump und Putin Bashing.


    Besser ist es Kommentare und Beurteilungen auf ausländischen Portalen zu lesen.


    Da wird zwar auch kritisiert, aber nicht gehetzt, wie in den meisten deutschen Portalen.


    Hans W.

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