Samstag, 4. Januar 2014

Heftige Kritik an künftigem Bahn-Vorstand

"Pofalla gezielt gekauft"
Heftige Kritik an künftigem Bahn-Vorstand

03.01.2014, 07:40 Uhr | t-online.de, AFP, dpa


Die Opposition ist empört über einen möglichen Wechsel von
Ronald Pofalla zur Deutschen Bahn (Quelle: dpa)
Die Diskussion über den möglichen Vorstandsposten bei der Deutschen Bahn für den früheren Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) zieht immer größere Kreise. Die Opposition aus Linken und Grünen im Bundestag äußerte sich empört, aber auch aus den Reihen des Koalitionspartners SPD werden kritische Stimmen laut.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Ulrich Kelber (SPD), sagte der "Passauer Neuen Presse", es entstehe der Eindruck, dass der bisherige Kanzleramtsminister gezielt gekauft wird". Schließlich sei Pofalla "nicht als Technikvorstand" im Gespräch. Sollten sich die Berichte über einen Wechsel des CDU-Politikers bestätigen, gehe es der Konzernführung einzig und allein um die Regierungskontakte Pofallas, sagte Kelber. Es sei "nicht gut, wenn man aus einem Ministeramt direkt in eine erkennbar auf Lobbyismus gerichtete Funktion wechselt".

Überraschender Rückzug aus der Bundespolitik

Pofalla will nach Informationen der "Saarbrücker Zeitung" in den Bahnvorstand wechseln. Er soll dort ein eigens für ihn geschaffenes Ressort übernehmen, das die langfristige Unternehmensstrategie und Kontakte zur Politik umfassen soll, wie die Zeitung unter Berufung auf gut unterrichtete Kreise in Berlin berichtete. Die Bahn wollte den Bericht weder bestätigen noch dementieren.

Erst Mitte Dezember war bei der Bildung der neuen schwarz-roten Bundesregierung überraschend Pofallas Rückzug aus der ersten Reihe der Bundespolitik bekanntgeworden. Über den Vertrauten von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte es geheißen, er wolle nach einer Auszeit in die Wirtschaft wechseln und auch mehr Zeit für sein Privatleben haben. Der Jurist war zuvor CDU-Generalsekretär. Er sitzt seit 1990 im Bundestag, sein Mandat hat er behalten.

"Das ist empörend"

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, sagte der "Passauer Neuen Presse", wenn Pofalla tatsächlich in den Bahnvorstand wechsle, habe dies "nicht nur ein Geschmäckle, sondern ist das empörend". "Es kann nicht sein, dass es einen nahtlosen Rollenwechsel vom Gerade-Noch-Kanzleramtsminister zum Lobbyisten eines Konzerns gibt."

Der Vizechef der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, sagte dem Portal "Handelsblatt Online", für derlei Fälle müssten Karenzfristen existieren, "die einen unmittelbaren Wechsel aus Regierungsverantwortung in eine Führungsposition in der Wirtschaft verhindern". Anderenfalls werde unausweichlich der Anschein von Vetternwirtschaft entstehen, was schlecht für Wirtschaft und Politik sei.

Auch Linken-Chefin Katja Kipping forderte in der "Passauer Neuen Presse" eine gesetzliche Regelung für Politikerwechsel in die Wirtschaft. "Wir brauchen eine fünfjährige Karenzzeit für Regierungsmitglieder, in der Wechsel auf Spitzenposten in der Wirtschaft verboten sind", sagte sie. "So ein Wechsel würde sich eigentlich allein aus politischem Anstand verbieten", fügte sie hinzu.

Transparency International: Regierung muss Wechsel verhindern

Der Vizechef der Linksfraktion im Bundestag, Klaus Ernst, sagte der "Berliner Zeitung", ein solcher Wechsel rieche nach "Postenschieberei". Es gehe "offenkundig Parteibuch vor Qualifikation". "Der Bund ist Alleinaktionär der Bahn, das ist eine Versetzung zu Lasten der Steuerzahler und Bahnkunden, diese Personalie muss im Bundestag Thema werden", sagte Ernst.

Transparency International forderte die große Koalition aus Union und SPD auf, einen Wechsel Pofallas zu unterbinden. Die SPD habe vor der Bundestagswahl eine Karenzzeit für scheidende Regierungsmitglieder von 18 Monaten gefordert, sagte Transparency-Deutschland-Geschäftsführer Christian Humborg der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Daran müsse sich "die SPD nun messen lassen".
03.01.2014, 07:40 Uhr | t-online.de, AFP, dpa

Update 03.01.2014, 21:32 Uhr | t-online.de, dpa

Neuer Job mit Millionengehalt
Pofalla soll Wechsel zur Bahn schon länger geplant haben


Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla soll neuer Chef-Lobbyist der Deutschen Bahn werden (Quelle: dpa)
Der mögliche Wechsel des früheren Kanzleramtsministers Ronald Pofalla in den Vorstand der Deutschen Bahn sorgt für mächtig Wirbel. Nicht nur, weil Kritiker einen Interessenkonflikt fürchten, sondern auch, weil der CDU-Mann sich eigentlich aus familiären Gründen aus der Spitzenpolitik zurückziehen wollte. Dabei, so berichtet der "Stern" exklusiv, soll Pofalla den lukrativen Bahn-Job schon länger im Visier gehabt haben.

Das Magazin beruft sich auf eine zuverlässige Quelle, die von mehr als einem halben Jahr zurückliegenden internen Gesprächen berichtet, in denen Pofalla bereits von einem möglichen Wechsel gesprochen haben soll.

"Sehr interessiert" an dem Posten

Auch Georg Brunnhuber, der aktuelle Cheflobbyist der Bahn, soll dem Bericht zufolge bereits im Spätsommer 2013 einem Bekannten erzählt haben, dass "der Kanzleramtsminister Pofalla sehr interessiert" sei an dem Posten. Der CDU-Politiker habe mit den Worten für sich geworben, "bessere Kontakte zur politischen Führung als er könne wohl kaum jemand vorweisen".

Brunnhuber habe zudem bestätigt, "dass die Bahn als Staatskonzern auf herausragende politische Kontakte angewiesen sei", heißt es in dem Bericht weiter. Brunnhuber halte seinen potenziellen Nachfolger für eine "sehr gute Besetzung", die "jederzeit Chefin Merkel anrufen" könne.

Pofallas CDU-Basis "irritiert"

Einem Bericht der "Saarbrücker Zeitung" zufolge verärgert Pofalla mit seinem möglichen Job-Wechsel derweil auch die CDU-Basis in seiner niederrheinischen Heimat. Man sei "irritiert", wird der Vorsitzende im Kreis Kleve und NRW-Landtagsabgeordnete Günther Bergmann zitiert.

Bergmann sagte, er habe bereits rund 50 Anrufe bekommen, mit dem Tenor: "Wir sind im Wahlkampf für den gelaufen, und jetzt das". Viele Mitglieder des Kreisverbands gingen davon aus, "dass das mit dem neuen Job schon vorher klar war". Bergmann kritisierte zudem Pofallas Informationspolitik. Er selbst sei nicht informiert worden und könne Pofalla nicht erreichen. "Kein Bild, kein Ton."

Die "Saarbrücker Zeitung" hatte am Donnerstag zuerst über die Personalie Pofalla bei der Deutschen Bahn berichtet. Der Konzern wollte den Bericht weder bestätigen noch dementieren. Zu Personalspekulationen nehme der Konzern keine Stellung, sagte ein Sprecher.

Deutlich höheres Jahresgehalt

Ein Vorstandsposten bei der Bahn wird mit 1,3 bis 1,8 Millionen Euro im Jahr vergütet. Damit würde Pofalla ein Vielfaches seines bisherigen Gehalts als Chef das Kanzleramts verdienen. Das liegt nach "Stern"-Informationen bei rund 200.000 Euro.
03.01.2014, 21:32 Uhr | t-online.de, dpa


Teil 3 des Trauerspiels

Kritik aus den eigenen Reihen
Hauk: Pofalla soll sein Bundestagsmandat niederlegen
04.01.2014, 07:48 Uhr | AFP, dpa | t-online

Der mögliche Wechsel von Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) in den Vorstand der Bahn sorgt auch in den eigenen Reihen für Kritik. Baden-Württembergs CDU-Landtagsfraktionschef Peter Hauk forderte Pofalla auf, sein Bundestagsmandat niederzulegen. Der "Welt" sagte er, da es sich bei der Bahn um ein Unternehmen in Staatsbesitz handele, müsse "eine Interessenskollision auch dem Anschein nach vermieden werden".

Trotzdem könne Pofalla weiterhin in der CDU tätig sein und auch seine Parteiämter behalten, sagte Hauk. "Wir wollen doch niemanden ächten, der in die Wirtschaft wechselt. Es kann im Gegenteil einer Partei nur gut tun, wenn sie in ihren Führungsgremien Menschen mit Erfahrungen in der Wirtschaft hat."

Der nordrhein-westfälische CDU-Chef Armin Laschet verteidigte Pofalla gegen Kritik. "Es ist generell gut, wenn es einen Austausch gibt zwischen Politik und Wirtschaft", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Pofalla sei "mit seiner Erfahrung sicher für viele Unternehmen interessant".

Pofalla soll Presseberichten zufolge im Bahnvorstand ein neues Ressort übernehmen, das die langfristige Unternehmensstrategie und Kontakte zur Politik umfassen soll. Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür aber noch nicht.

Grüne kritisieren Merkels Schweigen

Derweil forderten die Grünen Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, zum möglichem Jobwechsel Pofallas Stellung zu beziehen. Pofalla sei "jahrelang die rechte Hand" Merkels gewesen, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, der "Rheinischen Post". Die Kanzlerin sei "jetzt aufgefordert, sich zum offenbar bevorstehenden Wechsel Pofallas zur Bahn zu positionieren". Die Bundesregierung teilte am Freitag mit, sie wolle den möglichen Wechsel nicht bewerten.

"Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung jetzt so tut, als habe sie mit dem Wechsel nichts zu tun, nur weil er seit ein paar Wochen dem Kabinett nicht mehr angehört", sagte Haßelmann weiter. Pofalla habe "massiven Erklärungsbedarf gegenüber seinen Wählern im Wahlkreis Kleve, die ihn direkt in den Bundestag gewählt haben und die sich jetzt hinters Licht geführt fühlen müssen". Dies werfe "auf uns alle ein schlechtes Licht" und schade "dem Ansehen von Politikern", sagte Haßelmann.
04.01.2014, 07:48 Uhr | AFP, dpa |t-online

Es dürfte doch keine Probleme bei der Auwertung dieser t-online Umfrage geben:

 
Ergänzung: 05.01.2014
Robert Kroiß macht auf einen aufschlussreichen Artikel aufmerksam.
Danke Robert

Der Focus schreibt: Vom Kanzleramt in den Bahn-Vorstand
So lästerte Pofalla früher über schnelle Wechsel

Vom Kanzleramt direkt in die freie Wirtschaft. Als Kanzler Gerhard Schröder 2005 einen solchen Wechsel hinlegte, reagierte Ronald Pofalla mit scharfer Kritik und forderte klaren Regeln. Nun wechselt er möglicherweise selbst bald die Seiten.

Lesen Sie hier bei FOCUS
http://www.focus.de/politik/deutschland/vom-kanzleramt-in-den-bahn-vorstand-ronald-schroeder-union-pofalla-kritisierte-2005-schnelle-wechsel-in-die-wirtschaft_id_3518018.html

Kommentare

» der Kommentar des Blogschreibers«
Wie war das noch mit Kosten einsparen? Gilt das nur für das arbeitende Personal?
Gehören da keine römisch dekadenten Schmarotzer ohne jede Berufserfahrung zu?
Für solche werden sogar Stellen geschaffen!
Ich dachte sowas gibt es nur bei CSU und FDP, nein alle die sich selbst irgendwie zur “Führungsriege” gehörig fühlen, verteilen weit überbezahlte und total überflüssige Posten, hauptsächlich untereinander.
ABM für Blindgänger! Ich fasse es nicht!


Claus
Ich denke mal - der Zug ist abgefahren! Alleine schon das Vorhaben als MdB einen Vorstandsposten zu übernehmen hat Schaden angerichtet - Pofalla sollte sein Mandat niederlegen und auf den Posten verzichten. Nur so kann einigermaßen zumindest Schadensbegrenzung erreicht werden

braddog
Da hat doch ein Politiker gefordert härtere Strafen für Betrüger und Lügner , dann würde aber der halbe Bundestag im Knast landen.

udo-kremer

Preise steigen, Nebenkosten steigen und Politiker steigen nicht aus, sondern auf. Wenn der kleine Mann so arbeiten würde wie die oben, dann ist permanent eine Abmahnung fällig! Sollte mal kein Job für einen Poli-Ticker vorhanden sein, dann wird, wie in diesem Fall eben einer erfunden!

Ach_Was

Erschreckend ist nicht die Tatsache, dass nun eine offizielle Stelle zwischen Wirtschaft und käuflicher Politik entstanden ist; erschreckend ist, dass der mündige Bürger nix mehr sagt und man einfach zum Tagesgeschäft übergeht. In drei Tagen kräht kein Hahn mehr danach und in vier Jahren wird wieder der selbe Mist gewählt. Ich bin ja so stolz auf unsere BRD - BananenRepublikDeutschland.

donaublau

Der war doch schon lange vor dieser Meldung gekauft ! Im übrigen fällt auf ,das in letzter Zeit immer mehr von den Herren das sinkende Schiff verlassen und in die Wirtschaft wechseln ! Muss man sich da Gedanken machen ?

violabelle

Über den Pofalla lohnt es nicht, sich aufzuregen. Der ist eine Lachnummer. Die Merkel muss weg!

Robeert

Politiker machen anderen Politikern Platz. Erhalten dazu im Gegenzug einen lukrativen Posten. Mutti wiegelt natürlich alles ab. Sie kann da nicht s machen.

Holzkiste

Ist der Profaller nicht bei der Bahn überqualifiziert ? Bei uns hätte er bei der ARGE diese Antwort erhalten und könnte wieder nach Hause gehen.



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