Donnerstag, 12. Oktober 2017

wie die EU ihr Flüchtlingsproblem auslagern will

Thema: Flüchtlingsproblem

Gipfeltreffen in Paris

EU will Flüchtlinge schon in Afrika überprüfen

oder wie die EU ihr Flüchtlingsproblem auslagern will

Europäische und afrikanische Staatschefs wollen verhindern, dass sich Menschen auf den gefährlichen Weg durchs Mittelmeer machen. Welche Entscheidungen getroffen wurden.

Die EU will Ansprüche auf Asyl oder einen Flüchtlingsstatus bereits in afrikanischen Staaten wie Niger oder Tschad prüfen lassen. Dies wurde nach Angaben des französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Montag bei einem Treffen in Paris beschlossen. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel kündigte die Bereitschaft an, afrikanische Migranten in Kontingenten aufzunehmen.

Bedingung sei aber, dass die illegale Migration gestoppt werde, sagte Merkel weiter. Vorbild sei die Auswahl, die das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR bereits in Flüchtlingslagern etwa in Jordanien treffe.

Die Kanzlerin bezeichnete es als Erfolg, dass in den vergangenen Wochen bereits wesentlich weniger Menschen beim Versuch ertrunken seien, von Libyen über das Mittelmeer nach Italien zu kommen.

Prüfung auf Grundlage von NHCR-Standards

An dem Treffen in Paris nahmen die vier EU-Staaten Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien, die Regierungschefs von Niger, Tschad und Libyen sowie die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini teil. Dabei sei eine breite Zusammenarbeit beschlossen werden, sagte Merkel.

Macron hatte schon vor Wochen vorgeschlagen, dass eine Prüfung bereits in afrikanischen Staaten und nicht erst bei der Ankunft in Europa vorgenommen werden sollte. «Die Prüfung wird auf Grundlage der UNHCR-Standards hin vorgenommen», sagte Macron nun. Der italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni und der Präsident der Republik Niger, Mahamadou Issoufou, bestätigen die Vereinbarung.

Wirtschaftsmigranten bilden Mehrheit

Mit den Entscheidungen in Transitländern wie Niger solle verhindert werden, dass sich Menschen auf den gefährlichen Weg durch Libyen und das Mittelmeer machten, sagte Macron. Wer keine Aussicht auf Asyl habe, werde in die Herkunftsländer zurückgeführt. Bei den meisten handle es sich um Wirtschaftsmigranten ohne Chance auf eine Anerkennung als Asylbewerber oder Flüchtlinge in der EU.

Seine Regierung begrüsse, dass die Auswahlverfahren bereits in den Transitländern gestellt würden, sagte Nigers Präsident Issoufou. «Das finde ich sehr gut. Das werden wir in Niger vorantreiben.» Er betonte ebenso wie der Präsident der Republik Tschad, Idriss Déby, wie wichtig der Schutz der Südgrenzen ihrer Länder im Kampf gegen illegale Migration und auch gegen Terrorismus sei.

Migrationspartnerschaften

Die EU will die afrikanischen Staaten in der Flüchtlingskrise mit so genannten Migrationspartnerschaften stärken. Diese umfassen neben wirtschaftlicher Unterstützung und Bildungsprogrammen oft auch Hilfe zum Aufbau eines wirksamen Grenzschutzes.

Merkel erklärte, afrikanischen Staaten müssten Wirtschaftshilfen und auch legale Migration angeboten werden. «Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass wir mit afrikanischen Ländern Kontingente vereinbaren, wonach eine bestimmte Anzahl von Menschen hier studieren und arbeiten kann», sagte die Kanzlerin der «tageszeitung». Vorbedingung müsse aber sein, dass die illegale Migration gestoppt werde, sagte Merkel in Paris. «Sonst würden wir falsche Zeichen setzen.»

Sie begrüsste, dass die libysche Küstenwache mit Hilfe der EU gegen Schlepper vorgehe. Dies habe bereits dazu geführt, dass im Juni zwar noch 23'500 Flüchtlinge aus Libyen nach Italien gekommen seien und in diesem Monat auch 530 Menschen im Mittelmeer ertrunken seien. Im Juli sei die Zahl der Neuankünfte in Italien aber schon auf 11'500 Personen gesunken, es seien noch 210 Menschen im Mittelmeer gestorben. Im August seien bis zum 23. August 3082 Migranten in Italien eingetroffen, die Zahl der Toten sei auf 23 gesunken. «Wir haben eine humanitäre Verantwortung, die Wege zu ordnen», sagte Merkel.

Merkel bezeichnet Begriff «hotspot» als irreführend

Die Kanzlerin sagte, der von Macron vor einigen Wochen benutzte Begriff «hotspot» für die Auffanglager etwa in den Transitländern sei irreführend. Es gehe bei der Auswahl der Personen um dasselbe Verfahren, das auch schon im Migrationsabkommen zwischen der EU mit der Türkei angewandt werde.

Bisher nehme die EU 20'000 Personen pro Jahr auf. Der UNHCR habe die EU gebeten, diese Zahl zu erhöhen und dabei auch Menschen aus Afrika zu akzeptieren. (kaf/sda)

Mit freundlicher Genehmigung von 20min.ch

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