Montag, 6. Oktober 2014

Ein Moment der Wahrheit in der ARD

Thema: Ukraine / ARD
RIA Novosti
Ukraine-Berichterstattung: ARD sagt einmal sorry

Rüdiger Göbel, Stimme Russlands / RIA Novosti
Moderator Thomas Roth hat am 1. Oktober in der Hauptnachrichtensendung des Ersten wortreich einen Fehler des Moskau-Korrespondenten Udo Lielischkies eingeräumt und sich bei den Zuschauern entschuldigt. ARD-Nachrichtenchef Kai Gniffke erklärt in seinem Blog: "Wir nehmen den Fehler sehr ernst." Um gleich darauf zu betonen, "dass hier niemand aus Voreingenommenheit, aus politischem Kalkül oder in böser Absicht Fakten verdreht oder verfälscht" habe.

ARD Hauptstadtstudio © Flickr/ Michael
Die ARD hat einen Nachrichtenbeitrag aus ihrer Mediathek entfernt. Gesendet wurde er in der "Tagesthemen"-Sendung am 20. Mai. Moskau-Korrespondent Udo Lielischkies hatte da über den Tod zweier Anwohner in Krasnoarmejsk im Osten der Ukraine berichtet. Diese seien durch die "Kugeln der neuen Machthaber" – gemeint: die "prorussischen Separatisten" – gestorben, hieß es damals. Tatsächlich, so hätte nun eine "erneute Recherche" ergeben, seien die Schüsse der falschen Seite zugeordnet worden. Gefeuert hat ein Freiwilligen-Bataillon der ukrainischen Regierung.

Laut ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke hat "ein Zuschauer" auf die Falschmeldung aufmerksam gemacht. "Wir nehmen den Fehler sehr ernst", schreibt der Nachrichtenchef des Ersten. Es gehe darum, offenkundig zu machen, dass diese Information nach heutigem Wissen nicht standhalte – "wenn man so etwas hinterher erfährt, muss man es korrigieren; das ist nicht schön, aber das machen wir auch, um das Vertrauen der Zuschauer zu erhalten". In seinem Blog-Eintrag verweist Gniffke aber ausdrücklich darauf, "dass hier niemand aus Voreingenommenheit, aus politischem Kalkül oder in böser Absicht Fakten verdreht oder verfälscht" habe.

Der Fehler werde "möglicherweise Wasser auf die Mühlen derer sein, die uns vorwerfen, dass wir die russische Seite absichtlich schlecht aussehen lassen. Damit müssen wir leben." Umso wichtiger sei ihm, Kai Gniffke, "dass wir all den Menschen, die uns jeden Tag ihr Vertrauen schenken, deutlich machen können, dass wir unbewusst einen Fehler gemacht haben".

Man müsse versuchen, solche Dinge für die Zukunft so gut es geht auszuschließen, so Gniffke weiter: "Wir müssen viele Dinge noch kritischer hinterfragen, wir sollten noch vorsichtiger sein mit Urteilen, Wertungen und Schlussfolgerungen. Vor allem sollten wir deutlicher machen, dass es Informationen gibt, die wir nicht verifizieren können beziehungsweise dass uns Informationen einfach fehlen. Solche Wissenslücken müssen wir offen einräumen genau wie unsere Fehler."

Moskau-Korrespondent Udo Lielischkies barmt seinerseits: "Ich habe die Täterschaft selbstverständlich nicht absichtlich vertauscht. Aber ich trage mit diesem Fehler ungewollt zum Kampf um die Deutungshoheit im Ukraine-Konflikt bei. Das Vertrauen unseres Publikums zu verdienen – und zu behalten, ist für jeden Reporter ein großes Gut. Deswegen möchte ich transparent mit Fehlern umgehen."

Bleibt die Frage, wann die ARD sich für ihre Falschbehauptung vom Mai entschuldigt, Zehntausende Ostukrainer hätten sich in Donezk versammelt, um für die Einheit des Landes und gegen die Separatisten zu protestieren. Tatsächlich hatte der Oligarch Rinat Achmetow seine Mitarbeiter dazu aufgefordert, in der "Donbass Arena" für die Regierung in Kiew zu demonstrieren. Statt "Zehntausender" waren 300 ins Stadion gekommen.
Moment der Wahrheit in der ARD: Gut vier Monate nach der Ausstrahlung ziehen die "Tagesthemen" einen Beitrag über den Konflikt im Osten der Ukraine zurück.

Quelle: RIA Novosti

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